Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich war benebelt von all dem Überfluss, all der Schönheit. Jamies Gesicht trug den traumverblüfften Ausdruck eines Mannes, der weiß, dass er schläft, aber nicht aufwachen will. Paradoxerweise wurde mir umso mulmiger, je besser es mir ging; ich war extrem glücklich – und von extremer Angst erfüllt. Dies war der richtige Ort für ihn, und sicherlich spürte er das genauso wie ich.

Am frühen Nachmittag hielten wir an, um Rast zu machen und aus einer kleinen Quelle am Rand einer Lichtung zu trinken. Der Boden unter den Ahornbäumen war mit einem dichten Teppich aus dunkelgrünen Blättern bedeckt, zwischen denen es plötzlich rot aufblitzte.

»Wilde Erdbeeren!«, sagte ich entzückt.

Die Beeren waren dunkelrot und winzig, ungefähr so groß wie mein Daumengelenk. Gemessen an den Richtlinien des modernen Gartenbaus, wären sie zu herb gewesen, fast bitter, aber zu einer Mahlzeit aus halbgarem Bärenfleisch und steinharten Maiskuchen waren sie einfach köstlich – süße Nadelstiche auf meiner Zunge.

Ich sammelte eine Handvoll nach der anderen in meinem Umhang, ohne mich an den Flecken zu stören – was war schon ein bisschen Erdbeersaft zwischen den Flecken von Kiefernpech, Ruß, Laub und schlichtem Dreck? Als ich fertig war, klebten meine Finger und rochen durchdringend nach Saft, mein Magen war angenehm voll, und von dem herb-sauren Geschmack der Beeren fühlte sich mein Mund ganz rauh an. Dennoch konnte ich nicht widerstehen und nahm mir eine letzte Beere.

Jamie lehnte sich mit dem Rücken an eine Platane, die Augen vor der blendenden Nachmittagssonne halb geschlossen. Die kleine Lichtung hielt das Licht wie eine Schale, hell und klar.

»Was hältst du von diesem Ort, Sassenach?«, fragte er.

»Ich finde ihn wunderschön. Du nicht?«

Er nickte und sah zwischen den Bäumen hinab, wo sich eine Wiese voll Timotheusgras bergab senkte und in einer Reihe von Weiden, die in der Entfernung den Fluss säumte, wieder anstieg.

»Ich überlege«, sagte Jamie ein wenig verlegen. »Hier im Wald ist die Quelle. Die Wiese da unten –« Er deutete mit einer Handbewegung auf die Erlen, die den Bergkamm von dem grasbewachsenen Hang abschirmten. »Sie würde fürs Erste für etwas Vieh reichen, und dann könnte man das Land am Fluss roden und bebauen. Die Steigung hier ist gut zur Entwässerung. Und hier, siehst du …« Hingerissen von seinen Visionen, stand er auf und zeigte mit dem Finger darauf.

Ich sah genau hin – mir erschien die Stelle kaum anders als die steilen, bewaldeten Abhänge und grasbewachsenen Kuppen, die wir in den letzten paar Tagen durchwandert hatten. Doch unter Jamies erfahrenem Blick erhoben sich Häuser und Vorratsschuppen und Felder wie Zauberpilze im Schatten der Bäume.

Er leuchtete förmlich vor Glück. Mir lag das Herz bleischwer in der Brust.

»Du meinst also, wir sollten uns hier ansiedeln? Auf das Angebot des Gouverneurs eingehen?«

Er sah mich an und hielt abrupt in seinen Spekulationen inne.

»Das könnten wir«, sagte er. »Wenn –«

Er brach ab und warf mir einen Seitenblick zu. Sonnenverbrannt, wie er war, konnte ich nicht erkennen, ob er nun von der Sonne oder aus Schüchternheit errötete.

»Glaubst du an Vorzeichen, Sassenach?«

»Was für Vorzeichen?«, fragte ich vorsichtig.

Statt einer Antwort bückte er sich, pflückte einen Trieb vom Boden und ließ ihn in meine Hand fallen – dunkelgrüne Blätter wie kleine, runde chinesische Fächer, eine reinweiße Blüte auf einem schlanken Stiel, und an einem anderen eine halbreife Beere mit purpurroter Spitze.

»Das. Es gehört zu uns, verstehst du?«, sagte er.

»Uns?«

»Zu den Frasers, meine ich«, erklärte er. Mit seinem großen, stumpfen Finger stupste er die Beere sanft an. »Erdbeeren sind immer das Emblem des Clans gewesen – das ist es, was der Name am Anfang bedeutet hat, als ein Monsieur Fréselière mit König William aus Frankreich herüberkam – und zum Lohn für seine Mühen ein Stück Land in den schottischen Bergen in Besitz nahm.«

König William. William der Eroberer. Die Frasers waren vielleicht nicht der älteste der Highlandclans, doch sie waren dennoch von bedeutender Abstammung.

»Krieger seit eh und je, stimmt’s?«

»Und auch Bauern.« Der Zweifel in seinen Augen wich einem Lächeln.

Ich sagte nicht, was ich dachte, doch ich wusste sehr gut, dass ihm derselbe Gedanke durch den Kopf gehen musste. Vom Clan der Frasers waren nur noch verstreute Fragmente geblieben, jene, die durch Flucht, List oder Glück überlebt hatten. Die Clans waren auf dem Schlachtfeld von Culloden zerschlagen worden, ihre Oberhäupter in der Schlacht umgekommen oder von der Justiz ermordet.

Und doch stand er hier, hochgewachsen und aufrecht, den dunklen Stahl eines Highlanddolches an seiner Seite. Krieger und Bauer zugleich. Und wenn er auch nicht den Boden Schottlands unter den Füßen hatte, so atmete er doch in Freiheit – und es war Bergwind, der in seinem kupferroten Haar spielte.

Ich lächelte ihn an und unterdrückte mein wachsendes Unwohlsein.

»Fréselière, was? Mr. Erdbeere? Dann hat er sie also angebaut – oder hat er sie nur gern gegessen?«

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