Ein neuer Krieg begann, und er stand kurz davor, die entscheidende Schlacht zu schlagen. Er bildete seine Armee aus, perfektionierte seine Methoden, schloss sich mit Verbündeten zusammen, die später ohne Zögern auf dem Altar seiner persönlichen Lust und Laune geopfert werden würden. Er würde eine blutige Rache an dem Vampirvolk und der Welt der Menschen nehmen, die nur existierte, um seiner Art zu dienen. Wenn die große Schlacht vorbei sein würde, Staub und Asche weggeräumt wären, dann würde es niemanden mehr geben, der ihm im Weg stand.
Er würde ein gottverdammter König sein. Wie es sein angestammtes Recht war.
„Hmm … he, Süßer … komm her und spiel mit mir.“
Die heisere Einladung erreichte seine Ohren durch den Lärm hindurch. Aus dem sich windenden Gewühl aus glitschigen, nackten Körpern hatte sich die Hand einer Frau erhoben, um nach seinem Schenkel zu greifen, als er vorbeiging. Er hielt an und warf einen Blick zu ihr hinunter, seine Ungeduld war ihm deutlich anzumerken. Unter ihrem verschmierten dunklen Make-up war eine verblasste Schönheit zu erahnen, aber ihr Verstand war völlig an die Raserei der Orgie verloren. Zwei Rinnsale aus Blut strömten an ihrem hübschen Hals herunter und über die Spitzen ihrer perfekten Brüste. Auch an anderen Körperstellen trug sie offene Bisswunden: an der Schulter, auf ihrem Bauch und auf der Innenseite ihres Schenkels, direkt unterhalb des schmalen Haarstreifens, der ihr Geschlecht verhüllte.
„Komm zu uns“, bettelte sie und befreite sich aus dem sich windenden Durcheinander aus Armen, Beinen und brünstigen, brüllenden Rogues. Die Frau war fast völlig leergetrunken und nur noch einen Hauch vom Tode entfernt. Ihre Augen waren glasig und blicklos. Ihre Bewegungen waren träge, als hätten sich ihre Knochen in Gummi verwandelt. „Ich habe, was du willst. Ich werde auch für dich bluten. Komm, koste von mir.“
Er schwieg. Alles, was er tat, war, die bleichen, blutbefleckten Finger von dem feinen Gewebe seiner teuren Seidenhose zu entfernen.
Er war tatsächlich nicht in der Stimmung dafür.
Und wie jeder erfolgreiche Dealer rührte er sein eigenes Produkt nie an.
Seine großen Hände flach gegen ihre Brust gepresst, drängte er die Frau zurück ins Gewühl. Sie kreischte, als einer der Rogues sie mit hartem Griff packte und sie dann brutal über seinen Arm warf, sie nach unten drückte und von hinten in sie eindrang. Sie schrie auf und stöhnte, als er sie rammelte, gab aber einen Augenblick später nur noch ein ersticktes Keuchen von sich, als der Vampir in seinem Blutrausch seine riesigen Fangzähne in ihren Hals schlug und den letzten Tropfen Leben aus ihrem ausgelaugten Körper saugte.
„Genießt diese Zuwendungen“, sagte derjenige, der bald König sein würde, und seine tiefe Stimme ertönte großmütig durch das animalische Gebrüll und das markerschütternde Lärmen der Musik. „Die Nacht bricht an, und bald werdet ihr alle Belohnungen erhalten, die ich für euch für angebracht halte.“
Lucan klopfte erneut an Gabrielles Wohnungstür.
Wieder erhielt er keine Antwort.
Er stand schon etwa fünf Minuten in der Dunkelheit vor ihrer Tür und wartete darauf, dass sie entweder die verdammte Tür öffnete und ihn hereinließ oder ihn hinter der vermeintlichen Sicherheit der diversen Schlösser als Scheißkerl verfluchte und zu ihm sagte, er solle verschwinden.
Nach dem, was er in der vergangenen Nacht mit ihr getan hatte, war er sich nicht sicher, welche Reaktion er verdiente. Wahrscheinlich den wütenden Abschiedskuss.
Er schlug einmal mehr mit den Fingerknöcheln gegen die Tür, fest genug, dass es wahrscheinlich bis zu den Nachbarn drang, aber im Inneren von Gabrielles Wohnung bewegte sich nichts. Es war ganz ruhig. Die Stille auf der anderen Seite war einfach zu laut.
Sie war dort drinnen. Er konnte sie durch die Schichten aus Holz und Backstein hören, die sich zwischen ihnen befanden. Und er roch auch Blut, nicht viel, aber Spuren davon, irgendwo in der Nähe der Tür.
Sie war in der Wohnung, und sie war verletzt.
„Gabrielle!“
Besorgnis strömte wie Säure durch seine Arterien. Aber es gelang ihm immerhin, sich so weit zu beruhigen, dass er seine mentalen Kräfte auf die Sperrkette und die beiden Türschlösser konzentrieren konnte, die die Tür verschlossen. Mit einiger Anstrengung gelang es ihm, zuerst das eine Schloss und dann das andere zu entriegeln. Die Kette glitt aus ihrer Führungsschiene heraus und schlug mit einem metallischen Geräusch gegen den Türpfosten.
Lucan stieß die Tür auf, und seine Stiefel polterten über die Fliesen im Vorraum. Gabrielles Kamera lag direkt vor ihm. Wahrscheinlich hatte sie sie in der Eile fallen lassen. Der süße Jasminduft von Gabrielles Blut drang mit voller Wucht in seine Nasenlöcher, nur einen Augenblick, bevor sein Blick auf einen ungleichmäßigen Pfad aus kleinen, karmesinroten Spritzern fiel.
Der bittere Gestank nach Angst lag auch in der Luft. Der Geruch war nur noch schwach, da er wohl Stunden alt war, hing aber in der Luft wie Nebel.