»Bist du okay?«, murmelte Roger irgendwann zwischendurch.
»Aye, bestens«, sagte Jamie und klopfte ihm erneut auf den Rücken. »Und du auch, klar?«
Irgendwann war er wieder auf den Beinen. Sein Kopf hatte den Schmerz hinter sich gelassen; er schmerzte zwar noch, doch der Schmerz schien sich von ihm losgelöst zu haben und in seiner Nähe zu lauern, ohne ihn jedoch zu berühren.
Lillywhite lag mit dem Gesicht nach oben im Laub. Roger schloss die Augen und schluckte. Er hörte, wie Jamie etwas vor sich hinknurrte, dann ein Ächzen, ein Rascheln im Laub und einen leisen Aufprall. Als er die Augen öffnete, lag Lillywhite mit dem Gesicht auf dem Boden; der Rücken seines Hemdes war voller Sand und Eichelhüllen.
»Komm mit.« Jamie fasste ihm unter den Arm, zog den Arm über seine Schulter. Roger hob seine freie Hand und schwenkte sie vage in Richtung der Leichen.
»Sie. Was machen wir mit … ihnen?«
»Wir lassen sie für die Schweine liegen.«
Als sie den Waldrand erreichten, konnte er allein gehen, obwohl er die Tendenz hatte, zur einen oder anderen Seite abzudriften und noch nicht richtig geradeaus steuern konnte. Wylies Haus lag vor ihnen, ein prächtiges Gebäude aus rotem Backstein. Sie überquerten den Rasen, ohne zu beachten, dass sie von mehreren Haussklaven angestarrt wurden, die sich um die Fenster im ersten Stock drängten und tuschelnd mit den Fingern auf sie zeigten.
»Warum?«, fragte Roger und blieb kurz stehen, um sich das Laub vom Hemd zu schütteln. »Haben sie das gesagt?«
»Nein.« Jamie zog einen nassen Stoffball, der einmal ein Taschentuch gewesen war, aus dem Ärmel und schwenkte ihn in Philip Wylies Zierspringbrunnen. Er wischte ihm damit durchs Gesicht, warf einen kritischen Blick auf die so entstandenen Schmutzstreifen und tauchte es erneut in den Brunnen.
»Ich habe erst gemerkt, dass sie da waren, als Anstruther dich niedergeknüppelt hat – da, dein Kopf blutet ja immer noch. Ich habe mich umgedreht und dich am Boden liegen sehen, und im nächsten Moment fuhr mir ein Schwert aus dem Nichts quer über die Rippen. Sieh dir das an.« Er steckte seine Finger durch einen großen Riss in seinem Hemd und wackelte damit. »Ich bin hinter einem Baum in Deckung gegangen und konnte gerade noch mein Schwert ziehen. Aber keiner von ihnen hat ein einziges Wort gesagt.«
Roger presste das Taschentuch, das Jamie ihm entgegenhielt, vorsichtig an seinen Hinterkopf. Er atmete zischend durch die Zähne ein, als das kalte Wasser mit der Wunde in Berührung kam.
»Mist. Liegt es nur daran, dass ich einen Sprung im Schädel habe, oder ergibt das alles keinen Sinn? Warum in aller Welt haben sie mit solcher Gewalt versucht, uns umzubringen?«
»Weil sie wollten, dass wir tot sind«, sagte Jamie in aller Logik und krempelte sich die Ärmel auf, um sich die Hände im Springbrunnen zu waschen. »Sie oder jemand anders.«
Der Schmerz hatte sich entschlossen, jetzt doch wieder in Rogers Kopf Quartier zu beziehen. Ihm wurde wieder übel.
»Stephen Bonnet?«
»Wenn ich ein Spieler wäre, würde ich alles darauf verwetten.«
Roger schloss ein Auge, um der Tatsache ein Ende zu setzen, dass er Jamie doppelt sah.
»Du
»Na bitte.«
Jamie fuhr sich geistesabwesend mit der Hand durch das verklebte Haar und wandte sich dem Haus zu. Karina und ihre Schwestern waren am Fenster aufgetaucht und winkten ihnen ekstatisch zu.
»Was ich furchtbar gern wüsste, ist, wo Stephen Bonnet
»Wilmington.«
Jamie fuhr herum und sah ihn stirnrunzelnd an.
»Was?«
»Wilmington«, wiederholte Roger. Er öffnete vorsichtig das andere Auge, doch es schien nichts zu passieren. Nur ein Jamie. »Das hat Lillywhite gesagt – aber ich dachte, er macht einen Scherz.«
Jamie starrte ihn kurz an.
»Das will ich doch schwer hoffen«, sagte er.
Kapitel 103
Im Myrtengebüsch
Im Vergleich zu Fraser’s Ridge war Wilmington eine überschäumende Metropole, und unter normalen Umständen hätten die Mädchen und ich seine Vorzüge sehr genossen. Angesichts von Rogers und Jamies Abwesenheit und der Natur ihres Vorhabens waren wir jedoch kaum in der Lage, Ablenkung zu finden.
Nicht, dass wir es nicht versucht hätten. Wir überstanden die dahinkriechenden Minuten der Nächte, die von weinenden Kindern unterbrochen und von Phantasiebildern heimgesucht wurden, die schlimmer waren als jeder Alptraum. Ich bereute es, dass Brianna nach der Schlacht von Alamance so viel gesehen hatte; vage, auf Angst basierende Vorstellungen waren schlimm genug; viel schlimmer jedoch waren sie, wenn sie auf persönlichen Erfahrungen mit dem Aussehen zerstörter Körper, zerschmetterter Knochen und stierender Augen beruhten.