Jedem meiner Augenblicke zähle ich einen fremdenAugenblick zu, den Augenblick eines Menschen,den ich in mir verborgen trage zu jeder Zeit,und sein Gesicht in diesem Augenblick,das ich nie vergessen werde, mein Leben lang nicht.(Kein Gesicht, das abends von innen reift!)Bedeckt vom Reif einer Kerkernachtund frostgrün, weht es dem Morgen entgegen,mit dem Gitter über den Augen, die doch dem Himmeleinmal aufgetan waren.Durch die kalten Gänge der Glieder verläßt den Gefangenen der Schlaf.Die Schritte des Wärters hallen in seiner Brust.Ein Schlüssel sperrt seinen Seufzern auf.Weil er keine Worte hat,weil keiner ihn versteht,bringt man ihm Fleisch und Weinund übt Nächstenliebe an ihm.Er aber, versunkenin die Zeremonien des Ankleidens,kann Wohltaten nicht begreifen,auch nichts von der Vermessenheitdessen, was befohlen ist.Es beginnt ja ein langes Leben,wenn die Tür aufgeht und offen bleibt,wenn die Straßen in Straßenmünden und das Gefälle der Stimmendes ganzen Volkes ihn hinunterträgtan die Gestade des Blutmeers,das von den verbrecherischenGerichten der ganzen Weltmit Todesurteilengespeist wird.Nun ist aber eine Gemeinsamkeit zwischen unsund dem Urteil, das auch sagt, daß dieser Mannmit einem vollkommen wahren Gesicht zu der einenWahrheit kommt, eh er den Kopfgenau auf das Brett legt(obwohl sein Gesichtweiß ist und ohne Bewegung,und die Gedanken, die er denken mag,sind vielleicht ohne Bedeutung, er siehtnur den rostigen Knopf an der Jackedes Scharfrichters).Eine Gemeinsamkeit ist auch zwischen unsund dem Verurteilten, da er uns zu überzeugen vermag,daß dem Mord, den wir bereiten,und dem Mord, der für uns bereitet wird,die Wahrheit vorangeht.Und es liegt einer vor mir,und ich stehe vor einemmit allen Möglichkeiten zu dieser Wahrheitund mit dem Mut zu ihrem Lebenund zu unserem Tode.Doch in meiner Sterblichkeitkann ich nichts lehrenund könnt'ich's, so selbstnur in dem Augenblick, von dem ich spreche,und ich hätte in diesem Augenblicknichts mehr zu sagen.Jetzt springt Rogoschin auf und wirft Myschkin, der gegen Ende der Erzählung die unterste Sprosse erreicht hat, zu Boden. Es erklingt wieder die sehr zarte Musik. Verwandelt geht Rogoschin auf Myschkin zu, hebt ihn auf und hält ihn in den Armen. Sie tauschen ihre Kreuze.
Auf der leeren schwarzen Bühne ist in ganz dünnen, weißen Umrissen ein schloßartiges Haus aufgebaut. Durch das Haus ist eine gleichfalls weiße Ballettstange gezogen, an der Aglaja, in ein blendend weißes Tutu gekleidet, steht. Myschkin, der die Variation auf Puschkins Ballade vom armen Ritter auf der Vorderbühne mit dem Gesicht zum Publikum spricht, dreht sich zu Aglaja kein einziges Mal um, die jedes Mal, wenn der Text von der Musik — einem Ritornell — unterbrochen wird, an der Ballettstange ein kristallklares Ballettexercise vollbringt. Die Szene beginnt mit Musik.