Читаем 1915 Кары (сборник) полностью

"Dieses Verfahren und diese Hinrichtung, die Sie jetzt zu bewundern Gelegenheit haben, hat gegenw"artig in unserer Kolonie keinen offenen Anh"anger mehr. Ich bin ihr einziger Vertreter, gleichzeitig der einzige Vertreter des Erbes des alten Kommandanten. An einen weiteren Ausbau des Verfahrens kann ich nicht mehr denken, ich verbrauche alle meine Kr"afte, um zu erhalten, was vorhanden ist. Als der alte Kommandant lebte, war die Kolonie von seinen Anh"angern voll; die "Uberzeugungskraft des alten Kommandanten habe ich zum Teil, aber seine Macht fehlt mir ganz; infolgedessen haben sich die Anh"anger verkrochen, es gibt noch viele, aber keiner gesteht es ein. Wenn Sie heute, also an einem Hinrichtungstag, ins Teehaus gehen und herumhorchen, werden Sie vielleicht nur zweideutige "Ausserungen h"oren. Das sind lauter Anh"anger, aber unter dem gegenw"artigen Kommandanten und bei seinen gegenw"artigen Anschauungen f"ur mich ganz unbrauchbar. Und nun frage ich Sie: Soll wegen dieses Kommandanten und seiner Frauen, die ihn beeinflussen, ein solches Lebenswerk" – er zeigte auf die Maschine – "zugrunde gehen? Darf man das zulassen? Selbst wenn man nur als Fremder ein paar Tage auf unserer Insel ist? Es ist aber keine Zeit zu verlieren, man bereitet etwas gegen meine Gerichtsbarkeit vor; es finden schon Beratungen in der Kommandatur statt, zu denen ich nicht zugezogen werde; sogar Ihr heutiger Besuch scheint mir f"ur die ganze Lage bezeichnend; man ist feig und schickt Sie, einen Fremden, vor. – Wie war die Exekution anders in fr"uherer Zeit! Schon einen Tag vor der Hinrichtung war das ganze Tal von Menschen "uberf"ullt; alle kamen nur um zu sehen; fr"uh am Morgen erschien der Kommandant mit seinen Damen; Fanfaren weckten den ganzen Lagerplatz; ich erstattete die Meldung, dass alles vorbereitet sei; die Gesellschaft – kein hoher Beamte durfte fehlen – ordnete sich um die Maschine; dieser Haufen Rohrsessel ist ein armseliges "Uberbleibsel aus jener Zeit. Die Maschine gl"anzte frisch geputzt, fast zu jeder Exekution nahm ich neue Ersatzst"ucke. Vor hunderten Augen – alle Zuschauer standen auf den Fussspitzen bis dort zu den Anh"ohen – wurde der Verurteilte vom Kommandanten selbst unter die Egge gelegt. Was heute ein gemeiner Soldat tun darf, war damals meine, des Gerichtspr"asidenten, Arbeit und ehrte mich. Und nun begann die Exekution! Kein Misston st"orte die Arbeit der Maschine. Manche sahen nun gar nicht mehr zu, sondern lagen mit geschlossenen Augen im Sand; alle wussten: Jetzt geschieht Gerechtigkeit. In der Stille h"orte man nur das Seufzen des Verurteilten, ged"ampft durch den Filz. Heute gelingt es der Maschine nicht mehr, dem Verurteilten ein st"arkeres Seufzen auszupressen, als der Filz noch ersticken kann; damals aber tropften die schreibenden Nadeln eine beizende Fl"ussigkeit aus, die heute nicht mehr verwendet werden darf. Nun, und dann kam die sechste Stunde! Es war unm"oglich, allen die Bitte, aus der N"ahe zuschauen zu d"urfen, zu gew"ahren. Der Kommandant in seiner Einsicht ordnete an, dass vor allem die Kinder ber"ucksichtigt werden sollten; ich allerdings durfte kraft meines Berufes immer dabeistehen; oft hockte ich dort, zwei kleine Kinder rechts und links in meinen Armen. Wie nahmen wir alle den Ausdruck der Verkl"arung von dem gemarterten Gesicht, wie hielten wir unsere Wangen in den Schein dieser endlich erreichten und schon vergehenden Gerechtigkeit! Was f"ur Zeiten, mein Kamerad! " Der Offizier hatte offenbar vergessen, wer vor ihm stand; er hatte den Reisenden umarmt und den Kopf auf seine Schulter gelegt. Der Reisende war in grosser Verlegenheit, ungeduldig sah er "uber den Offizier hinweg. Der Soldat hatte die Reinigungsarbeit beendet und jetzt noch aus einer B"uchse Reisbrei in den Napf gesch"uttet. Kaum merkte dies der Verurteilte, der sich schon vollst"andig erholt zu haben schien, als er mit der Zunge nach dem Brei zu schnappen begann. Der Soldat stiess ihn immer wieder weg, denn der Brei war wohl f"ur eine sp"atere Zeit bestimmt, aber ungeh"orig war es jedenfalls auch, dass der Soldat mit seinen schmutzigen H"anden hineingriff und vor dem gierigen Verurteilten davon ass.

Der Offizier fasste sich schnell. "Ich wollte Sie nicht etwa r"uhren", sagte er, "ich weiss, es ist unm"oglich, jene Zeiten heute begreiflich zu machen. Im "ubrigen arbeitet die Maschine noch und wirkt f"ur sich. Sie wirkt f"ur sich, auch wenn sie allein in diesem Tale steht. Und die Leiche f"allt zum Schluss noch immer in dem unbegreiflich sanften Flug in die Grube, auch wenn nicht, wie damals, Hunderte wie Fliegen um die Grube sich versammeln. Damals mussten wir ein starkes Gel"ander um die Grube anbringen, es ist l"angst weggerissen. "

Der Reisende wollte sein Gesicht dem Offizier entziehen und blickte ziellos herum. Der Offizier glaubte, er betrachte die "Ode des Tales; er ergriff deshalb seine H"ande, drehte sich um ihn, um seine Blicke zu fassen, und fragte: "Merken Sie die Schande"

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