Die Ergebnisse der beiden Gruppen unterschieden sich entsprechend der jeweiligen Stereotypen für Frauen beziehungsweise Amerikaner mit asiatischem Hintergrund: Diejenigen, die man durch die Fragen daran erinnert hatte, dass sie Frauen waren, schnitten schlechter ab als diejenigen, denen man ihre Herkunft ins Gedächtnis gerufen hatte. Dies zeigt, dass auch unser eigenes Verhalten durch die uns auferlegten Stereotypen beeinflusst werden kann. Die Aktivierung dieser Stereotypen hängt davon ab, in welcher geistigen Verfassung wir uns in dem Augenblick befinden und wie wir uns selbst sehen.
Vielleicht noch erstaunlicher ist die Tatsache, dass sich Stereotypen auch auf das Verhalten von Menschen auswirken können, die gar nicht einer stereotypisierten Gruppe angehören. In einer interessanten Studie ließen John Bargh, Mark Chen und Lara Burrows die Teilnehmer wahllos aneinandergereihte Satzteile neu zusammensetzen (eine Aufgabe, wie wir sie bereits in Kapitel vier beschrieben haben). Ein Teil der Probanden erhielt Satzelemente mit Wörtern wie
Als sie damit fertig waren, wurden die Probanden in ein anderes Labor geführt, wo sie vorgeblich eine zweite Aufgabe lösen sollten. Dort war der Versuchsleiter offenbar gerade damit beschäftigt, einem begriffsstutzigen Teilnehmer, der einfach nichts verstand, die Aufgabe zu erklären (bei dem angeblichen Teilnehmer handelte es sich um einen Assistenten des Versuchsleiters). Was glauben Sie, wie lange es dauerte, bis die echten Probanden das Gespräch unterbrachen und fragten, was sie als Nächstes tun sollten?
Wie lange sie warteten, hing davon ab, welche Art von Wörtern ihnen man für die Satzbildung vorgelegt hatte. Diejenigen, die mit Ausdrücken freundlichen Verhaltens gearbeitet hatten, warteten ungefähr 9,3 Minuten lang geduldig, bevor sie unterbrachen; diejenigen hingegen, die mit den Ausdrücken rüden Verhaltens gearbeitet hatten, nur etwa 5,5 Minuten.
In einem zweiten Experiment, dem derselbe Gedanke zugrunde lag, wurde bei den Teilnehmern die Vorstellung von älteren Leuten angebahnt, indem man ihnen Wörter wie
All diese Experimente zeigen uns, dass Erwartungen mehr sind als die bloße Vorwegnahme der Belebung durch eine sprudelnde Cola. Erwartungen befähigen uns, ein Gespräch zu verfolgen, auch wenn rundherum Lärm herrscht und wir hier und da ein Wort nicht mitbekommen; oder eine SMS auf unserem Handy zu lesen, auch wenn einige Wörter abgekürzt sind. Erwartungen können uns zwar von Zeit zu Zeit auch dumm aussehen lassen, aber sie sind ausgesprochen wirksam und nützlich.
Was ist nun mit unseren beiden Football-Fans und dem entscheidenden Pass, der zum Sieg führte? Beide haben dasselbe Spiel gesehen – jedoch durch deutlich unterschiedliche Brillen. Für den einen stand der Fänger mit beiden Beinen im Endfeld, für den anderen nicht. Beim Sport richten solche Streits keinen besonderen Schaden an – ja, sie können sogar Spaß machen. Das Problem ist nur, dass genau dieselben Prozesse der Vorurteilsbildung auch in anderen Lebensbereichen stattfinden können. Sie sind die Hauptursache für die Eskalation in nahezu allen Konflikten, sei es zwischen Israelis und Palästinensern, zwischen Serben und Kroaten, zwischen den USA und dem Irak oder zwischen Indien und Pakistan.