»Wenn ich Bonnet wäre«, stimmte er ihr zu, und leises Unbehagen regte sich bei dieser Vorstellung. »Wenn ich wüsste, dass das Kind von mir ist und doch von einem Fremden aufgezogen wird – würde ich mir nicht wünschen, dass das Kind eines Tages die Wahrheit erfährt?«
Ihre Finger verkrampften sich in den seinen, und ihre Augen wurden dunkel.
»Das darfst du ihm nicht sagen! Roger, um Gottes willen, versprich mir, dass du ihm das nie erzählst!«
Er starrte sie erstaunt an. Ihre Nägel gruben sich schmerzhaft in seine Hand, doch er machte keine Anstalten, sich zu befreien.
»Bonnet? Himmel, nein! Wenn ich ihn noch einmal zu Gesicht bekomme, werde ich keine Zeit mit Reden vertun!«
»Nicht Bonnet.« Sie erschauerte, doch er konnte nicht sagen, ob vor Kälte oder vor Grauen. »Gott, halte dich fern von diesem Mann! Nein, ich meine Jemmy.« Sie schluckte angestrengt und ergriff seine beiden Hände. »Versprich mir das, Roger. Wenn du mich liebst, versprich mir, dass du Jemmy nie von Bonnet erzählst, niemals. Selbst wenn mir etwas zustößt …«
»Dir wird nichts zustoßen!«
Sie sah ihn an, auf ihren Lippen ein kleines, ironisches Lächeln.
»Ich bin auch nicht für die Abstinenz geschaffen. Es könnte passieren.« Sie schluckte. »Und wenn es geschieht … versprich es mir, Roger.«
»Aye, ich verspreche es dir«, sagte er widerstrebend. »Wenn du dir da sicher bist.«
»Ganz sicher!«
»Aber hättest du dann lieber nicht von ihm erfahren – von Jamie?«
Bei diesen Worten biss sie sich so fest auf die Lippe, dass ihre Zähne eine violette Spur in der weichen, hellroten Haut hinterließen.
»Jamie Fraser ist nicht Stephen Bonnet!«
»Zugegeben«, sagte er trocken. »Aber ich wollte sowieso nicht von Jemmy sprechen. Ich habe nur gemeint, dass ich an Bonnets Stelle den Wunsch hätte, es zu erfahren, und –«
»Er weiß es doch.« Sie entzog ihm abrupt ihre Hand, stand auf und wandte sich ab.
»
»Noch schlimmer.« Ihre Lippen zitterten; sie presste sie fest zusammen, um das Zittern zu unterdrücken, dann öffnete sie sie gerade weit genug, um die Wahrheit entschlüpfen zu lassen. »Er ist in dem Glauben, dass Jemmy von ihm ist.«
Sie war nicht dazu zu bewegen, sich wieder mit ihm hinzusetzen, also zog er ihren Arm fest durch den seinen und zwang sie, mit ihm zu gehen, durch den Regen und über das Geröll, vorbei am rauschenden Bach und den sich wiegenden Bäumen, bis die Bewegung sie so weit beruhigte, dass sie reden konnte, ihm von den Tagen erzählen konnte, die sie allein in River Run verbracht hatte, eine Gefangene ihrer Schwangerschaft. Von Lord John Grey, dem Freund ihres Vaters und dem ihren; davon, wie sie Lord John ihre Ängste und Sorgen anvertraut hatte.
»Ich hatte Angst, ihr wärt umgekommen. Ihr alle – Mama, Pa, du.« Ihre Kapuze war heruntergerutscht, und sie machte keine Anstalten, sie wieder aufzusetzen. Das rote Haar hing ihr in triefenden Rattenschwänzen über die Schultern, und Wassertröpfchen klebten an ihren dichten, roten Augenbrauen.
»Das Letzte, was Pa zu mir gesagt hat – er hat es nicht einmal gesagt, sondern aufgeschrieben – er musste es aufschreiben, weil ich mich geweigert habe, mit ihm zu sprechen …« Sie schluckte und fuhr sich mit der Hand über die Nase, um einen Tropfen abzuwischen, der daran hing. »Er hat gesagt, ich müsste einen Weg finden, ihm zu vergeben. B-Bonnet.«
»
»Er kannte das Gefühl«, sagte sie und hielt inne. Sie wandte sich ihm vollständig zu, denn jetzt hatte sie ihre Gefühle wieder unter Kontrolle. »Du weißt, was ihm passiert ist – in Wentworth.«
Roger nickte kurz und verlegen. Eigentlich hatte er keine klare Vorstellung davon, was Jamie Fraser angetan worden war – und er hegte auch nicht den Wunsch, mehr darüber zu erfahren. Doch er hatte die Narben auf Frasers Rücken gesehen, und er wusste aus Claires spärlichen Erzählungen, dass diese jetzt nur noch ein Schatten ihres damaligen Aussehens waren.
»Er wusste Bescheid«, sagte sie mit klarer Stimme. »Und er hat gewusst, was am besten für mich war. Er hat mir gesagt – wenn ich wieder … gesund … werden wollte, müsste ich einen Weg finden, Stephen Bonnet zu vergeben. Also habe ich das getan.«
Er hielt Briannas Hand so fest in der seinen, dass er die leichte Bewegung ihrer Knochen spürte. Sie hatte ihm nicht davon erzählt, er hatte nicht danach gefragt. Der Name Stephen Bonnet war zwischen ihnen nie gefallen, nicht bis jetzt.
»Also hast du das getan.« Seine Stimme klang schroff, und er musste sich unterbrechen, um sich zu räuspern. »Dann hast du ihn gefunden? Du hast mit ihm gesprochen?«