Jamie nahm mir das zusammengeballte Hemd ab und riss es in Streifen. Die saubersten verwahrte er zum Abwischen von Werkzeugen oder zum Verstopfen von Ritzen. Den Rest überließ er dem Feuer und trat zurück, als uns ein zufälliger Luftzug eine stinkende Rauchwolke entgegenblies.
»Aye, nun, vergessen wir nicht Narses. Er war ein großer General, so sagt man zumindest, obwohl er Eunuch war.«
»Vielleicht arbeitet der Verstand eines Mannes ohne die Ablenkung ja besser«, meinte ich lachend.
Als Erwiderung prustete er nur kurz, wenn auch Belustigung darin mitklang. Er schaufelte Erde auf die Überreste des Feuers, während ich mein Kautereisen und meinen Teertopf wieder an mich nahm, und wir gingen zum Haus zurück und unterhielten uns über andere Dinge.
In Gedanken ließ mich jedoch jene eine Bemerkung nicht mehr los – »Die Eier können einem Mann auch mehr Kummer als Freude bereiten.« Hatte er das nur allgemein gesagt, fragte ich mich? Oder hatte eine persönliche Anspielung darin gelauert?
Alles, was er mir je über seine kurze Ehe mit Laoghaire MacKenzie erzählt hatte – so wenig das auch war, denn in Bezug auf dieses Thema waren wir uns einig –, hatte keinerlei Andeutungen enthalten, dass er sich körperlich zu ihr hingezogen gefühlt hatte. Er hatte sie aus Einsamkeit und Pflichtgefühl geheiratet, weil er sich einen kleinen Anker in der Leere wünschte, die sein Leben nach seiner Rückkehr aus England gewesen war. Das hatte er zumindest gesagt.
Und ich glaubte ihm, was er sagte. Er war ein pflichtbewusster Ehrenmann, und ich wusste, wie einsam er gewesen war – denn ich war es auch gewesen. Andererseits kannte ich seinen Körper fast so gut wie meinen eigenen. Er war zwar sehr gut im Stande, Strapazen zu erdulden, doch er war genauso gut im Stande, großes Glück zu empfinden. Jamie konnte asketisch leben, wenn es nötig war – jedoch niemals, weil es seinem Naturell entsprach.
Die meiste Zeit über gelang es mir zu vergessen, dass er Laoghaires Bett geteilt hatte, wenn auch nur kurz und – wie er sagte – wenig zufriedenstellend. Ich vergaß nicht, dass sie eine sehr attraktive Frau gewesen war und es auch heute noch war.
Was mich sehnsüchtig wünschen ließ, Jenny Murray hätte eine andere Inspiration dafür gefunden, ihrem Bruder ihre Gefühle mitzuteilen.
Den Rest des Tages über war Jamie still und geistesabwesend, wenn er sich auch zur Geselligkeit aufraffte, als Fergus und Marsali nach dem Abendessen mit ihren Kindern zu Besuch kamen. Er brachte Germain das Damespiel bei, während Fergus sich für Roger den Text einer Ballade ins Gedächtnis rief, die er als jugendlicher Taschendieb in den Gassen von Paris aufgeschnappt hatte. Die Frauen zogen sich an den Herd zurück, um Babykleidung zu nähen, Babyschuhe zu stricken und einander – anlässlich von Marsalis fortschreitender Schwangerschaft und Lizzies Verlobung – mit haarsträubenden Wehen- und Geburtsgeschichten zu unterhalten.
»Lag auf der Seite, das Baby, und war so groß wie ein Ferkel mit sechs Monaten …«
»Ha, Germain hatte einen Kopf wie eine Kanonenkugel, hat die Hebamme gesagt, und er lag
»Jemmy hatte einen großen Kopf, aber bei ihm waren die Schultern das Problem …«
»…
»Ihr Mittel, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, aye, ich verstehe. Dann die nächste Stelle, wo ihr Kunde seine Finger
»Nein, du darfst noch nicht, ich bin immer noch dran; ich bin schließlich
»
»Germain!«, bellte Marsali und funkelte ihren Nachwuchs an, der den Kopf einzog und mit vorgeschobener Unterlippe einen finsteren Blick auf das Damebrett warf.
Ȁrgere dich nicht, Mann, denn sieh mal: Jetzt bist du dran, und du kannst
»…
»Habt Ihr heute – schon im Sattel gesessen? Oder ist es ›Seid Ihr heute schon geritten?‹«
Fergus lachte, und die Spitze seiner Aristokratennase rötete sich vor Belustigung.
»Nun, so kann man es natürlich auch übersetzen.«
Roger zog die Augenbraue hoch und sah ihn mit einem halben Lächeln an.
»Aye?«
»Mit diesem Ausdruck befragen französische Ärzte ihre Patienten«, warf ich ein, als ich sah, dass er nicht verstand. »Im Umgangston heißt es, ›Habt Ihr heute schon Stuhlgang gehabt?‹«
»Vielleicht war die fragliche Dame ja
»
»Verstehe«, murmelte Roger immer noch mit hochgezogenen Augenbrauen, während er mit den Nuancen dieser Stelle der Übersetzung kämpfte. Ich fragte mich, wie man diese Worte wohl vertonte.