Doch es war nicht Jamies Geschick beim Abhäuten, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte – das war hier sicherlich eine recht verbreitete Fähigkeit. Nein, es war das Grallochgebet – ich hatte gesehen, wie sich die Augen des älteren Mannes weiteten und wie er seinen Söhnen einen Blick zuwarf, als Jamie bei dem Kadaver kniete. Wenn sie auch nicht verstanden, was er sagte, so zeigten ihre Gesichter doch klar, dass sie wussten, was er tat – und dass sie zugleich überrascht und positiv beeindruckt waren.
Eine kleine Schweißspur lief hinter Jamies Ohr herab. Ein großes Tier abzuhäuten, ist Schwerstarbeit, und Jamies Wunden begannen erneut zu bluten.
Bevor ich ihm jedoch anbieten konnte, das Messer zu nehmen, setzte er sich auf die Fersen zurück und hielt einem der Indianer den Dolch mit dem Griff zuerst hin.
»Mach nur«, sagte er und wies einladend auf den halb zerlegten Fleischberg. »Ich hoffe, du hast nicht gedacht, ich wollte das alles selber essen.«
Ohne zu zögern, nahm der Mann das Messer, kniete sich hin und fuhr mit dem Abhäuten fort. Die beiden anderen blickten Jamie an, und als sie sein Nicken sahen, schlossen sie sich an.
Er ließ es geschehen, dass ich ihn ein weiteres Mal auf den Baumstamm setzte und verstohlen seine Schulter säuberte und verband, während er zusah, wie die Indianer den Bären blitzschnell abhäuteten und zerlegten.
»Was hat er mit dem Whisky gemacht?«, fragte ich leise. »Weißt du das?«
Er nickte, wobei er das blutige Werk am Feuer im Blick behielt.
»Es ist eine Beschwörungsformel. Man versprüht heiliges Wasser in alle vier Himmelsrichtungen, um sich vor dem Bösen zu schützen. Und unter diesen Umständen ist Whisky wohl ein ganz annehmbarer Ersatz für heiliges Wasser.«
Ich blickte zu den Indianern hinüber, die bis zu den Ellbogen mit dem Blut des Bären befleckt waren und sich lässig unterhielten. Einer von ihnen baute ein kleines Podest am Feuer, indem er eine grobe Lage Äste über quadratisch angeordnete Steine legte. Ein anderer schnitt Fleischstreifen zurecht und reihte sie zum Garen auf einem geschälten grünen Zweig auf.
»Vor dem Bösen? Meinst du, sie haben vor uns Angst?«
Er lächelte.
»Ich glaube nicht, dass wir so furchterregend sind, Sassenach; nein, vor Geistern.«
Mir hatte der Auftritt der Indianer einen solchen Schrecken eingejagt, dass ich gar nicht auf die Idee gekommen war, unser Erscheinen hätte sie ähnlich aus der Fassung bringen können. Doch als ich mir Jamie jetzt ansah, dachte ich, dass man es ihnen nicht hätte verdenken können, wenn sie nervös geworden wären.
Da ich so an ihn gewöhnt war, war mir nur selten bewusst, wie er auf andere wirkte. Doch selbst müde und verwundet war er noch eindrucksvoll – eine aufrechte und breitschultrige Gestalt mit schrägen Augen, in denen das Feuer blau wie das Herz der Flamme glitzerte.
Er saß jetzt locker da, entspannt, und seine großen Hände lagen lose zwischen seinen Oberschenkeln. Doch es war die Reglosigkeit einer großen Katze, deren Augen unter der Ruhe ständig wachsam waren. Er war groß, er war schnell, doch darüber hinaus hatte er unleugbar einen Hauch von Wildheit an sich – er war genauso in diesen Wäldern zu Hause, wie es der Bär gewesen war.
Die Engländer hatten die Schotten aus dem Hochland immer für Barbaren gehalten; nie zuvor hatte ich in Betracht gezogen, dass andere dasselbe empfinden könnten. Doch diese Männer hatten einen grimmigen Wilden gesehen und sich ihm mit der gebotenen Vorsicht und gezückten Waffen genähert. Und Jamie, den bisher der Gedanke an die wilden Indianer so erschreckt hatte, hatte ihre Rituale gesehen – die den seinen so ähnelten – und sie sogleich als Jäger erkannt, wie er einer war, als zivilisierte Menschen.
Jetzt sprach er ganz selbstverständlich mit ihnen, erklärte in ausladenden Gesten, wie der Bär über uns hergefallen war und wie er ihn getötet hatte. Sie folgten ihm mit großer Aufmerksamkeit und äußerten an genau den richtigen Stellen ihre Anerkennung. Als er die Überreste des zertrampelten Fisches aufhob und meine Rolle bei den Vorgängen demonstrierte, sahen sie mich an und kicherten haltlos.
Ich blickte alle vier vernichtend an.
»Das Abendessen«, sagte ich laut, »ist angerichtet.«
Wir aßen gemeinsam halb durchgebratenes Fleisch und Maiskuchen und tranken Whisky dazu, während uns der Bärenkopf, der feierlich auf der Plattform thronte, aus glasigen Augen beobachtete.
Ich lehnte mich leicht benebelt an einen Baumstamm und lauschte mit halbem Ohr der Unterhaltung. Nicht, dass ich viel von dem verstand, was gesagt wurde. Einer der Söhne, der ein begabter Pantomime war, gab eine temperamentvolle Vorstellung der großen Jagden der Vergangenheit, wobei er abwechselnd die Rollen von Jäger und Beute spielte und seine Sache so gut machte, dass selbst ich keine Schwierigkeiten hatte, einen Hirsch von einem Panther zu unterscheiden.