Читаем Narziss und Goldmund / Нарцисс и Гольдмунд. Книга для чтения на немецком языке полностью

Inzwischen versuchte er, auf die Schmerzen nicht achtend, mit seinen Zähnen an den Stricken zu arbeiten. Mit wütender Anstrengung brachte er es nach grausam langer Zeit dahin, dass sie ihm ein wenig gelockert schienen. Er stand keuchend in der Nacht seines Gefängnisses, die verschwollenen Arme und Hände taten sehr weh. Als er wieder zu Atem gekommen war, schlich er tastend die Mauer entlang, immer weiter, durchforschte Schritt um Schritt die feuchte Kellerwand, ob er keine vorspringende Kante finde. Da fielen die Stufen ihm ein, über die er in dies Verlies gestolpert war. Er suchte und fand sie. Er kniete nieder und versuchte, den Strick an einer der steinernen Stufenkanten zu reiben. Es ging schwer, immer trafen statt des Stricks seine Handknöchel auf den Stein, es schmerzte wie Feuer, er fühlte das Blut rinnen. Doch ließ er nicht nach. Als schon zwischen Tor und Schwelle ein kläglich dünner Streifen grauen Morgenscheines zu sehen war, hatte er es erreicht. Der Strick war durchgerieben, er konnte ihn lösen, er hatte die Hände frei! Nachher aber konnte er kaum einen Finger bewegen, die Hände waren verschwollen und abgestorben, und die Arme waren bis in die Schultern hinauf steif verkrampft. Er musste sie üben, er zwang sie zu Bewegungen, damit das Blut sie wieder durchströme. Denn er hatte jetzt einen Plan, der ihm gut schien.

Sollte er es gar nicht erreichen können, dass der Pfaffe ihm half, nun dann musste er, falls man den Mann auch nur die kleinste Weile mit ihm allein ließ, ihn totschlagen. Mit einem der Stühle würde es gehen. Erwürgen konnte er ihn nicht, dazu war nicht Kraft genug in Händen und Armen. Also ihn erschlagen, schnell sein Priesterkleid umnehmen und darin entkommen! Bis die andern den Totgeschlagenen fanden, musste er aus dem Schlosse sein, und dann laufen, laufen! Marie wurde ihn hereinlassen und verbergen. Er musste es versuchen. Es war möglich.

Noch nie in seinem Leben hatte Goldmund das Morgengrauen so beobachtet, erharrt, ersehnt und doch gefürchtet wie in dieser Stunde. Bebend vor Spannung und Entschlossenheit äugte er mit Jägeraugen, wie der elende Lichtspalt unterm Tor langsam, langsam heller wurde. Er kehrte zum Tisch zurück und übte sich darin, so mit den Händen zwischen den Knien auf der Stabelle zu hocken, dass man das Fehlen seiner Fesseln nicht gleich bemerken konnte. Seit seine Hände frei waren, glaubte er nicht mehr an den Tod. Er war entschlossen durchzukommen, und wenn die ganze Welt dabei in Scherben ging. Er war entschlossen zu leben, um jeden Preis. Seine Nase bebte vor Begierde nach Freiheit und Leben. Und wer weiß, vielleicht kam man ihm von draußen zu Hilfe! Agnes war ein Weib, und ihre Macht reichte nicht weit, vielleicht auch nicht ihr Mut, es war möglich, dass sie ihn preisgab. Aber sie liebte ihn, vielleicht konnte sie doch etwas tun. Vielleicht schlich draußen die Zofe Berta – und gab es nicht auch noch einen Reitknecht, von dem sie meinte, dass Verlaß auf ihn sei[108]? Und wenn niemand erschien und ihm kein Zeichen gegeben würde, nun, dann führte er seinen Plan aus. Missglückte er, so schlug er mit dem Stuhl die Wächter tot, zwei oder drei oder wie viele eben kamen. Eines Vorteils war er gewiss: seine Augen hatten sich an den finsteren Raum gewöhnt, jetzt in der Dämmerung erkannte er ahnend alle Formen und Maße, während die anderen hier zuerst ganz blind sein würden.

Fiebernd hockte er nun am Tisch, genau überlegend, was er dem Priester zu sagen habe, um ihn als Helfer zu gewinnen, denn damit musste begonnen werden. Zugleich beobachtete er gierig das bescheidene Wachsen des Lichtes in der Spalte. Den Augenblick, den er vor Stunden so sehr gefürchtet hatte, ersehnte er jetzt mit Inbrunst, kaum konnte er ihn mehr erwarten, die furchtbare Spannung ließ sich nicht lange mehr ertragen. Auch mussten ja seine Kräfte, seine Aufmerksamkeit, seine Entschlusskraft und Wachheit allmählich wieder abnehmen. Der Wärter mit dem Priester musste bald kommen, solang diese gespannte Bereitschaft, dieser entschlossene Wille zur Rettung noch in der Blüte stand.

Endlich erwachte draußen die Welt, endlich näherte sich der Feind. Es hallten Schritte auf dem Hofpflaster, es wurde der Schlüssel ins Loch gesteckt und gedreht, jeder dieser Laute klang nach der langen Todesstille laut wie Donner.

Und jetzt öffnete sich langsam das schwere Tor ein Stückchen weit und kreischte in den Angeln. Herein kam ein Geistlicher, ohne Begleitung, ohne Wächter. Allein kam er herein, einen Leuchter mit zwei Kerzen tragend. Nun war alles wieder anders, als der Gefangene es sich gedacht hatte.

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