Читаем Gertrud / Гертруда. Книга для чтения на немецком языке полностью

Als wir glühend und lärmend das Haus verließen und den Heimweg antraten, war es noch früh am Nachmittag, doch begann es schon ein wenig zu dämmern. Wieder tollten wir wie ausgelassene Kinder durch den Schnee, ohne Eile durch den leis[15] herankommenden Abend nach der Stadt zurückkehrend. Es gelang mir, an Liddys Seite zu bleiben, zu deren Ritter ich mich aufwarf, nicht ohne Widerspruch der andern. Ich zog sie streckenweise auf meinen Schlitten und schützte sie nach Kräften vor den immer wieder versuchten Angriffen mit Schneebällen. Schließlich ließ man uns gewähren, jedes der Mädchen fand seinen Genossen, und nur zwei ledig gebliebene Herrlein zogen neckend und kriegslustig nebenher. Ich war nie so erregt und toll verliebt gewesen wie in jenen Stunden; Liddy hatte meinen Arm genommen und duldete es, dass ich sie im Gehen leise an mich zog. Dabei plauderte sie bald geschwätzig in den Abend hinein, bald schwieg sie glücklich und, wie mir schien, verheißungsvoll an meiner Seite. Ich brannte und war entschlossen, diese Gelegenheit nach Kräften zu benützen, zumindest aber diesen traulich zärtlichen Zustand solange als möglich festzuhalten. Es hatte auch niemand etwas dagegen, als ich kurz vor der Stadt noch einen Umweg vorschlug und in einen schönen Höhenweg einbog, der steil über dem Tale im Halbkreis hinlief, reich an weiten Aussichten auf das Flusstal und die Stadt, die schon mit blitzenden Laternenreihen und tausend roten Lichtern aus der Tiefe glänzte.

Liddy hing noch immer an meinem Arm und ließ mich reden, nahm meine glühenden Überschwen-glichkeiten lachend hin und schien doch selber tief erregt zu sein. Als ich sie aber mit leiser Gewalt an mich zog und küssen wollte, machte sie sich los und sprang beiseite.

»Schauen Sie«, rief sie aufatmend, »die Wiese da hinunter müssen wir schlitteln! Oder haben Sie Angst, Sie Held?«

Ich schaute hinunter und war erstaunt, denn der Abhang war so jäh, dass mir wirklich einen Augenblick vor dieser frechen Fahrt graute.

»Das geht nicht«, sagte ich leichthin, »es ist schon viel zu dunkel.«

Sofort fiel sie mit Spott und Entrüstung über mich her, nannte mich einen Hasenfuß und verschwor sich, den Hang allein hinabzufahren, wenn ich zu feig sei mitzukommen.

»Umwerfen werden wir natürlich«, meinte sie lachend, »aber das ist ja doch das Lustigste bei der ganzen Fahrerei.«

Da sie mich so reizte, kam mir ein Einfall.

»Liddy«, sagte ich leise, »wir fahren. Wenn wir umwerfen, dürfen Sie mich mit Schnee einreiben, aber wenn wir glatt hinunterkommen, will ich auch meinen Lohn haben.«

Sie lachte nur und setzte sich auf den Schlitten. Ich sah ihr in die Augen, die glühten warm und lustig, da nahm ich ganz vorn Platz, hieß sie sich an mich klammern und fuhr ab. Ich spürte, wie sie mich umfasste, ihre Hände auf meiner Brust kreuzend, und ich wollte ihr noch etwas zurufen, konnte aber nicht mehr. Die Steile war so jäh, dass ich das Gefühl hatte, in die leere Luft zu stürzen. Sofort suchte ich mit beiden Sohlen den Boden, um anzuhalten oder doch umzuwerfen, denn plötzlich war mir eine Todesangst um Liddy ins Herz gefahren. War jedoch zu spät. Der Schlitten sauste unaufhaltsam bergab, ich fühlte nur einen kalten, beißenden Schwall aufgewühlten Schneestaubes im Gesicht, dann hörte ich Liddy angstvoll schreien, dann nichts mehr. Ein ungeheurer Hieb wie von einem Schmiedehammer traf meinen Kopf, irgendwo tat es mir schneidend weh. Das letzte Gefühl, das ich hatte, war das der Kälte.

Mit dieser kurzen flotten Schlittenfahrt habe ich meine Jugendlust und Torheit gebüßt. Nachher war mit vielem anderen auch meine Liebe zu Liddy verflogen.

Dem Tumult und ängstlichen Getriebe, das auf den Unfall folgte, war ich enthoben. Für die andern war es eine peinliche Stunde. Sie hörten Liddy schreien, lachten und neckten von oben herab in die Dunkelheit hinein, erkannten endlich, dass etwas Böses geschehen sei, stiegen mühsam herab und brauchten eine Weile, bis sie aus dem Rausch und Übermut heraus zur Überlegung kamen. Liddy war bleich und halb ohnmächtig, jedoch durchaus unverletzt, nur ihre Handschuhe waren zerrissen und ihre feinen Hände etwas zerschunden und blutig. Mich trugen sie für tot hinweg[16]. Den Apfele-oder Birnbaum, an dem der Schlitten und meine Knochen zerschellt waren, habe ich später vergeblich wiederzufinden versucht.

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Джеймс Джойс – великий ирландский писатель, классик и одновременно разрушитель классики с ее канонами, человек, которому более, чем кому-либо, обязаны своим рождением новые литературные школы и направления XX века. В историю мировой литературы он вошел как автор романа «Улисс», ставшего одной из величайших книг за всю историю литературы. В настоящем томе представлена вся проза писателя, предшествующая этому великому роману, в лучших на сегодняшний день переводах: сборник рассказов «Дублинцы», роман «Портрет художника в юности», а также так называемая «виртуальная» проза Джойса, ранние пробы пера будущего гения, не опубликованные при жизни произведения, таящие в себе семена грядущих шедевров. Книга станет прекрасным подарком для всех ценителей творчества Джеймса Джойса.

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