Da Lizzie keine Mutter hatte, die sich um eine angemessene Aussteuer für sie kümmern konnte, hatten sich die Frauen von Fraser’s Ridge zusammengetan, um für Dinge wie Unterröcke, Nachthemden und Strickstrümpfe zu sorgen, während einige der talentierteren Damen Quiltstücke nähten. Wenn eine Quiltvorlage fertig war, fanden sich alle im Herrenhaus ein, um die eigentliche Decke zu fertigen, indem sie Quiltdecke und Rückseite mühselig zusammennähten und verfügbares Füllmaterial aller Art – abgenutzte Decken, zusammengeflickte Lumpen oder Restwolle – als Wärmepolster zwischen Ober- und Unterseite befestigten.
Ich verfügte eigentlich weder über großes Talent noch große Geduld zum Nähen, besaß jedoch das nötige, manuelle Geschick für kleine, feine Stiche. Wichtiger noch, mir standen eine große Küche mit gutem Licht und genügend Platz für einen Quiltrahmen zur Verfügung, dazu die Dienste der guten Mrs. Bug, die dafür sorgte, dass sämtliche Quilterinnen stets mit Tee und einer endlosen Folge von Apfelteilchen versorgt waren.
Wir waren gerade dabei, ein Blockmuster in Creme- und Blautönen zusammenzufügen, das Mrs. Evan Lindsay vorbereitet hatte, als Jamie plötzlich in der Tür zum Flur auftauchte. Da die meisten der Frauen gerade in eine fesselnde Unterhaltung über das Schnarchen von Ehemännern im Allgemeinen und der ihren im Besonderen vertieft waren, bemerkten sie ihn nicht, doch ich saß der Tür zugewandt. Er schien uns weder unterbrechen noch Aufmerksamkeit erregen zu wollen, denn er kam nicht ins Zimmer – doch als er meinen Blick auf sich gelenkt hatte, ruckte er drängend mit dem Kopf und verschwand in Richtung seines Studierzimmers.
Ich warf Brianna, die neben mir saß, einen Blick zu. Sie hatte ihn gesehen; sie zog eine Augenbraue hoch und zuckte mit den Schultern. Ich verstaute das verknotete Ende meines Fadens zwischen den Materialschichten, so dass es nicht zu sehen war, steckte meine Nadel in die Oberseite des Quilts und erhob mich mit einer gemurmelten Entschuldigung.
»Gebt ihm Bier zum Abendessen«, riet Mrs. Chisholm gerade Mrs. Aberfeldy. »Reichlich und mit viel Wasser. Dann muss er jede halbe Stunde pissen und kommt gar nicht erst dazu, mit der Lärmerei anzufangen.«
»Oh, aye«, wandte Mrs. Aberfeldy ein. »Das habe ich schon versucht. Aber wenn er dann wieder ins Bett kommt, will er … mmpfm.« Sämtliche Damen fingen an zu kichern, und sie lief feuerrot an. »Da komme ich noch weniger zum Schlafen, als wenn er schnarcht!«
Jamie wartete im Flur. Sobald ich erschien, packte er mich am Arm und schob mich zur Haustür hinaus.
»Was –«, setzte ich verwirrt an. Dann sah ich den hochgewachsenen Indianer, der auf der Kante der Eingangstreppe saß.
»Was –«, sagte ich erneut, und dann stand er auf, wandte sich um und lächelte mich an.
»Ian!«, kreischte ich und warf mich in seine Arme.
Er war dünn und hart wie ein Stück sonnengegerbtes Leder, und seine Kleider rochen nach feuchtem Holz und Erde mit einem schwachen Echo der Rauch- und Körpergerüche eines Langhauses. Ich trat zurück und wischte mir über die Augen, um ihn mir anzusehen, und eine kalte Nase stieß gegen meine Hand, so dass ich erneut kurz aufschrie.
»Du!«, sagte ich zu Rollo. »Ich hatte gedacht, ich sehe dich nie wieder!« Von meinen Gefühlen überwältigt, rieb ich ihm wie verrückt die Ohren. Er bellte kurz auf und ließ sich mit ebenso verrücktem Schwanzgewedel auf die Vorderpfoten nieder.
»Hund! Hund-Hund! Hier, Hund!« Jemmy kam aus der Tür der Blockhütte gestürzt. Er rannte, so schnell ihn seine kurzen Beinchen trugen, sein nasses Haar stand ihm zu Berge, und er strahlte über das ganze Gesicht. Rollo schoss auf ihn zu, traf ihn mittschiffs und warf ihn unter großem Gejapse um.
Ich hatte zunächst befürchtet, dass Rollo – der schließlich zur Hälfte Wolf war – Jemmy als Beute betrachtete, doch es war von Anfang an offensichtlich, dass die beiden nur ausgelassen miteinander spielten. Briannas mütterlicher Sonar hatte das Quietschen jedoch aufgefangen, und sie kam zur Tür geeilt.
»Was –«, setzte sie an, während ihr Blick zu dem Chaos im Gras wanderte. Dann trat Ian vor, nahm sie in die Arme und küsste sie. Ihr Aufschrei rief wiederum das Quilterkränzchen auf den Plan, das sich mit einem Gewirr von Fragen, Kreischen und allgemeinen Ausrufen der Aufregung brodelnd auf die Veranda ergoss.
Inmitten des resultierenden Pandämoniums bemerkte ich plötzlich, dass Roger, der von irgendwo aufgetaucht war, eine frische, blutige Schramme auf der Stirn, ein Veilchen – und ein frisches Hemd trug. Ich sah Jamie an, der neben mir stand und die Vorgänge beobachtete, das Gesicht zu einem permanenten Grinsen verzogen. Sein Hemd dagegen war nicht nur schmutzig, sondern auch an der Vorderseite zerfetzt und hatte einen enormen Riss am einen Ärmel. Der Leinenstoff war außerdem über und über mit Schmutz und getrocknetem Blut verschmiert, wenn ich auch kein frisches Blut sah. Dazu noch Jemmys nasses Haar und sein sauberes Hemd – nicht, dass es jetzt noch sauber war –, und das Ganze war höchst verdächtig.