| Zweitens liegt hierin, daß der selbstbewußte Mensch, insofern er die geistige Welt – oder das geistige allgemeine Dasein seiner Welt als Selbstentäusserung erkannt und aufgehoben hat, er dieselbe dennoch wieder in dieser entäusserten Gestalt bestätigt und als sein wahres Dasein ausgiebt, sie wiederherstellt, in seinem Anderssein als solchem bei sich zu sein vorgiebt, also nach Aufhebung z.B. der Religion, nach der Erkennung der Religion als eines Products der Selbstentäusserung dennoch in der Religion als Religion sich bestätigt findet. Hier ist die Wurzel des falschen Positivismus Hegels oder seines nur scheinbaren Kriticismus; was Feuerbach als Setzen, Negiren und Wiederherstellen der Religion oder Theologie bezeichnet, was aber allgemeiner zu fassen ist. Also die Vernunft ist bei sich in der Unvernunft als Unvernunft. Der Mensch, der in Recht, Politik etc ein entäussertes Leben zu führen erkannt hat, führt in diesem entäusserten Leben als solchem sein wahres menschliches. Die Selbstbejahung, Selbstbestätigung im Widerspruch mit sich selbst, sowohl mit dem Wissen, als mit dem Wesen des Gegenstandes, ist also das wahre Wissen und Leben.
Von einer Accommodation Hegels gegen Religion, Staat etc kann also keine Rede mehr sein, da diese Lüge die Lüge seines Princips ist. |
|XXIX| Wenn ich die Religion als entäussertes menschliches Selbstbewußtsein weiß, so weiß ich also in ihr als Religion nicht mein Selbstbewußtsein, sondern mein entäussertes Selbstbewußtsein in ihr bestätigt. Mein sich selbst, seinem Wesen angehöriges Selbstbewußtsein weiß ich also dann nicht in der Religion, sondern vielmehr in der vernichteten, aufgehobnen Religion bestätigt.
Bei Hegel ist die Negation der Negation daher nicht die Bestätigung des wahren Wesens, eben durch Negation des Scheinwesens, sondern die Bestätigung des Scheinwesens oder des sich entfremdeten Wesens in seiner Verneinung oder die Verneinung dieses Scheinwesens als eines gegenständlichen, ausser dem Menschen hausenden und von ihm unabhängigen Wesens und seine Verwandlung in das Subjekt.
Eine eigentümliche Rolle spielt daher das Aufheben, worin die Verneinung und die Aufbewahrung, die Bejahung verknüpft sind.
So z.B. ist in Hegels Rechtsphilosophie das aufgehobne Privatrecht = Moral, die aufgehobne Moral = Familie, die aufgehobne Familie = bürgerlicher Gesellschaft, die aufgehobne bürgerliche Gesellschaft gleich Staat, der aufgehobne Staat = Weltgeschichte. In der Wirklichkeit bleiben Privatrecht, Moral, Familie, bürgerliche Gesellschaft, Staat, etc bestehn, nur sind sie zu Momenten geworden, zu Existenzen und Daseinsweisen d[es] Menschen, die nicht isolirt gelten, sich wechselseitig auflösen und erzeugen etc, Momente der Bewegung. /
/ In ihrer wirklichen Existenz ist dieß ihr bewegliches Wesen verborgen. Zum Vorschein, zur Offenbarung kömmt es erst im Denken, in der Philosophie und darum ist mein wahres religiöses Dasein mein religionsphilosophisches Dasein, mein wahres politisches Dasein mein rechtsphilosophisches Dasein, mein wahres natürliches Dasein das naturphilosophische Dasein, mein wahres künstlerisches Dasein das kunstphilosophische Dasein, mein wahres menschliches Dasein mein philosophisches Dasein. Eben so ist die wahre Existenz von Religion, Staat, Natur, Kunst = die Religions- Natur- Staats- Kunstphilosophie. Wenn aber mir die Religionsphilosophie etc nur das wahre Dasein der Religion ist, so bin ich auch nur als Religionsphilosoph wahrhaft religiös; so verläugne ich die wirkliche Religiosität und den wirklich religiösen Menschen. Aber zugleich bestätige ich sie, theils innerhalb meines eignen Daseins oder innerhalb des fremden Daseins, das ich ihnen entgegen setze, denn dieses ist nur ihr philosophischer Ausdruck; theils in ihrer eigentümlichen ursprünglichen Gestalt, denn sie gelten mir als das nur scheinbare Anderssein, als Allegorien, unter sinnlichen Hüllen verborgne Gestalten ihres eignen wahren, id est meines philosophischen Daseins. |