Читаем Fußfall полностью

Eine lange Menschenschlange wartete vor dem Empfangstisch: Männer in schlechtsitzenden Anzügen, Frauen in fleckigen Röcken und mit Kopftüchern, Bauern, Arbeiter, kleine Fabrikangestellte – alle hielten Formulare in den Händen, die zu unterschreiben waren, Erlaubnisscheine dieser oder jener Art. Heute waren weniger Bauern da als sonst; im Herbst würden sie zu Hunderten hier stehen, weil sie Erzeugnisse aus ihren privat bewirtschafteten Hausgärten verkaufen wollten.

Bondarew schüttelte den Kopf. Absurd, dachte er. Warum arbeiten die Leute nicht, statt hier Schlange zu stehen? Typisch Rußland. Andererseits würden sie auch nichts tun, wenn sie nicht Schlange stünden, sondern sich einfach betrinken.

Er ging zum Anfang der Schlange. Ein Mann ganz vorn, mit einem runden Gesicht wie Boris Ogarkow, stierte ihn verdrießlich an, sagte aber nichts. Bondarew blieb vor dem Tisch stehen. Zwei Männer befanden sich an einem weiteren Tisch in der Nähe. Einen von ihnen glaubte er zu kennen. Er hämmerte auf einer uralten Schreibmaschine, die wohl noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammte, einen Bericht herunter. In der Provinz gab es nicht oft neues Arbeitsmaterial, nicht einmal für den KGB.

Der Mann am Empfang übersah ihn, solange es ihm möglich war, blickte dann frech zu ihm auf und fragte: »Ja?«

Aha, so ist das also, dachte Bondarew. Nun schön. Er sagte ruhig, aber so laut, daß man ihn am nächsten Tisch auch hören konnte: »Ich bin Bondarew. Ich möchte den Offizier vom Dienst sprechen.«

Der junge Mann runzelte die Stirn. Der am Nebentisch hörte mit Maschineschreiben auf.

»In welcher Angelegenheit?«

»Wenn ich wollte, daß Sie das erfahren, hätte ich es Ihnen gesagt«, sagte Bondarew. »Und jetzt teilen Sie bitte dem ranghöchsten Offizier mit, daß ihn Akademiemitglied Bondarew, Leiter des LeninForschungsinstituts für Astrophysik und Kosmographie, zu sprechen wünscht, und daß die Sache eilt.«

Das Stirnrunzeln des Mannes vertiefte sich, aber der Ausdruck von Dreistigkeit schwand aus seinem Gesicht. Ein Akademiemitglied hatte mächtige Freunde, und das Institut war am Ort von großer Bedeutung. Der andere ließ seine Schreibmaschine im Stich und kam herüber. »Gewiß, Genosse Akademiemitglied «, sagte er. »Ich werde den Genossen Orlow sofort informieren.« Er warf dem Mann am Empfang einen schiefen Blick zu und ging.

»Ich habe Anweisung zu fragen«, sagte dieser. Seine Stimme klang patzig.

Noch nicht lange dabei, dachte Bondarew, und es macht ihm Spaß, daß alle vor ihm kriechen oder sogar Angst haben. Er hat nicht damit gerechnet, daß jemand kommt, vor dem er selbst Angst haben muß.

»Folgen Sie mir bitte, Genosse Akademiker. Hier entlang.« Der andere KGBMann wies auf eine Tür.

Während Bondarew hindurchging, sagte der Mann am Empfang gerade: »Woher sollte ich wissen, daß er Akademiemitglied ist? Er hat nichts davon gesagt.«

Bondarew lächelte.

Das Büro war nicht groß. Der Schreibtisch war mit Papieren übersät. Bondarew erkannte den Beamten am Tisch zwar nicht, war aber sicher, daß er ihn schon einmal gesehen hatte.

»Ja, Genosse Akademiemitglied?«

»Ich muß Ihr Verworflertelefon für ein Gespräch nach Moskau benutzen, Genosse Orlow, mit dem Kreml. Es ist dringend. Niemand darf zuhören. Es geht um Angelegenheiten der Staatssicherheit.«

»In dem Fall müssen wir das Gespräch aufzeichnen.«

»Von mir aus, aber hören Sie auf keinen Fall mit«, sagte Bondarew. »Glauben Sie mir, Genosse, es ist in Ihrem eigenen Interesse.«

Es dauerte fast eine Stunde, bis das Gespräch durchkam. Dann ertönte laut dröhnend die Stimme des Dritten Parteisekretärs General Narowtschatow in der Leitung. »Pawel Alexandrowitsch! Es ist schön, von dir zu hören.« In weicherem Ton fragte er: »Geht es allen gut?«

»Ja, Genosse General. Marina und deine Enkel erfreuen sich bester Gesundheit.«

»Noch ein Jährchen, Pawel. Dann könnt ihr nach Moskau zurückkehren. So schwer es ist, noch müßt ihr dort bleiben. Deine Arbeit wird gebraucht.«

»Ich weiß«, sagte Bondarew. »Marina wird dankbar sein, daß es nur noch ein Jahr dauert. Das allerdings ist nicht der Grund meines Anrufs.«

»Sondern?«

»Ich spreche aus dem Büro des KGB über die Verworflerleitung. Der Diensthabende achtet darauf, daß niemand mithört. Die Sache ist von äußerster Wichtigkeit, Nikolai Nikolajewitsch. Wirklich von äußerster Wichtigkeit.«

* * *

General Nikolai Nikolajewitsch Narowtschatow legte auf und trug sorgfältig alles in ein ledergebundenes Buch ein, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Eine wohlhabende Dame hatte ihm vor vielen Jahren in Paris knapp zwei Dutzend davon geschenkt, voller leerer Blätter von ausgezeichnetem Papier. Jedes dieser Bücher hielt ein knappes Jahr vor, und nun blieben ihm nur noch zwei.

Er sah nachdenklich auf das Geschriebene. Außerirdische. Ein Raumschiff näherte sich der Erde. Blühender Unsinn!

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