Auf das schlimmste gefaßt machte sich Harry nach dem Abendessen auf den Weg zu Snape’s Büro. Doch auf halbem Weg durch die Eingangshalle eilte ihm Cho entgegen.
»Hier herüber,«rief Harry, dankbar für die Gelegenheit, sein Treffen mit Snape noch ein wenig hinauszuschieben, und winkte sie hinüber zu der Ecke der Eingangshalle, in der die gigantischen Sanduhren standen. Die Uhr der Gryffindors war nun nahezu leer.
»Bist du in Ordnung? Hat Umbridge dich nach dem
gefragt?
»Nein, nein,«antwortete Cho eilig,»nein, es ist nur… weißt du, ich wollte sagen… Harry, ich hätte niemals im Traum daran gedacht, das Marietta plaudern würde…«
»Ja, sicher,«erwiderte Harry übellaunig. Er war der Meinung, das Cho ihre Freunde sorgfältiger hätte aussuchen sollen; es war nur ein schwacher Trost für ihn, das, soweit er wußte, Marietta immer noch im Krankenflügel lag und Madam Pomfrey noch nicht den kleinsten Fortschritt bei der Entfernung ihrer Pickel gemacht hatte.
»Eigentlich ist sie wirklich sehr nett,«sagt Cho unvermittelt,»sie hat halt einen Fehler gemacht -«
Harry schaute sie ungläubig an.
»Aber… wir sind alle davongekommen, oder?«sagte Cho bittend,»du weißt, das ihre Mutter für das Ministerium arbeitet, es ist wirklich nicht leicht für sie -«
»Ron«s Vater arbeitet auch für das Ministerium,«gab Harry wütend zurück,»und falls du es noch nicht bemerkt hast, ihm steht nicht»Verräter«auf der Stirn geschrieben -«
»Das war eine wirklich gemeine List von dieser Hermine Granger,«zischte Cho scharf,»sie hätte uns warnen müssen, das sie diese Liste verzaubert hat -«
»Ich fand es war eine brillante Idee,«sagte Harry kalt. Cho lief rot an und ihre Augen blitzten.
»Ach ja, ich vergaß – natürlich, wenn es Schätzchen
»Fang nicht wieder an zu weinen,«warnte Harry sie.
»Hatte ich nicht vor!«schrie sie.
»Ja… na dann… gut,» sagte er.»Ich muß mich im Augenblick schon mit genug Dingen herumschlagen.«
»Dann geh«und schlag dich mal schön!«sagte Cho wütend, macht auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.
Wutentbrannt ging Harry die Treppen zu Snapes Kerker hinab. Aus Erfahrung wußte er, daß Snape sehr viel leichter in seine Gedanken eindringen können würde, wenn er derartig wütend und aufgebracht war. Trotzdem gelang es ihm bis er die Kerkertür erreichte lediglich, sich noch ein paar Dinge auszudenken, die er Cho über Marietta hätte sagen sollen.
»Du bist spät dran, Potter,«sagte Snape kühl, als Harry die Tür hinter sich schloss.
Snape stand mit dem Rücken zu Harry und zog, wie üblich, einige seiner Gedanken aus seinem Kopf und tat sie sorgfältig in Dumbledores Denkarium. Er ließ den letzten silbrigen Strang in das Steinbecken sinken und wandte sich Harry zu.
»So,«sagte er.»Hast du geübt?«
»Ja,«log Harry, wobei er darauf achtete, auf eines der Beine von Snapes Schreibtisch zu blicken.
»Na, wir werden es bald herausfinden, nicht wahr?«sagte Snape sanft.»Zauberstab heraus, Potter.«
Harry begab sich in seine gewohnte Haltung, Snape zugewandt, der Schreibtisch zwischen ihnen. Sein Herz schlug schnell aus Ärger über Cho und Angst davor, wie viel Snape aus seinen Gedanken herausbekommen würde.
»Auf drei dann,«sagte Snape leichthin.»Eins – zwei -«
Die Tür von Snapes Büro wurde mit einem Knall geöffnet und Malfoy stürmte herein.
»Professor Snape – oh – Entschuldigung -«.Malfoy sah Snape und Harry leicht überrascht an.
»Ist schon in Ordnung, Draco,«sagte Snape und senkte seinen Zauberstab.»Potter nimmt ein wenig Nachhilfe in Zaubertränke.«
Harry hatte Malfoy nicht so erfreut gesehen seit Umbridge aufgetaucht war, um Hagrid zu überprüfen.
»Das wußte ich nicht,«sagte er, grinste Harry, der wußte daß sein Gesicht feuerrot war, hämisch an. Er hätte eine Menge dafür gegeben, Malfoy die Wahrheit ins Gesicht sagen zu können – oder, noch besser, ihm einen anständigen Fluch entgegenschleudern zu können.
»Also Draco, was gibt es?«fragte Snape.
»Es geht um Professor Umbridge – sie braucht Ihre Hilfe, Professor,«sagte Malfoy.
»Sie haben Montague gefunden, Professor, er ist eingesperrt in einer Toilette im vierten Stock aufgetaucht.«
»Wie ist er da hinein gekommen?«wollte Snape wissen.
»Keine Ahnung, Professor, er ist ein wenig durcheinander.«
»Schön, schön. Potter,» sagt Snape,» wir werden diese Lektion morgen Abend wieder aufnehmen.«
Er drehte sich um und fegte aus seinem Büro. Hinter Snapes Rücken formte Malfoy mit seinen Lippen zu Harry gewandt die Worte
Kochend vor Wut steckte Harry seinen Zauberstab zurück in seinen Umhang und wandte sich zum gehen. Zumindest hatte er vierundzwanzig weitere Stunden zum Üben; ihm war bewusst, daß er für sein knappes Entkommen dankbar sein sollte, obwohl der Preis dafür mit Malfoy, der der ganzen Schule verkünden würde, daß er Nachhilfe in Zaubertränke bekam, sehr hoch war.