»Ich glaube es kaum – ich weiß ja selbst nicht, wohin wir unterwegs sind.« Er trug eine Reithose, hatte aber sein Plaid darübergegürtet und das lose Ende über die Schulter geschlungen. Der dunkle Tartan verschmolz mit den Schatten des Waldes wie früher mit den Farben der schottischen Heide; alles, was ich von ihm sehen konnte, war ein weißer Fleck, der von seiner Hemdbrust herrührte, und das bleiche Oval seines Gesichtes.
»Weißt du nicht irgendetwas Passendes, was du auf
Er wandte den Kopf und sah meine Mitreisende abschätzend an.
»Ah«, sagte er. »Also, es gibt ein Wort, das sie alle kennen, egal, wo sie herkommen.« Er streckte die Hand aus und drückte den Fuß der Frau.
»Freiheit«, sagte er und hielt inne. »
Sie lockerte ihren Griff nicht, doch ihr Atem kam in einem erschauernden Seufzer, und ich glaubte, ihr Nicken zu spüren.
Die Pferde folgten einander im Gänsemarsch, Myers vornweg. Der grobe Pfad war nicht einmal eine Wagenstraße, nur eine Art flachgetrampelte Spur im Unterholz, doch wir kamen auf diese Weise mühelos durch den Wald.
Ich bezweifelte, dass Sergeant Murchisons Rachedurst uns so weit verfolgen würde – wenn er uns überhaupt verfolgte –, doch das Gefühl, auf der Flucht zu sein, war zu stark, um es zu ignorieren. Wir alle empfanden dasselbe unausgesprochene, aber allgegenwärtige Gefühl der Dringlichkeit, und ohne es zu besprechen, waren wir uns darüber einig, dass wir so weit wie möglich reiten wollten.
Entweder verlor meine Mitreisende ihre Furcht, oder sie wurde so müde, dass ihr alles egal war, denn nach einer mitternächtlichen Erfrischungspause ließ sie sich von Ian und Myers ohne Protest wieder auf das Pferd helfen, und obwohl sie meine Taille nie losließ, schien sie doch ab und zu einzunicken, wobei sie die Stirn an meine Schulter presste.
Auch mich ermüdete der lange Ritt allmählich, wozu auch das hypnotische, leise Hufgetrappel der Pferde und das endlose Säuseln der Kiefern über uns beitrugen. Wir befanden uns immer noch im Sumpfkiefernwald, und die hohen aufrechten Stämme um uns ragten wie die Masten längst versunkener Schiffe in die Höhe.
Die Zeilen eines uralten schottischen Liedes kamen mir in den Sinn –
In der Morgendämmerung machten wir halt, sattelten die Pferde ab, fesselten ihre Beine und ließen sie im hohen Gras einer kleinen Wiese fressen. Ich fand Jamie und rollte mich sofort neben ihm in einem Nest aus Gras zusammen. Das friedliche Kauen der Pferde war das Letzte, was ich hörte.
Wir verschliefen die Tageshitze und erwachten kurz vor Sonnenuntergang, steif, durstig und mit Zecken übersät. Ich war zutiefst dankbar, dass die Zecken den Abscheu teilten, den die Moskitos vor mir empfanden, doch ich hatte mir auf unserer Reise nach Norden angewöhnt, Jamie und die anderen nach jeder Schlafpause zu kontrollieren; es gab immer Vorreiter.
»Igitt«, sagte ich, während ich ein besonders saftiges Exemplar von der Größe einer Traube betrachtete, das in dem weichen, zimtfarbenen Haar in Jamies Achselhöhle prangte. »Verdammt. Ich traue mich nicht, sie herauszuziehen, sie ist so vollgesogen, dass sie wahrscheinlich platzt.«
Er zuckte mit den Schultern, während er mit der anderen Hand seine Haare nach weiteren Eindringlingen durchforstete.
»Lass sie in Ruhe und kümmere dich um die anderen«, schlug er vor. »Vielleicht fällt sie von selbst ab.«
»Das sollte ich wohl«, stimmte ich zögernd zu. Von mir aus konnte die Zecke platzen, aber nicht, solange ihre Kiefer noch in Jamies Haut steckten. Ich wusste, wie eine Infektion aussah, die von einer gewaltsam entfernten Zecke herrührte, und damit wollte ich es mitten im Wald wirklich nicht zu tun bekommen. Ich hatte nur eine rudimentäre medizinische Ausrüstung bei mir – diese enthielt allerdings glücklicherweise eine sehr schöne Pinzette aus Dr. Rawlings’ Kiste.
Myers und Ian schienen gut zurechtzukommmen; beide hatten den Oberkörper entblößt, und Myers hockte über dem Jungen wie ein riesiger Pavian und machte sich mit den Fingern in Ians Haar zu schaffen.