Читаем Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend полностью

Es ist früher Abend. Ich sitze in meinem Zimmer über dem Büro am Fenster. Das Haus ist niedrig, verwinkelt und alt. Es hat, wie dieser Teil der Straße, früher einmal der Kirche gehört, die am Ende der Straße auf einem Platz steht. Priester und Kirchenangestellte haben in ihm gewohnt; aber seit sechzig Jahren ist es Eigentum der Firma Kroll. Es besteht eigentlich aus zwei niedrigen Häusern, die durch einen Torbogen und den Eingang getrennt sind; in dem zweiten lebt der pensionierte Feldwebel Knopf mit seiner Frau und drei Töchtern. Dann kommt der schöne alte Garten mit unserer Grabsteinausstellung, und links hinten noch eine Art von zweistöckigem hölzernem Schuppen. Unten im Schuppen arbeitet unser Bildhauer Kurt Bach. Er modelliert trauernde Löwen und auffliegende Adler für die Kriegerdenkmäler, die wir verkaufen, und zeichnet die Inschriften auf die Grabsteine, die dann von den Steinmetzen ausgehauen werden. In seiner Freizeit spielt er Gitarre und wandert und träumt von goldenen Medaillen für den berühmten Kurt Bach einer späteren Periode, die nie existieren wird. Er ist zweiunddreißig Jahre alt.

Den oberen Stock des Schuppens haben wir an den Sargtischler Wilke vermietet. Wilke ist ein hagerer Mann, von dem keiner weiß, ob er eine Familie hat oder nicht. Unsere Beziehungen zu ihm sind freundschaftlich, wie alle, die auf gegenseitigem Vorteil beruhen. Wenn wir einen ganz frischen Toten haben, der noch keinen Sarg hat, empfehlen wir Wilke oder geben ihm einen Wink, sich zu kümmern; er tut dasselbe mit uns, wenn er eine Leiche weiß, die noch nicht von den Hyänen der Konkurrenz weggeschnappt worden ist; denn der Kampf um die Toten ist bitter und geht bis aufs Messer. Der Reisende Oskar Fuchs von Hollmann und Klotz, unserer Konkurrenz, benützt sogar Zwiebeln dazu. Bevor er in ein Haus geht, wo eine Leiche liegt, holt er ein paar zerschnittene Zwiebeln aus der Tasche und riecht so lange daran, bis seine Augen voller Tränen stehen – dann marschiert er hinein, markiert Mitgefühl für den teuren Entschlafenen und versucht, das Geschäft zu machen. Er heißt deshalb der Tränen-Oskar. Es ist sonderbar, aber wenn die Hinterbliebenen sich um manchen Toten im Leben nur halb so viel gekümmert hätten wie dann, wenn sie nichts mehr davon haben, hätten die Leichen bestimmt gerne auf das teuerste Mausoleum verzichtet – doch so ist der Mensch: nur was er nicht hat, schätzt er wirklich.

Die Straße füllt sich leise mit dem durchsichtigen Rauch der Dämmerung. Lisa hat bereits Licht; doch diesmal sind die Vorhänge zugezogen, ein Zeichen, daß der Pferdeschlächter da ist. Neben ihrem Hause beginnt der Garten der Weinhandlung Holzmann. Flieder hängt über die Mauern, und von den Gewölben kommt der frische Essiggeruch der Fässer. Aus dem Tor unseres Hauses tritt der pensionierte Feldwebel Knopf. Er ist ein dünner Mann mit einer Schirmmütze und einem Spazierstock, der, trotz seines Berufes und obschon er außer dem Exerzierreglement nie ein Buch gelesen hat, aussieht wie Nietzsche. Knopf geht die Hakenstraße hinunter und schwenkt an der Ecke der Marienstraße links ab. Gegen Mitternacht wird er wieder zurückkommen, dann von rechts – er hat damit seinen Rundgang durch die Kneipen der Stadt beendet, der, wie es sich für einen alten Militär gehört, methodisch erfolgt. Knopf trinkt nur Schnaps, und zwar Korn, nichts anderes. Darin aber ist er der größte Kenner, den es gibt. In der Stadt existieren etwa drei oder vier Firmen, die Korn brennen. Für uns schmecken ihre Schnäpse alle ungefähr gleich. Nicht so für Knopf; er unterscheidet sie schon am Geruch. Vierzig Jahre unermüdlicher Arbeit haben seine Zunge so verfeinert, daß er sogar bei derselben Kornsorte herausschmecken kann, aus welcher Kneipe sie kommt. Er behauptet, die Keller wären verschieden, und er könne das unterscheiden. Natürlich nicht bei Korn in Flaschen; nur bei Korn in Fässern. Er hat schon manche Wette damit gewonnen.

Перейти на страницу:

Похожие книги

Отверженные
Отверженные

Великий французский писатель Виктор Гюго — один из самых ярких представителей прогрессивно-романтической литературы XIX века. Вот уже более ста лет во всем мире зачитываются его блестящими романами, со сцен театров не сходят его драмы. В данном томе представлен один из лучших романов Гюго — «Отверженные». Это громадная эпопея, представляющая целую энциклопедию французской жизни начала XIX века. Сюжет романа чрезвычайно увлекателен, судьбы его героев удивительно связаны между собой неожиданными и таинственными узами. Его основная идея — это путь от зла к добру, моральное совершенствование как средство преобразования жизни.Перевод под редакцией Анатолия Корнелиевича Виноградова (1931).

Виктор Гюго , Вячеслав Александрович Егоров , Джордж Оливер Смит , Лаванда Риз , Марина Колесова , Оксана Сергеевна Головина

Проза / Классическая проза / Классическая проза ХIX века / Историческая литература / Образование и наука