»Ich weiß nur eins«, sagte Ojkib. »Wir müssen unseren Leuten den Inhalt dieses Buches nahebringen, sie über die Warnungen in diesem Buch aufklären. Wir müssen sie lehren, was der Hüter von uns erwartet, auch wenn wir nicht genau verstehen, was der Hüter der Erde überhaupt ist.«
»Meinst du mit ›unsere Leute‹ nur die Menschen?« fragte Nafai.
»Natürlich nicht«, sagte Ojkib. »Vielleicht hat der Hüter uns nur aus dem Grund zur Erde zurückgeholt, damit wir einerseits die Engel und Wühler von ihrer uralten Knechtschaft befreien und sie andererseits lehren, so zu leben, daß der Hüter nicht noch einmal das Bedürfnis verspürt, die Erde unbewohnbar zu machen.«
»Du könntest recht haben«, sagte Nafai. »Aber ganz gleich, was wir tun oder wie wir es lehren, es wird zu einer Religion werden. Den anderen werden selbst unsere
»Ist das schlimm?« fragte Ojkib.
»An sich nicht. Aber Religionen haben es nun mal an sich, das Körnchen Wahrheit in ihrem Kern zu verlieren. Die Wühler hatten eine Religion, die sie veranlaßte, sich mit dem Ton zu reiben, der die Chemikalie enthielt, die aus den Eierschalen der Plattwürmer und dem Speichel der Engel gewonnen wird — aber sie hatten keine Ahnung, warum sie es ta ten, und wurden daher davon versklavt. Wir werden unsere Kinder und deren Kinder also nur willkürliche Regeln lehren. Die wahren Gründe gehen verloren oder verwandeln sich in Mythen.«
»Was können wir dagegen tun?« fragte Ojkib.
»Wir können ein Buch schreiben«, sagte Nafai.
»Du meinst, so eins wie das, das du bereits schreibst?« fragte er.
Nafai schaute ihn düster an. »Ich hätte wissen müssen, daß ich vor dir nichts geheim halten kann.«
»Ja, hättest du«, sagte Ojkib. »Besonders, da du wochenlang fast ununterbrochen mit der Überseele darüber gesprochen hast, nachdem du auf die Idee gekommen bist. Ich dachte, du würdest es mir sagen, wenn du dich danach fühlst.«
»Na ja, ich fühle mich jetzt danach«, sagte Nafai. »Denn ich glaube, unsere Nachkommen werden keinen Zugriff auf den Schiffscomputer haben. Die meisten von ihnen werden des Lesens und Schreibens nicht mehr mächtig sein. Aber einigen von ihnen werden wir das Lesen und Schreiben beibringen, damit wir eine Aufzeichnung all dessen bewahren können, was wir gelernt haben. Wir werden es so klar und deutlich niederschreiben, wie es uns möglich ist, eine wahre Geschichte unserer Reise und all unserer Kenntnisse und Taten. Wir werden sie von den Eltern an die Kinder weitergeben, und weil die Geschichte niedergeschrieben wurde, kann sie nicht verzerrt werden.«
»Die Menschen können alles verzerren«, sagte Ojkib.
»Aber solange der ursprüngliche Text erhalten bleibt, kann die nächste oder übernächste Generation wieder auf das Original zurückgreifen und die Wahrheit in Erfahrung bringen. Auf diese Weise haben wir sehr viel von dem
»Gut und schön«, sagte Ojkib. »Du führst bereits eine Aufzeichnung.«
»Ich führe
»Ah, einen weiteren Traum …«
»Ich weiß, daß du auch gern Träume hättest, Ojkib, aber …«
»Ich brauche keine eigenen Träume zu haben«, sagte Ojkib. »Nicht, wenn ich deine habe. Du hast davon geträumt, ein Buch zu schreiben, das du mir und Chveja statt Zhjat und Netsja geben kannst.«
»Ein Buch«, sagte Nafai, »das alles aus dem
»Nur die Theologie«, sagte Ojkib.
»Den Wühlern und Engeln wird es wie Theologie vorkommen«, sagte Nafai.
»Und unseren Kindern und Enkelkindern ebenfalls«, sagte Ojkib. »Sie haben nicht mehr im Raumschiff gelebt. Sie haben die große Bibliothek nicht mehr benutzt. Sie werden keine Ahnung haben, was ein Computer ist.«
Nafai nickte. »Also bist du zur selben Schlußfolgerung gelangt.«
»Nein. Ich habe einfach nur gesehen, daß du und Luet und Chveja alle denselben Traum hattet. Das Schiff muß verschwinden. Wir müssen uns von der Maschinerie der Vergangenheit lösen und in der Technologie der Gegenwart leben. Das Schiff muß in die Erdumlaufbahn hinaufsteigen .«
»Wir haben nicht mehr die Technik, um es auf der Planetenoberfläche zu verstecken, wie unsere Vorfahren es auf Harmonie getan haben«, sagte Nafai.