Читаем Narziss und Goldmund / Нарцисс и Гольдмунд. Книга для чтения на немецком языке полностью

Auch Goldmund grübelte viel. So sehr er der herzlichen Liebe seines Freundes sich sicher fühlte, er hatte doch immer wieder das lästige Gefühl, von ihm nicht ernst genug genommen und immer ein wenig wie ein Kind behandelt zu werden. Und was bedeutete das, dass der Freund ihm immer wieder zu verstehen gab, er sei nicht seinesgleichen?

Indessen füllte dies Grübeln Goldmunds Tage nicht aus. Lange zu grübeln, das vermochte er nicht. Es gab anderes zu tun den langen Tag hindurch. Er steckte oft beim Bruder Pförtner, mit dem stand er sehr gut. Er erbettelte und erlistete sich immer einmal wieder die Gelegenheit, eine Stunde oder zwei auf dem Pferde Bless zu reiten, und sehr beliebt war er bei den paar Umsassen des Klosters, namentlich beim Müller; oft lauerte er mit dessen Knecht dem Fischotter auf, oder sie buken Fladen aus dem feinen Prälatenmehl, das Goldmund geschlossenen Auges, nur am Geruch, aus allen Mehlarten herauskannte. War er auch viel mit Narziss zusammen, es blieben doch manche Stunden, in denen er seinen alten Gewohnheiten und Freuden nachging. Auch die Gottesdienste waren ihm meistens eine Freude, gerne sang er im Chor der Schüler mit, gern betete er einen Rosenkranz vor einem Lieblingsaltar, hörte das schöne, feierliche Latein der Messe, sah im Weihrauchgewölk das Gold der Geräte und Zierate funkeln und die stillen, ehrwürdigen Heiligenfiguren auf den Säulen stehen, die Evangelisten mit den Tieren, den Jakobus[32] mit Hut und Pilgertasche.

Von diesen Gestalten fühlte er sich angezogen, diese steinernen und hölzernen Figuren dachte er sich gerne in geheimnisvoller Beziehung zu seiner Person, etwa als unsterbliche allwissende Paten, Beschützer und Wegweiser seines Lebens. Ebenso spürte er eine Liebe und eine geheime holde Beziehung zu den Säulen und Kapitalen[33] der Fenster und Türen, den Ornamenten der Altäre, zu diesen schön profilierten Stäben und Kränzen, zu diesen Blumen und krautig wuchernden Blättern, die aus dem Stein der Säulen brachen und sich so sprechend und eindringlich falteten. Es schien ihm ein wertvolles, inniges Geheimnis: dass es außer der Natur, ihren Pflanzen und Tieren noch diese zweite, stumme, von Menschen gemachte Natur gab, diese Menschen, Tiere und Pflanzen aus Stein und Holz. Nicht selten brachte er eine Freistunde damit hin, diese Figuren, Tierköpfe und Blätterbündel nachzuzeichnen, und auch wirkliche Blumen, Pferde, Menschengesichter versuchte er manchmal zu zeichnen.

Und sehr liebte er die Kirchengesänge, namentlich die Marienlieder. Er liebte den festen strengen Gang dieser Gesänge, ihre immer wiederkehrenden Anflehungen und Lobpreisungen. Er konnte ihrem ehrwürdigen Sinn anbetend folgen oder konnte auch, des Sinnes vergessend, nur die feierlichen Maße dieser Verse lieben und sich von ihnen erfüllen lassen, von den langgezogenen tiefen Tönen, von den vollen tönenden Vokalen, von den frommen Wiederholungen. Im innersten Herzen liebte er nicht die Gelehrsamkeit, nicht Grammatik und Logik, obwohl auch sie ihre Schönheit hatten, sondern mehr liebte er die Bilderund und Klangwelt der Liturgie.

