K u r t: So, Freunde, jetzt gibt es in unserem Film wenigstens eine Lachsalve!
H e r t a: Nadja, sagen Sie dem netten jungen Mann, was «Beruf» ist. Und sagen Sie ihm, wie wir davon begeistert sind, daß hier in der Sowjetunion alle Menschen lernen. Und daß wir ihm viel Erfolg wünschen, beim Studium und — im Beruf!
Diesen Abend verbrachten Kurt, Herta und natürlich mit ihnen auch Nadja im Filmklub. Das ist uns schon bekannt, denn wir haben ja schon den Brief gelesen, den Herta noch spät in der Nacht an ihre Mutter schrieb.
Um 10 Uhr kehrten sie ins Hotel Berlin zurück, wo wir, d. h. mein Freund Kornejew und ich, uns schon zur «Nadja-Stunde» eingefunden hatten.
Es geht dem Ende zu. Nadja wird immer trauriger. «Kopf hoch 6, Mädchen!» sage ich zu ihr. «Was ist denn los?» Sie schweigt. Dann sagt sie langsam: «Wie werde ich weiter leben können, ohne meine Nadja-Stunden?»
Ich beginne zu lachen, höre aber sofort auf, denn Nadjas Gesicht bleibt ernst. Zwar versucht sie in der fünften «Nadja-Stunde» lustig zu sein und Spaß zu machen, aber — es gelingt ihr nicht ganz. Nun gut, hören wir, was da geschah.
1 auf der Bärenhaut liegen — бить баклуши, бездельничать
2 im Berufe stehen —
3 ein ganzer Mensch sein — быть настоящим человеком
4 seinen Beruf verfehlen — ошибиться в выборе профессии
5 Tränen lachen — смеяться до слёз
6 Kopf hoch! — Выше голову!
1) Jacke wie Hose 1
N a d j a: Das Thema der heutigen Stunde ist die Kleidung. Beginnen wir mit der Redewendung «Das ist Jacke wie Hose» oder auch «Das ist Hose wie Jacke». Da haben wir gleich zwei Teile der Kleidung des Mannes oder der modernen Frau. Ich verstehe nur eines nicht: Jacken und Hosen sind doch verschiedene Sachen. Warum bedeuten sie denn hier dasselbe?
H e r t a: Weil sie meist aus einem Stoff und einer Farbe sind.
K o r n e j e w: Es gibt noch eine Redewendung mit «Hose», die man auch oft hören kann. Wenn eine Frau sehr energisch ist, energischer als die männlichen Mitglieder der Familie, und wenn sie gern kommandiert, so sagt man «sie hat die Hosen an 2».
N a d j a: Das schreibe ich mir auf. Es ist sicher eine alte Redewendung, denn heutzutage ist es nichts Besonderes, wenn eine Frau Hosen anhat. Früher kam das nicht vor.
2) Gehupft wie gesprungen 3
K o r n e j e w: Ich kenne noch ein Synonym zu «Jacke wie Hose».
N a d j a: Sie meinen wohl «Das ist gehupft wie gesprungen»? Ja?
K o r n e j e w: Richtig. Das bedeutet auch: Es ist ein und dasselbe.
N a d j a: Aber warum sagt man «gehupft» und nicht «gehüpft»? Das Verb heißt doch «hüpfen»!
K o r n e j e w: Das ist eine veraltete Form. In der Redewendung hat sie sich erhalten. In den süddeutschen Dialekten übrigens auch.
N a d j a: lch darf also nicht sagen «Die Kinder hupfen», nicht wahr?
K o r n e j e w: Nein, das ist falsch. Sie «hüpfen».
N a d j a: Und ist «hüpfen» oder «hupfen» und «springen» wirklich ein und dasselbe? Sind das Synonyme?
1 Das ist Jacke wie Hose (Das ist Hose wie Jacke). — Это одно и то же. Что в лоб, что по лбу.
2 sie hat die Hosen an — она заправляет всеми делами в доме
3 Das ist gehupft wie gesprungen, — Это одно и то же. Что в лоб, что по лбу.
K u r t: Ja, aber nicht ganz. Sie werden verschieden gebraucht. Man hüpft auf einem Bein oder auf zwei Beinen; Kinder hüpfen vor Freude; es gibt Volkstänze, bei denen man hüpfen muß; ein Frosch hüpft. Aber: man springt über einen Graben, ins Wasser, man springt hoch oder weit.
3) Wo drückt dich der Schuh? 1
N a d j a: Wir sind ja von unserem Thema «Kleidung» ganz abgekommen. Ich gebe ein neues Stichwort: der Schuh. Wer weiß etwas? — Niemand? Nun, dann sage ich selbst etwas: «Mich drückt der Schuh.»
H e r t a: Dann gehen wir eben morgen früh in einen Schuhladen und kaufen Ihnen neue, gute Schuhe, die nicht drücken.
N a d j a: Meine Schuhe sind in Ordnung. Ich meine es nicht wörtlich, sondern im übertragenen Sinn.
A u t o r: Dann hast du dich falsch ausgedrückt, Nadja. So sagt man nicht. Aber man kann z. B. sagen: Jeder weiß, wo ihn der Schuh drückt — каждый знает своё слабое место.
K u r t: Richtig. Oder auch so: Sie sehen, daß Ihr Freund Sorgen hat, die er Ihnen nicht mitteilt. Da sagen Sie: «Was fehlt dir? 2 Wo drückt dich der Schuh?»
4) Wer hängt den Mantel nach dem Wind?
N a d j a: Jetzt kommt der «Mantel» an die Reihe.
H e r t a: Da gibt es eine bekannte Redewendung: seinen Mantel nach dem Winde hängen 3. Kennen Sie die?
N a d j a: Ja. Держать нос по ветру. Aber wer hängt denn seinen Mantel nach dem Winde?
K u r t: Wer ohne Prinzipien handelt.
H e r t a: Wer an seine eigenen Interessen denkt.
N a d j a: Und was hat ein Mantel damit zu tun?
K o r n e j e w: Bei windigem Wetter hängt ein Wanderer einen Mantel nach der Seite, woher der Wind weht. So wird es erklärt. Ursprünglich bedeutete das nichts Schlechtes.