Während sie frühstückten – zum Kakao gab es Haferflocken –, wurde es allmählich wärmer. Jeri setzte ihren Hut auf und wies Melissa an, es ihr gleichzutun. Sie krochen aus ihren Schlafsäcken und rollten sie zusammen. Dabei ließen sie die Straße nicht aus den Augen.
Aus dem Gebüsch, in dem sie sich verborgen hielten, konnten sie mit dem Fernglas kilometerweit sehen. Die Straße verlief schnurgerade. Etwa fünfzehn Kilometer weiter westlich, wo sie eine andere Fernstraße kreuzte, war sie von einem riesigen Krater unterbrochen, je länger Jeri über ihn nachdachte, desto mehr ängstigte die Zielgenauigkeit der Außerirdischen sie.
Sie hielten Ausschau nach Fahrzeugen. Immer wieder fuhr Jeris Hand über die Handtasche, unter deren weichem Leder sie eine 9 mm Walther PPK ertasten konnte. Sobald sie einen Wagen sähen, von dem sie glaubten, daß es sicher sei mitzufahren, würden sie rechtzeitig zur Straße hinabgelangen und den Daumen in die Luft recken können. Der Verkehr war nahezu zum Erliegen gekommen. »Was tun wir jetzt?« fragte Melissa.
»Es wird uns schon was einfallen«, sagte Jeri.
Von Westen her näherte sich ein Motorrad. Es fuhr langsam an den Bombentrichter heran. Jeri fragte sich, ob der Fahrer wohl umkehren würde, doch er schlug einen Haken in die Wüste und umfuhr den Kraterrand. Eine schwere Maschine, ein massiger Fahrer. Es schien ihn Mühe zu kosten, sie wieder auf die Straße zu bringen. Er machte eine Zigarettenpause und fuhr dann weiter. Sie sahen ihn kommen.
Zehn Minuten später ließ Melissa das Fernglas sinken und sagte: »Das ist Harry.«
Jeri schnaubte verächtlich.
»Ehrlich, Mami, es ist der Rote Harry. Laß uns runtergehen!«
»Wie unwahrscheinlich«, sagte Jeri matt, nahm aber das Glas zur Hand. Den Kopf des einsamen Motorradfahrers bedeckte tatsächlich teils graues, teils rotes Haar, und er hatte einen Bart von gleicher Farbe. Jung war er wohl nicht mehr, sonst wäre es ihm nicht so sichtlich schwergefallen, die Maschine wieder auf die Straße zu schieben, auch fuhr er langsam. Das Motorrad sah aus wie Harrys Maschine. Konnte das sein? Es war tatsächlich Harry Reddington!
»Los«, sagte Jeri, »lauf rasch runter!« und eilte selbst hinab. Doch Melissa überholte sie lachend und war unten, lange bevor der Motorradfahrer die Stelle erreicht hatte. Als es soweit war, holte Jeri tief Luft und schrie: »Harry! Haaarry!«
Es sah nicht so aus, als würde er anhalten.
Mühevoll hatte Harry den Krater umfahren, der eine Straßenkreuzung mit geradezu unheimlicher Zielgenauigkeit zerstört hatte. Kurze Zeit später sah er am Straßenrand einen geparkten Kombi und zwei Gestalten, die hangabwärts zur Straße gelaufen kamen – eine Frau und ein kleines Mädchen.
Er hatte weder Zeit für Samariterdienste noch Platz für Mitfahrer.
Vom Straßenrand aus riefen sie ihm zu. Die Frau sah gut aus. Nicht ohne Bedauern gab er Gas.
Mit einemmal dann – »Haaarry!«
Dann stieg er vorsichtig von seiner Maschine, als habe er Angst, in Stücke zu zerbrechen, und richtete sich langsam auf. »Jeri. Melissa. Wieso seid ihr nicht bei den WagenburgLeuten?«
»Ich muß zu meinem Mann. Gott sei Dank, daß du vorbeigekommen bist, Harry! Wohin fährst du?«
Seine Antwort kam bedächtig. Er schien alles sehr langsam zu tun. »Ich war im Haus des Abgeordneten Dawson. Seine Frau ist jetzt in Dighton in Kansas, und
»Schön. Möchtest du Kakao?«
»Klar. Habt ihr denn was zum Heißmachen?«
»Einen Campingkocher, da oben am Hang.«
»Was ist mit eurem Wagen?«
»Kein Sprit.«