Immer wieder unterbrach er auch für Augenblicke die zwischen ihm und den Mitschülern eingetretene Entfremdung. Auf die Dauer war es ihm ärgerlich und langweilig, von Ablehnung und Kühle umgeben zu sein; immer wieder brachte er einen mürrischen Pultnachbarn zum Lachen, einen schweigsamen Bettnachbarn zum Plaudern, gab sich eine Stunde lang Mühe, warb und war lieb und gewann ein paar Augen, ein paar Gesichter, ein paar Herzen für eine Weile für sich zurück. Zweimal erreichte er es durch solche Annäherungen, sehr wider seine Absicht, dass er wieder aufgefordert wurde, mit »ins Dorf zu gehen«. Da erschrak er und zuckte rasch zurück. Nein, er ging nicht mehr ins Dorf, und es war ihm gelungen, das Mädchen mit den Zöpfen zu vergessen, ihrer nie mehr zu gedenken, oder doch beinahe nie mehr.

VIertes Kapitel

Lange hatten Narzissens Belagerungsversuche das Geheimnis Goldmunds uneröffnet gelassen. Lange hatte er scheinbar vergeblich sich bemüht, ihn zu erwecken, ihn die Sprache zu lehren, in der das Geheimnis mitteilbar wäre.

Was der Freund ihm von seiner Herkunft und Heimat erzählt hatte, hatte kein Bild ergeben. Es war da ein schattenhafter, gestaltloser, aber verehrter Vater, und dann die Sage von einer schon vor langer Zeit verschollenen oder umgekommenen Mutter, die nur noch ein blasser Name war. Allmählich hatte Narziss, im Seelenlesen bewandert, erkannt, dass sein Freund zu den Menschen gehöre, welchen ein Stück aus ihrem Leben verlorengegangen ist, welche unter dem Druck irgendeiner Not oder Bezauberung sich dazu verstehen mussten, einen Teil ihrer Vergangenheit zu vergessen. Er sah ein, dass bloßes Befragen und Belehren hier unnütz sei; er sah auch, dass er allzusehr an die Macht der Vernunft geglaubt und viel vergebens geredet habe.

Перейти на страницу:

Все книги серии Чтение в оригинале (Каро)

Похожие книги

Соглядатай
Соглядатай

Написанный в Берлине «Соглядатай» (1930) – одно из самых загадочных и остроумных русских произведений Владимира Набокова, в котором проявились все основные оригинальные черты зрелого стиля писателя. По одной из возможных трактовок, болезненно-самолюбивый герой этого метафизического детектива, оказавшись вне привычного круга вещей и обстоятельств, начинает воспринимать действительность и собственное «я» сквозь призму потустороннего опыта. Реальность больше не кажется незыблемой, возможно потому, что «все, что за смертью, есть в лучшем случае фальсификация, – как говорит герой набоковского рассказа "Terra Incognita", – наспех склеенное подобие жизни, меблированные комнаты небытия».Отобранные Набоковым двенадцать рассказов были написаны в 1930–1935 гг., они расположены в том порядке, который определил автор, исходя из соображений их внутренних связей и тематической или стилистической близости к «Соглядатаю».Настоящее издание воспроизводит состав авторского сборника, изданного в Париже в 1938 г.В формате PDF A4 сохранён издательский дизайн.

Владимир Владимирович Набоков

Классическая проза ХX века
Аполлон
Аполлон

Лучше сто раз разбиться, чем никогда не летать. Я всегда придерживался этого девиза. Я привык гореть не только в кадре, но и в жизни. Экстрим, гонки без правил, сложные трюки, безумные девчонки. Я думал так будет всегда, пока однажды не очутился в центре совершенно нереальной истории: стал главным героем сценария Каролин Симон, о существовании которой не подозревал, в то время, как она знала обо мне всё! Возможно объяснение скрывается в дружбе сценариста и Ари Миллер – единственной девушки-каскадёра, работающей в моем клубе. Точный ответ может дать только Каролин, но она исчезла при весьма загадочных обстоятельствах…КАРОЛИН: Мы разделили территорию. Она владеет его телом, я – сердцем.   Главный герой Марк Красавин присутствовал в романе «По ту сторону от тебя». Действия разворачиваются спустя два года после описанных в вышеуказанном романе событий.

Алекс Д , Алекс Джиллиан , Аркадий Тимофеевич Аверченко , Владимир Наумович Михановский

Любовные романы / Классическая проза ХX века / Научная Фантастика / Романы