Читаем Zweiter Tag - Die Furcht des Weisen Band 2 полностью

Ich verbeugte mich wieder, setzte mich und sah möglichst beiläufig zu der Truhe hinüber. Sie war ungefähr so groß wie eine große Trommel, aus festgefügtem Birkenholz gefertigt und mit Messing beschlagen.

Ich wusste, dass es sich schickte, zunächst einige höfliche Floskeln zu wechseln, bis einer der beiden auf die Truhe zu sprechen kam. Doch meine Neugier ließ mir keine Ruhe. »Mir wurde schon gesagt, dass Ihr eine Frage mitbringen würdet. Sie muss sehr gewichtig sein, wenn Ihr sie in einem so festen Gefäß aufbewahrt.« Ich wies mit einem Nicken auf die Truhe.

Meluan sah Alveron an und lachte, als hätte er einen Witz erzählt. »Mein Mann sagte schon, du seist jemand, dem Rätsel keine Ruhe lassen.«

Ich lächelte ein wenig verlegen. »Es geht mir gegen die Natur, Rätsel ruhen zu lassen, gnädige Frau.«

»Meinetwegen brauchst du deine Natur nicht zu unterdrücken.« Sie lächelte ebenfalls. »Wärst du so nett, die Truhe vor mich zu stellen?«

Ich konnte die Truhe zwar gerade noch heben, ohne mir irgendwelche Muskeln zu zerren, aber wenn sie weniger als sechzig Kilo wog, bin ich ein Dichter.

Meluan rückte auf ihrem Sessel vor und beugte sich darüber. »Lerand hat mir gesagt, auf welche Weise du an unserer Bekanntschaft mitgewirkt hast. Dafür danke ich dir. Ich stehe in deiner Schuld.« Sie sah mich mit ihren dunkelbraunen Augen tiefernst an. »Doch betrachte ich den größeren Teil der Schuld durch das, was ich dir gleich zeigen werde, als abgegolten. Die Menschen, die den Inhalt dieser Truhe gesehen haben, kann ich an den Händen abzählen. Ich zeige ihn dir nur, weil mein Mann mir deine vollste Verschwiegenheit zugesichert hat.« Sie sah mich bedeutungsvoll an.

»Ich werde bei meiner Hand mit niemandem darüber sprechen, was ich sehe«, versicherte ich ihr, mühsam meine Ungeduld beherrschend.

Meluan nickte. Dann drückte sie, statt einen Schlüssel hervorzuziehen, wie ich es erwartet hatte, mit den Händen an die Seiten der Truhe und verschob zwei Brettchen ein wenig. Ein leises Klicken ertönte und der Deckel sprang einen Spalt auf.

Schlosslos, dachte ich.

Unter dem Deckel kam eine zweite, kleinere und niedrigere Truhe zum Vorschein. Sie war etwa so groß wie ein Brotkasten. Die flache Deckplatte des Messingschlosses hatte ein Schlüsselloch, das allerdings rund war. Meluan nahm eine Kette mit einem Schlüssel von ihrem Hals.

»Darf ich das sehen?«, fragte ich.

Meluan sah mich überrascht an. »Wie bitte?«

»Den Schlüssel. Darf ich ihn kurz sehen?«

»Du lieber Himmel«, rief Alveron. »Wir sind doch noch gar nicht beim eigentlich Interessanten angelangt. Ich biete dir an, ein Jahrhundertgeheimnis zu sehen, und du bewunderst das Einwickelpapier!«

Meluan gab mir den Schlüssel, und ich wendete ihn in den Händen hin und her und unterzog ihn einer kurzen, aber eingehenden Prüfung. »Ich nehme Geheimnisse gern schichtweise zu mir«, erklärte ich.

»Wie eine Zwiebel?« Alveron schnaubte.

»Wie eine Blume«, konterte ich und gab Meluan den Schlüssel zurück. »Danke.«

Meluan steckte ihn ins Schloss und öffnete den Deckel der inneren Truhe. Sie hängte sich die Kette wieder um den Hals, schob sie in ihren Ausschnitt und strich Kleider und Haare glatt, die dadurch womöglich in Unordnung geraten waren. Dazu brauchte sie für mein Gefühl etwa eine Stunde.

Endlich griff sie mit beiden Händen in die Truhe und hob etwas heraus. Sie hielt es so hinter den geöffneten Deckel, dass ich es nicht sehen konnte. Dann blickte sie auf und holte tief Luft. »Das ist seit …«, begann sie.

»Lass es ihn doch einfach sehen, Liebes«, fiel Alveron ihr freundlich ins Wort. »Ich wüsste gern, was er selbst davon hält.« Er lachte leise in sich hinein. »Außerdem bekommt der Junge gleich einen Anfall, wenn du ihn noch länger warten lässt.«

Meluan reichte mir ehrfürchtig eine aus dunklem Holz gefertigte Kassette von der Größe eines dicken Buches. Ich nahm sie mit beiden Händen.

Sie war ungewöhnlich schwer für ihre Größe und das Holz unter meinen Fingern fühlte sich so glatt an wie polierter Stein. Ich strich mit den Händen darüber und stellte fest, dass in die Seiten etwas eingeschnitzt war, allerdings nicht so tief, dass es auf den ersten Blick sichtbar gewesen wäre. Man spürte es kaum mit den Fingern, ein Muster von Erhebungen und Vertiefungen. Ich strich mit den Händen über den Deckel und fühlte ein ähnliches Muster.

»Du hast recht«, sagte Meluan leise. »Er ist wie ein Kind, das ein Geschenk zur Wintersonnenwende bekommt.«

»Das Beste hast du noch nicht gesehen«, erwiderte Alveron. »Warte, bis er erst richtig anfängt. Der Kerl schlägt mit seinem Verstand zu wie mit einem eisernen Hammer.«

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