Читаем Narziss und Goldmund / Нарцисс и Гольдмунд. Книга для чтения на немецком языке полностью

»Das mag so sein«, sagte Narziss, »und keiner von uns kann den andern dann ganz verstehen. Gemeinsam aber ist allen Menschen, die des guten Willens sind, dieses dass unsere Werke uns am Ende beschämen, dass wir immer wieder von vorn beginnen müssen, dass das Opfer immer neu gebracht werden muss.«

Einige Wochen später war Goldmunds große Arbeit fertig und aufgestellt. Es wiederholte sich, was er schon längst erlebt hatte: sein Werk ging in den Besitz der andern über, ward betrachtet, beurteilt, gelobt, man rühmte ihn und erwies ihm Ehre, sein Herz aber und seine Werkstatt standen leer, und er wusste nicht mehr, ob das Werk des Opfers wert gewesen sei. Am Tag der Enthüllung war er bei den Patres zur Tafel geladen, es gab ein Festmahl und den ältesten Wein des Hauses; Goldmund schluckte den guten Fisch und das Wildbret, und mehr als der alte Wein erwärmte ihn die Teilnahme und Freude, mit welcher Narziss sein Werk und seine Ehrung begrüßte.

Eine neue Arbeit, vom Abt gewünscht und bestellt, war schon entworfen, ein Altar für die Marienkapelle in Neuzell, die dem kloster gehörte und in der ein Mariabronner Pater als Priester amtete. Für diesen Altar wollte Goldmund eine Marienfigur machen und wollte in ihr eine der unvergesslichen Gestalten seiner Jugend verewigen, die schöne ängstliche Ritterstochter Lydia. Im übrigen war dieser Auftrag ihm wenig wichtig, er schien ihm aber geeignet, dass Erich sein Gesellenstück an ihm machte. Bewährte sich Erich, so würde er an ihm für immer einen guten Mitarbeiter haben, der ihn ersetzen konnte und ihn für jene Arbeiten freimachte, die allein ihm noch am Herzen lagen. Jetzt suchte er mit Erich die Hölzer für den Altar aus und ließ ihn sie herrichten. Oft ließ Goldmund ihn allein, er hatte das Streifen und die weiten Waldgänge wieder angefangen; als er einmal mehrere Tage ausblieb, meldete Erich es dem Abt, und auch der Abt fürchtete ein wenig, er möchte sich für immer davongemacht haben. Er kam indessen zurück, arbeitete eine Woche lang an der Lydiafigur, dann fing er wieder an zu schweifen.

Er hatte Sorgen; seit dem Fertig werden der großen Arbeit war sein Leben in Unordnung, er versäumte die Frühmesse, er war tief unruhig und unzufrieden. Viel dachte er jetzt an den Meister Nikiaus und ob nicht bald auch er selbst so werden würde, wie Nikiaus war, fleißig und bieder und kunstfertig, aber unfrei und unjung. Kürzlich hatte ein kleines Erlebnis ihn nachdenklich gemacht. Auf seinen Streifen hatte er ein junges Bauernmädchen namens Franziska gefunden, die ihm sehr gefiel, so dass er sich Mühe gab, sie zu bezaubern, und alle seine einstigen Werbekünste anwandte. Das Mädchen hörte sein Geplauder gern, sie lachte beglückt zu seinen Witzen, aber seine Werbungen lehnte sie ab, und zum erstenmal spürte er, dass er einem jungen Weibe alt erscheine. Er war nicht mehr hingegangen, aber er hatte es nicht vergessen. Franziska hatte recht, er war anders geworden, er fühlte es selbst, und zwar waren es nicht die paar verfrühten grauen Haare und die paar Falten um die Augen, es war mehr etwas im Wesen, im Gemüt;

er fand sich alt, er fand sich dem Meister Nikiaus unheimlich ähnlich geworden. Mit Unwillen beobachtete er sich selber und zuckte die Achseln über sich; er war unfrei und sesshaft geworden, er war kein Adler und kein Hase mehr, er war ein Haustier geworden. Trieb er sich draußen herum, so suchte er den Duft der Vergangenheit, das Gedächtnis seiner einstigen Wanderschaft mehr als neue Wanderung und neue Freiheit, er suchte sehnlich und misstrauisch danach wie ein Hund nach einer verlorengegangenen Witterung. Und war er einen Tag oder zwei draußen gewesen, hatte er ein wenig gebummelt und gefeiert, so zog es ihn unweigerlich wieder zurück, er hatte ein schlechtes Gewissen, er fühlte die Werkstatt warten, er fühlte sich für den begonnenen Altar, für das vorbereitete Holz, für den Gehilfen Erich verantwortlich. Er war nicht mehr frei, er war nicht mehr jung. Fest nahm er sich vor: wenn die Lydia-Maria fertig wäre, wollte er eine Reise antreten und es noch einmal mit dem Wanderleben probieren. Es war nicht gut, so lange in einem Kloster und bei lauter Männern zu leben. Für Mönche mochte es gut sein, für ihn aber nicht. Mit Männern konnte man schön und klug sprechen, und sie hatten Verstand für die Arbeit eines Künstlers, aber alles andere, das Schwatzen, das Zärtlichsein, das Spiel, die Liebe, das Behagen ohne Gedanken – das gedieh unter Männern nicht[119], dazu brauchte es Frauen und Wanderung und Schweifen und immer neue Bilder. Es war alles hier um ihn her ein wenig grau und ernsthaft, ein wenig schwer und männlich, und er war davon angesteckt, es war ihm ins Blut gekrochen.

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