»Die Mädchen wollten Euch gern die Haube schenken«, sagte sie, wobei sie den Blick taktvoll davon abgewendet hielt. »Aber meine Schwiegermutter schickt Euch noch ein anderes, kleines Geschenk. Ich hielt es allerdings für besser, Euch das selbst zu bringen.«
Ich war nicht besonders scharf auf weitere Geschenke von Granny Bacon, nahm jedoch das Päckchen, das sie mir entgegenhielt, mit dem größtmöglichen Anstand entgegen. Es war ein kleiner Beutel aus gewachster Seide, prall gefüllt mit einer Substanz, die einen süßlichen, leicht öligen Pflanzenduft verbreitete. Eine grobe Illustration der Pflanze war mit bräunlicher Tinte auf den Beutel gezeichnet; sie hatte hohe Stängel und Doldenblüten. Sie kam mir vage bekannt vor, doch ich konnte ihr keinen Namen zuordnen. Ich band den Beutel auf und schüttete mir ein Häufchen kleiner, dunkelbrauner Samenkörner auf die Handfläche.
»Was ist das?«, sagte ich und blickte fragend zu Polly auf.
»Ich weiß nicht, wie sie auf Englisch heißen«, sagte sie. »Die Indianer nennen sie
»Wirklich?« Jetzt war mein Interesse mehr als geweckt. Kein Wunder, dass mir die Zeichnung bekannt vorkam; dies musste die Pflanze sein, die Nayawenne mir einst gezeigt hatte – die Frauenpflanze. Doch um ganz sicher zu gehen, fragte ich.
»Wozu benutzt man sie?«
Pollys Wangen wurden noch röter, und sie sah sich auf der Lichtung um, um sich zu überzeugen, dass niemand in Hörweite war, bevor sie sich dann vorbeugte, um mir flüsternd zu antworten.
»Sie verhindern, dass eine Frau schwanger wird. Man nimmt täglich einen Teelöffel voll in einem Glas Wasser. Jeden Tag, nicht vergessen, dann kann sich der Samen des Mannes nicht einnisten.« Sie sah mir unverhüllt in die Augen, und das amüsierte Leuchten lauerte zwar immer noch im Hintergrund, doch gesellte sich jetzt ein sehr viel ernsterer Ausdruck dazu.
»Schwiegermama hat gesagt, Ihr seid eine Kräuterfrau, das könnte sie sehen. Und deshalb sei es auch oft nötig, dass Ihr Frauen helft. Und wenn es um Fehlgeburten, Totgeburten oder Kindbettfieber geht, ganz zu schweigen um den Schmerz, wenn man ein lebendes Kind verliert – dann soll ich Euch sagen, dass Vorbeugen zehnmal besser ist als Heilen.«
»Bestellt Eurer Schwiegermutter meinen Dank«, sagte ich aufrichtig. Eine durchschnittliche Frau in Pollys Alter hatte fünf oder sechs Kinder; sie selbst hatte nur die beiden Mädchen, und ihr fehlte das ausgezehrte Aussehen der Frauen, die ein Kind nach dem anderen bekamen. Offensichtlich funktionierten die Samenkörner.
Polly nickte, und das Lächeln leuchtete offen in ihrem Gesicht.
»Aye, ich sage es ihr. Oh – sie sagt, ihre Großmutter hat ihr gesagt, dass es ein Frauenzauber ist; Männern gegenüber erwähnt man es nicht.«
Ich blickte nachdenklich zur anderen Seite der Lichtung, wo Jamie sich mit Archie Hayes unterhielt, den schläfrig blinzelnden Jemmy auf dem Arm. Ja, ich konnte mir gut vorstellen, dass manche Männer sich den Einsatz von Granny Bacons Medizin verbitten würden. War Roger einer von ihnen?
Nachdem ich mich von Polly Bacon verabschiedet hatte, trug ich meine Truhe zu unserem Unterstand und verstaute den Beutel mit den Samen sorgsam darin. Eine ausgesprochen nützliche Erweiterung meiner Apotheke, wenn Nayawenne und Großmutter Bacon Recht hatten. Außerdem hätte dieses Geschenk zu keiner besseren Zeit kommen können, wenn ich meine Unterredung mit Brianna bedachte.
Wertvoller sogar als der kleine Haufen von Kaninchenfellen, obwohl mir auch diese mehr als willkommen waren. Wo hatte ich sie nur hingelegt? Ich sah mich auf der mit Gegenständen übersäten Lichtung um und lauschte dabei mit halbem Ohr dem Gespräch der Männer hinter mir. Da waren sie ja, gleich unter der Zeltkante. Ich hob den Deckel eines leeren Vorratskorbes an, um sie für den Heimweg zu verstauen.
»… Stephen Bonnet.«
Der Name stach mir ins Ohr wie ein Spinnenbiss, und ich knallte den Deckel heftig zu. Ich blickte mich rasch auf dem Lagerplatz um, doch weder Brianna noch Roger waren in Hörweite. Jamie stand mit dem Rücken zu mir, doch er war es, der gesprochen hatte.
Ich zog mir die Morgenhaube vom Kopf, hängte sie sorgfältig an einen Hartriegelzweig und ging zielstrebig auf ihn zu.
Was auch immer der Gegenstand des Gespräches der Männer gewesen war, sie ließen ihn fallen, als sie mich sahen. Leutnant Hayes dankte mir erneut höflich für meinen ärztlichen Beistand und verabschiedete sich, ohne dass sein ausdrucksloses Gesicht das Geringste verraten hätte.
»Was ist denn mit Stephen Bonnet?«, sagte ich, sobald der Leutnant außer Hörweite war.
»Genau danach habe ich mich erkundigt, Sassenach. Ist der Tee schon fertig?« Jamie setzte sich zum Feuer in Bewegung, aber ich bremste ihn, indem ich meine Hand auf seinen Arm legte.
»Warum?«, wollte ich wissen. Ich ließ ihn nicht los, und er drehte sich widerstrebend zu mir um.