Ken mimte sein Einverständnis, hielt sich aber im Hintergrund, als der Techniker den Spannungsprüfer in den Hauptleitstrahl vorschaltete. Auf dem Strahl konnten zwei Mehrphasensignale ebenso gehandhabt werden wie eines. Beide Torpedos würden so nahe beisammen bleiben, daß ein Leitstrahl genügte.
Die Information des Technikers war hochinteressant. Ken selbst wäre nie auf die Idee gekommen, daß er Vorgänger gehabt hatte. In gewisser Hinsicht war es gut – die anderen waren vermutlich nicht Agenten der Rauschgiftabteilung gewesen, sonst hätte Rade es ihm gesagt. Seine Tarnfarbe war also besser, als er angenommen hatte. Drai würde sich vielleicht mit der Zeit daran gewöhnen, daß Außenstehende sich mit seinem Projekt befaßten.
Aber was wußte dieser Feth eigentlich? Er war offensichtlich schon eine ganze Weile da, und Drai erlegte sich in seiner Gegenwart keine Hemmungen auf. Möglich, daß man ihn zu einer nützlichen Informationsquelle ausbauen konnte. Andererseits war ein Versuch nicht ungefährlich. Es war klar, daß es zu seinen kleineren Pflichten gehörte, auf Sallman Kens Verhalten ein wachsames Auge zu haben. Er war ein wortkarger Typ. Ken hatte ihn bislang nicht viel beachtet.
Im Moment war er ganz Techniker. Er hing über dem Ständer vor der Kontrollanlage. Seine Tentakel spielten über die verschiedenen Schalter und Stufenregler. Ein immer lauter werdendes Summen zeigte an, daß die Systeme warmliefen. Nach einer Weile drehte er einen Schalter geringfügig. Das Torpedo, an dem Ken gearbeitet hatte, schob sich aus der Halterung. Ohne seine Augen nach hinten zu drehen, sagte Feth:
»Wenn Sie jetzt rüber ans andere Ende gehen, lasse ich das Ding dort einrasten, und Sie können Mikro und Lautsprecher ausprobieren. Sie wollen sie zwar nicht verwenden, aber besser, wenn die Anlage einsatzfähig ist.«
Ken kam dem Vorschlag nach. Er testete erst den Tonapparat, dann die verschiedenen Recorder und andere Instrumente im Frachtraum, die anzeigen sollten, ob chemische Reaktionen stattfanden oder nicht – Fotozellen, Pyrometer, mit Proberöhren und Ausfällapparaten verbundene Gaspumpen. Alles war einsatzbereit und am richtigen Ort verankert.
Nachdem er sich davon überzeugt hatte, schob der Operator das kleine Raumgefährt zu einer tunnelähnlichen Schleuse in einer Wand, führte sie dort ein, pumpte Luft hinein, und trieb damit das Torpedo ins Vakuum der Oberfläche Merkurs. Ohne weitere Umstände schickte er es hinaus, weg vom Planeten. Die Steuerung war auf einen achronischen Hauptstrahl eingestellt, der von der Station zur Relaisstation nahe der Erde führte. Jetzt war die Sache gelaufen, bis das Torpedo die Erde erreichte.
Der Mechaniker stand auf und wandte sich an Ken.
»Ich lege mich ein paar Stunden aufs Ohr«, sagte er. »Vor dem Ankunftstermin bin ich wieder da. Falls Sie Wert darauf legen, machen Sie die erste Landung selbst. Wenn die Planeten sich relativ zueinander in derselben Stellung befinden, dann warten Sie mehr oder weniger eineinhalb Umdrehungen von Planet Drei ab – bei ferngesteuerten Flugkörpern können wir den Overdrive nicht einsetzen. Das Signal muß während der örtlichen Tagzeit kommen. Bis später also. Melden Sie sich, falls Sie etwas brauchen.«
Ken vollführte das Äquivalent eines Nickens. »Alles klar, und vielen Dank auch. Sie heißen Allmer, wenn ich nicht irre?«
»Ganz recht, Feth Allmer.« Damit verschwand der Mechaniker durch die Tür. Er bewegte sich mit der fließenden Anmut eines an die schwache Schwerkraft Merkurs gewöhnten Wesens und ließ Sallman Ken in sehr nachdenklicher Stimmung zurück.
Gedankenverloren ließ sich der eingeschleuste Spitzel auf dem von Allmer verlassenen Gestell nieder, um die Meßgeräte vor sich ausdruckslos anzustarren. Reumütig mußte er sich eingestehen, daß er wieder in seinen alten Fehler verfallen war, sich für zwei Probleme gleichzeitig zu interessieren, in gewisser Hinsicht hatte dies natürlich auch Vorteile. Sein aufrichtiges Interesse für das Problem, das Planet Drei darstellte, war der bestmögliche Schutz gegenüber eventuellem Argwohn, der sich im Zusammenhang mit seiner eigentlichen Aufgabe regen mochte. Aber um seine Konzentration auf jene andere Arbeit war es schlecht bestellt. Seit Stunden schon hatte er an nichts anderes als an sein Testprojekt gedacht, bis Allmers abschließende Bemerkungen ihn wieder an seine eigentliche Pflicht erinnerten.
Er hatte Feth für einen fähigen Techniker gehalten. Der Scharfsinn, den der ältere Knabe eben bewiesen hatte, war dennoch eine Überraschung. Ken selbst hatte die Bedeutung von Drais Bemerkung über die Gepflogenheiten der Einwohner des dritten Planeten gar nicht mitbekommen. Drai hatte selbst nicht daran gedacht, seine eigenen Schlüsse zu ziehen.
War er wirklich so beschränkt? Anders als Ken kannte er die Entfernungen, um die es bei einem Flug zu jener Welt ging, und er kannte die Geschwindigkeit der Torpedos. Er hatte seiner eigenen Aussage nach hier jahrelang Handel betrieben. Welche Absicht verfolgte er damit, daß er sich dümmer stellte, als er war?