Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Vielleicht war es der Blutgeruch gewesen, der mich an das Krankenhaus erinnert hatte. Von dem Augenblick an, in dem ich zum ersten Mal eine Klinik betreten hatte, hatte ich gewusst, dass ich dort hingehörte. Und dennoch kam ich mir auch hier in der Wildnis nicht fehl am Platz vor. Das fand ich merkwürdig.

Meine Haarspitzen strichen mir mit einem angenehm kitzelnden Gefühl über die nackten Schulterblätter. Die Luft war so kühl, dass ich in der leichten Brise eine Gänsehaut bekam und meine Brustwarzen sich zusammenzogen und aufrichteten. Ich hatte es mir also nicht eingebildet, dachte ich und lächelte vor mich hin. Ich hatte mich bestimmt nicht selbst ausgezogen, ehe ich mich schlafen legte.

Ich schob die schwere Leinendecke zurück und sah die getrockneten Blutspritzer, Schmierspuren auf meinen Oberschenkeln und meinem Bauch. Ich spürte Feuchtigkeit zwischen meinen Beinen hervorsickern und fuhr mit dem Finger hindurch. Milchig, mit einem schweißigen Geruch, der nicht von mir stammte.

Das reichte, um mir den Traum ins Gedächtnis zurückzurufen – oder was ich für einen Traum gehalten hatte: der massige Bär, der über mir aufragte; der Schrecken, der mich durchfuhr; meine Reglosigkeit, als er mich anstieß und beschnüffelte; sein heißer Atem auf meiner Haut, sein weicher Pelz auf meinen Brüsten, seine Sanftheit, die für ein Tier erstaunlich war.

Dann dieser eine, messerscharfe Moment des Bewusstseins; erst kalt, dann heiß, als nackte Haut, nicht Bärenfell, mich berührte, und dann das benommene Zurückgleiten in trunkenes Träumen, die langsame, kraftvolle Paarung, deren Klimax in Schlaf überging … während er leise auf Schottisch in meinem Ohr grollte.

Ich blickte nach unten und sah die erdbeerfarbene Sichel einer Bissspur auf meiner Schulter.

»Kein Wunder, dass du noch schläfst«, sagte ich vorwurfsvoll. Die Sonne hatte seine Wange erreicht und ließ die Augenbraue in dieser Gesichtshälfte aufflammen wie ein Streichholz. Er öffnete die Augen nicht, doch ein langsames, seliges Lächeln breitete sich als Antwort auf seinem Gesicht aus.

Die Indianer hatten uns eine Portion Bärenfleisch dagelassen, das sie sorgfältig in Ölhaut gewickelt und an die Äste eines Baumes gehängt hatten, um die Stinktiere oder Waschbären davon abzuhalten. Nach dem Frühstück und einem hastigen Bad im Bach orientierte sich Jamie anhand der Sonne und der Berge.

»Dort entlang«, sagte er und nickte zu einem fernen blauen Gipfel hinüber. »Siehst du die Stelle, wo er mit dem niedrigen Berg den Pass bildet? Auf der anderen Seite beginnt das Indianerland; die neue Vertragslinie folgt diesem Bergkamm.«

»Jemand hat tatsächlich eine Landvermessung da oben durchgeführt?« Ich blickte ungläubig auf die Bergzacken, die sich aus den mit Morgennebel gefüllten Tälern erhoben. Die Berge stiegen vor uns auf wie eine endlose Reihe dahintreibender Luftspiegelungen, erst schwarzgrün, dann blau, dann violett, und die entferntesten Berge hoben sich schwarz und nadelspitz vom klaren Himmel ab.

»Oh, aye.« Er schwang sich in den Sattel und wendete sein Pferd, so dass ihm die Sonne über die Schulter fiel. »Das mussten sie, um mit Sicherheit sagen zu können, welches Land besiedelt werden darf. Ich habe mich über die Grenze kundig gemacht, bevor wir Wilmington verlassen haben, und Myers hat dasselbe gesagt – diesseits des höchsten Bergkammes. Ich habe es mir allerdings auch nicht nehmen lassen, die Jungs, die gestern mit uns zu Abend gegessen haben, danach zu fragen, nur um sicherzugehen, dass sie derselben Meinung sind.« Er grinste zu mir herab. »Fertig, Sassenach?«

»Fertiger geht’s nicht«, versicherte ich ihm und wendete mein Pferd, um ihm zu folgen.

Er hatte sein Hemd – oder das, was davon übrig war – im Bach ausgewaschen. Der fleckige Leinenfetzen war hinter seinem Sattel zum Trocknen ausgebreitet, also war er halbnackt in seiner ledernen Reithose und hatte das Plaid lose um die Taille geschlungen. Die langen Kratzer, die die Bärenkrallen hinterlassen hatten, hoben sich schwarz von seiner hellen Haut ab, doch ich sah keine Entzündung, und der Leichtigkeit nach, mit der er sich im Sattel bewegte, schienen ihn die Wunden nicht zu stören.

Und sonst auch nichts, soweit ich sehen konnte. Die Andeutung von Wachsamkeit, die ihn immer begleitete, war noch da; sie war seit seiner Kindheit ein Teil von ihm – doch in der Nacht war irgendeine Last von ihm gewichen. Ich glaubte, dass es vielleicht an unserem Zusammentreffen mit den drei Jägern lag – dieses erste Zusammentreffen mit Wilden war für uns beide sehr beruhigend gewesen, und Jamie schien nicht länger hinter jedem Baum tomahawkschwingende Kannibalen zu vermuten.

Oder vielleicht waren es die Bäume selbst – oder die Berge. Mit jedem Meter, den wir von der Küstenebene aufgestiegen waren, war ihm leichter ums Herz geworden. Ich konnte nicht anders, als seine offensichtliche Freude zu teilen – doch gleichzeitig verspürte ich wachsende Furcht vor den möglichen Folgen dieser Freude.

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