»Nein!«, antwortete ich hastig. »Ich... Es tut mir leid. Es ist alles so verwirrend. Ich weiß selbst nicht mehr, was ich noch glauben soll.«
»Das verstehe ich gut«, antwortete Kennedy. »Wir werden herausfinden, was wirklich passiert ist, John, das verspreche ich Ihnen. Und wir werden die Täter bestrafen. Ganz egal, wer sie sind.« Einen Moment blieb es still und diese Pause sagte mir mehr als alle Worte, dass der Tod seines Bruders diesen Mann keineswegs so ungerührt gelassen hatte, wie es zunächst schien. »Aber es ist gut, dass Sie anrufen, John«, fuhr er schließlich in beherrschtem Tonfall fort. »Ich brauche Ihre Hilfe. Geht es Ihnen und Kimberley gut?«
»Ja«, antwortete ich. »Was kann ich tun?«
»Unser Beweis ist immer noch in Dallas«, sagte Kennedy knapp.
Im ersten Moment verstand ich nicht einmal, wovon er sprach; aber dann erschrak ich bis ins Mark. »Die Folie?«, keuchte ich. »Das Trümmerstück aus Bachs Amulett?«
»John hat es jemandem in Verwahrung gegeben«, bestätigte Kennedy. »In der Nacht, bevor er starb. Wir müssen es zurückhaben. Und im Moment sind Sie so ziemlich der einzige Mensch auf der Welt, dem ich in dieser Angelegenheit noch trauen kann. Und... da ist noch etwas.«
»Sir?«, fragte ich. Das Zögern in seinen Worten gefiel mir nicht.
»Ich habe Bach gesehen«, antwortete Kennedy. »Ich habe nur ein sehr altes, schlechtes Foto von ihm, aber ich bin fast sicher, dass er es war.«
»Wo?«, fragte ich. »Wann?«
»Vor einer Stunde auf dem Flughafen«, antwortete Kennedy. »Ich habe das Gefühl, dass er versuchte, Johns persönliche Sachen zu durchsuchen. Sie wissen, was das bedeutet, wenn es wahr ist.«
Mein Mund war plötzlich ganz trocken. Ich hatte Mühe, zu antworten. »Er weiß, dass wir das Artefakt haben.«
»Wir sollten lieber davon ausgehen, dass es so ist, ja«, antwortete Kennedy. »Sie müssen schnell handeln, John. So lange er das Trümmerstück noch in unserem Besitz vermutet, sind Sie einigermaßen sicher. Aber Bach ist nicht dumm. Ich glaube nicht, dass Ihnen viel Zeit bleibt. Unser Vertrauensmann erwartet Sie morgen Vormittag im Hotel TEXAS in Fort Worth. Zimmer 422.«
»Ich werde da sein«, versprach ich.
»Gut, John. Seien Sie vorsichtig. Und... viel Glück.«
Die Verbindung wurde unterbrochen. Ich starrte den Hörer in meiner Hand noch einen schweren Herzschlag lang an, dann hängte ich ein und verließ die Telefonzelle.
Kim schlief, als ich in unser Zimmer zurückkehrte. Ich hatte einen großen Umweg gemacht, nicht nur, um vom Restaurant aus nicht mehr gesehen zu werden, sondern auch, um noch ein wenig Zeit für mich zu gewinnen, in der ich meine Gedanken ordnen konnte.
Es hatte nichts genutzt. Ich fühlte mich verunsicherter und verstörter als vor meinem Gespräch mit Kennedy und ich wusste weniger denn je, was ich tun sollte. Kennedys Worte hatten mir nicht einmal Aufschluss über die Frage gegeben, ob Bach und Majestic nun wirklich etwas mit dem Attentat auf seinen Bruder zu tun hatten oder nicht. Zweifellos wusste Bach mittlerweile, dass wir ihm das Trümmerstück gestohlen hatten: Ein Bruchstück des UFOs, das vor sechzehn Jahren in der Nähe von Roswell abgestürzt war und das er seither in einem Medaillon auf der Brust bei sich trug. Und ebenso zweifellos wusste er auch, wem wir dieses Trümmerstück zusammen mit anderen Informationen über Majestic-12 zugespielt hatten – und warum. Das alles jedoch war noch lange kein Beweis, dass Bach tatsächlich hinter dem Anschlag auf Kennedy steckte. Ebenso gut konnte er versuchen, die momentane Verwirrung auszunutzen, um sein Eigentum zurückzubekommen.
Ich schaltete kein Licht ein, als ich das Motelzimmer betrat, sondern tastete mich im Halbdunkeln zum Nachttisch, nahm den Fahrplan, den ich vorhin darauf gesehen hatte, und ging damit ins Bad. Bevor ich den Lichtschalter betätigte, schloss ich sorgsam die Tür. Ich wollte Kim nicht wecken. Nach allem, was hinter uns lag, hatte sie jede Minute Schlaf bitter nötig.
Der nächste Bus in Richtung Dallas ging in einer halben Stunde; Zeit genug, unser weniges Gepäck zusammenzupacken und ihn zu erreichen. Aber das hätte bedeutet, mitten in der Nacht dort anzutreffen, in einer Stadt, die sich vermutlich in einer Mischung aus Hysterie und Lähmung befand und in der man jedem Fremden mit Misstrauen und Argwohn begegnete. Und dazu kamen noch Bach und seine Leute. Es war besser, wir verbrachten die Nacht hier und gestalteten unseren Aufenthalt in Dallas so kurz wie möglich.