So wurden die Partisanen vorbereiteten und warteten auf die Deutschen bei einer Brücke. Sie haben fast die ganze deutsche Gruppe ermordet.
Im Mai 1943 wurde die Einheit von Deutschen eingekesselt und zwei Minderjährige blieben allein zurück: Gena und Sonia. Als sie einige Tage später gefasst wurden, sagten sie beim Verhör, dass sie im Baltikum waren, die Eltern verloren haben und bettelnd durch die Dörfer zogen. Als erster wurde Gena verhört und als er zurückkam, sagte er, dass er sich sogar ausziehen musste. Sonia kam sofort darauf, was die Deutschen überprüfen wollten. Einen unbeschnittenen Russen ließen sie wieder gehen.
Von sich sagte Sonia beim Verhör, dass sie Zoja Kunzewitsch hieße. Nach dem Verhör wurde sie in irgendein Lager gebracht. Hin und wieder bekam sie Brot. Dann brachte man sie nach Bobruisk, wo beide in einem Kinderheim abgegeben wurden. Alsbald kam ein Verbindungsmann der Partisanen und nahm Gena mit. Derweil ging im Kinderheim das Gerücht um, dass die Deutschen den Kindern Blut abnahmen und für die eigenen Verwundeten an der Front benutzten. Gerettet wurde Sonia von der Erzieherin Maria Alexandrovna, die in einem günstigen Moment Sonia zu ihrer Cousine brachte, die ebenfalls Maria Alexandrovna hieß. Bei ihr waren zwei minderjährige Kinder, Edik und Emmotschka. Außerdem lebten da auch die Großmutter und der Ehemann – Peter Fedorowitsch Bokij, Versorgungsleiter in der Stadt Bobruisk. Eine «goldene» Familie! Ihre «Älteste», die sich bis dahin das letzte Mal bei den Partisanen waschen konnte, haben sie gewaschen, ihr die Haare geschnitten und sie angezogen. Und auch Sonia wuchsen die Kleinkinder ans Herz, sie kümmerte sich um sie und half überall im Haushalt.
Die Freude aber, die im Krieg mit keiner anderen gleichkommt, ist es auf die eigenen Leute zu stoßen! Welch' eine Freude war es für Sonia, als Bobruisk, wenn auch in Flammen, befreit wurde! Im September wurde sie von ihrem Vater gefunden. Der Familie Bokij dankte er durch eine Zeitung und sie wurden zu nahen «Verwandten». Später kamen sie öfter nach Leningrad, um die Familie Suchmans zu besuchen.
Puchowitschi
Sie kehrten zurück nach Puchowitschi. In ihrem Dorf hat ihr Haus abgebrannt. Lediglich ein nicht fertig gebautes Haus neben dem Bahnhof stand noch, an dem noch vor dem Krieg Abraham, einer der Brüder des Vaters, baute. Vater und Tochter bauten das Haus fertig und zogen ein. Der Vater arbeitete als Verpacker, organisierte seine Arbeit aber so, dass er samstags nicht arbeiten musste. Als religiöser und in seiner Religion treu gebliebener Mensch, kaufte er sich als allererstes Tales, Tifilin und Siddur. Nach langen Gesprächen mit dem Rabbiner brachte er aus dem Wald in einem sauberen Lacken die sterblichen Überreste seines Bruders Sachne, versammelte einen Minian und beerdigte seinen Bruder, von dem nur noch das Skelett blieb, nach allen religiösen Regeln. Danach stellte er dort, wo sich das Massengrab der ermordeten Juden befand, für sie alle ein Denkmal auf. Viele kamen von überall her, sogar aus Amerika, gaben Geld für das Denkmal.
Софья и Геннадий Пятовы ⁄ Sofia und Gennadij Piatov’s
Im Jahr 1946 heiratete der Vater. Grunja Leibovna Strongina war 25 Jahre alt, sie war auch bei den Partisanen gewesen und verlor im Krieg ebenfalls ihre Familie. Bald bekamen die beiden eine Tochter und Sonia eine Schwester, Nehama.
Die ersten Paar Jahre in der Schule waren für Sonia schwer, es stellte sich heraus, dass sie im Wald sogar die Buchstaben vergessen hatte. Aber dann holte sie alles nach, und nach der 5. Klasse hat sie sehr gut gelernt. Zehn Jahre Schule beendete Sonia 1952, noch während der Stalinzeit.
Leningrad
Mit Maia, ihrer jüdischen besten Freundin und einer ausgezeichneten Schülerin, fuhr Sonia1952 nach Leningrad, zur einzigen Hochschule mit einer pädiatrischen Fakultät in der UdSSR. Die Beiden bestanden die Aufnahmeprüfungen und trotzdem den erwünschten Studienplatz nicht erhalten. Es hieß: Die Nachfrage wäre zu hoch.
Maia kehrte zurück nach Puchowitschi. Der Vater von Sonia dagegen schickte an die Hochschule Dokumente, aus denen hervorging, dass sie bei den Partisanen war. Auch der Stab der Partisanenbewegung schrieb an die Hochschule Telegramme, dass die Abiturientin bei Partisanen sogar ausgekundschaftet hat. Daraufhin traf Sonia die Direktorin der Fakultät, namens Schutowa, die sie wie aus heiterem Himmel fragte: «Warum sind Sie, Suchman, nicht im Unterricht? Wir haben Ihre Dokumente erhalten und wissen jetzt, wer Sie sind…»
Später bei der Arbeit machte Sonia keine Erfahrungen mit Antisemitismus. Aber die giftige Pille des Antisemitismus bei der Aufnahme in die Hochschule steckte ziemlich tief. Alle anderen könnten normale Menschen sein und sie musste schon fast eine Heldin der Sowjetunion sein, um den Studienplatz zu bekommen.