»Aye, nun gut. Eines nur. Ich übernehme Bonnet.«
Fraser sah ihn scharf an. Er selbst zuckte nicht mit der Wimper und lauschte dem Pulsschlag, der in seinen Ohren zu hämmern begonnen hatte.
Er sah, wie Fraser zum Sprechen ansetzte und dann innehielt. Der Mann starrte ihn nachdenklich an, und Roger konnte die Argumente hören, die im Rhythmus seines Pulsschlags auf sein inneres Ohr einhämmerten, so deutlich, als spräche Jamie sie laut aus.
»Ich weiß«, sagte er laut und trotzte Frasers dunkelblauem, starrem Blick. »Er gehört mir. Ich übernehme ihn. Brianna ist deine Tochter, aye – aber sie ist meine Frau.«
Fraser kniff die Augen zu und wandte den Kopf ab. Er trommelte einen Moment mit den Fingern auf sein Knie, dann hielt er inne und holte tief seufzend Luft. Er richtete sich langsam auf und wandte sich dann wieder Roger zu, den er direkt ansah.
»Es ist dein gutes Recht«, sagte er förmlich. »Also gut. Zögere nicht; fordere ihn nicht heraus. Töte ihn, sobald du die Gelegenheit hast.« Er hielt kurz inne, dann sprach er weiter, die Augen unverwandt auf Roger gerichtet. »Wenn du aber fällst – sollst du wissen, dass ich dich rächen werde.«
Die mit Nägeln gespickte Masse in seinem Magen schien hochgerutscht zu sein und jetzt in seiner Kehle zu stecken. Er hustete, um sie zu beseitigen, und schluckte.
»Großartig«, sagte er. »Und wenn du fällst, werde ich
Fraser lachte nicht, und in diesem Augenblick begriff Roger, warum ihm seine Männer überallhin folgten und alles für ihn taten. Er sah Roger einfach nur ein paar Sekunden lang an und nickte dann.
»Eine exzellente Abmachung«, sagte er leise. »Danke.« Er zog den Dolch aus seinem Gürtel und begann, ihn zu polieren.
Sie hatten keine Uhr, doch die brauchten sie auch nicht. Obwohl der Himmel von tief hängenden Wolken verhüllt und die Sonne nicht zu sehen war, konnten sie spüren, wie die Minuten dahinschlichen, wie sich die Erde allmählich verschob und sich die Rhythmen des Tages veränderten. Das Geräusch des Wassers, das gegen die Pfähle schlug, änderte seinen Tonfall mit dem Ansteigen der Flut, die in dem Zwischenraum unterhalb des Docks widerhallte.
Die Flut erreichte ihren Höhepunkt und ebbte wieder ab; das Echo unter dem Dock wurde allmählich hohl, als das Wasser zu sinken begann. Der Pulsschlag in Rogers Ohren begann zu erschlaffen, genau wie der Knoten in seinem Bauch.
Dann stieß etwas gegen das Dock, und eine Vibration durchlief den Boden des Schuppens.
Jamie war blitzartig auf den Beinen. Er hatte zwei Pistolen in seinem Gürtel stecken und eine dritte in der Hand. Er legte den Kopf schief, sah Roger an und verschwand durch die Tür.
Roger rammte seinerseits die Pistolen fest in seinen Gürtel, fasste zu seiner Beruhigung an den Knauf seines Dolches und folgte ihm. Er erhaschte einen raschen Blick auf das Schiff, dessen dunkle Holzreling knapp über die Kante des Steges ragte, dann stand er im Inneren des kleineren Schuppens zu ihrer Rechten. Jamie war nirgendwo in Sicht; er hatte also seinen Posten auf der linken Seite bezogen.
Er presste sich gegen die Wand und blinzelte durch den Schlitz zwischen Türangel und Tür ins Freie. Das Schiff glitt langsam an der Kante des Docks entlang und war noch nicht vertäut. Er konnte gerade eben ein Stück des Bugs sehen; der Rest befand sich außerhalb seines Blickfeldes. Egal; er konnte sowieso erst feuern, wenn Bonnet auf dem Steg erschien.
Er wischte sich die Handfläche an seiner Hose ab und zog die bessere seiner Pistolen, deren Ladung er zum tausendsten Mal überprüfte. Das Metall der Waffe roch scharf und ölig und lag kühl in seiner Hand.
Die Luft war feucht; seine Kleider klebten ihm am Leib. Würde das Pulver zünden? Er berührte zum zehntausendsten Mal den Dolch und exerzierte Frasers Anweisungen zum Töten mit einem Messer durch.