Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

»Ich habe keine Alpträume«, sagte ich mit mehr Nachdruck, als nötig gewesen wäre, wenn ich die Wahrheit gesagt hätte. Ich hatte Alpträume im Wachen, die allerdings nicht von der Einnahme halluzinogener Pflanzensubstanzen herrührten.

Er seufzte.

»Hast du vor, mir geradeheraus zu sagen, wovon du redest, Sassenach, oder möchtest du, dass ich erst ein bisschen leide?«

Ich starrte ihn wütend an, wie üblich hin- und hergerissen zwischen dem Drang zu lachen und dem Drang, mit einem stumpfen Gegenstand auf ihn einzuschlagen. Dann besiegte eine Welle der Verzweiflung das Lachen und die Wut. Schicksalsergeben ließ ich die Schultern sinken.

»Ich rede von dir«, sagte ich.

»Von mir? Warum?«

»Weil du ein verdammter Highlander bist und es dir nur um Ehre und Mut und Treue geht, und ich weiß, dass du nichts daran ändern kannst, das würde ich auch gar nicht wollen, nur – nur, verdammt, es wird dich nach Schottland führen und dich umbringen, und ich kann nichts dagegen tun!«

Er sah mich mit ungläubigem Blick an.

»Schottland?«, sagte er, als hätte ich etwas völlig Verrücktes gesagt.

»Schottland! Wo dein verdammtes Grab ist!«

Er fuhr sich langsam mit der Hand durch die Haare und sah mich von oben herab an.

»Oh«, sagte er schließlich. »Ich verstehe schon. Du meinst, wenn ich nach Schottland fahre, muss ich dort sterben, weil ich dort begraben werde. Ist es so?«

Ich nickte, zu aufgeregt zum Sprechen.

»Mmpf. Und warum genau meinst du, dass ich nach Schottland fahre?«, fragte er vorsichtig.

Ich starrte ihn entnervt an und deutete auf die Wildnis um uns herum.

»Wo zum Teufel willst du denn sonst Siedler für dieses Land herbekommen? Natürlich fährst du nach Schottland.«

Jetzt sah er mich seinerseits entnervt an.

»Wie um Himmels willen meinst du, dass ich das tun soll, Sassenach? Ich hätte es vielleicht tun können, als ich die Edelsteine noch hatte, aber jetzt? Ich habe gerade mal zehn Pfund, und die sind geliehen. Soll ich vielleicht wie ein Vogel nach Schottland fliegen? Und die Leute auf dem Rückweg hinter mir herführen, indem ich über das Wasser wandle?«

»Dir fällt schon etwas ein«, sagte ich elend. »Wie immer.«

Er warf mir einen seltsamen Blick zu, dann wandte er sich ab und schwieg einige Augenblicke, bevor er antwortete.

»Mir ist nicht klar gewesen, dass du mich für den Allmächtigen hältst, Sassenach«, sagte er schließlich.

»Das tue ich auch nicht«, sagte ich. »Für Moses vielleicht.« Die Worte waren scherzhaft, doch keiner von uns machte Witze.

Er entfernte sich ein Stück, die Hände auf dem Rücken verschränkt.

»Pass auf die Kletten auf«, rief ich hinter ihm her, als ich ihn auf den Ort meines Missgeschicks zusteuern sah. Er änderte seinen Kurs, sagte aber nichts. Den Kopf nachdenklich gesenkt, ging er auf der Lichtung auf und ab. Schließlich kam er zurück und stellte sich vor mich.

»Ich kann es nicht allein«, sagte er leise. »Da hast du recht. Aber ich glaube nicht, dass ich mir meine Siedler in Schottland suchen muss.«

»Sondern?«

»Meine Männer – die Männer, die mit mir in Ardsmuir waren«, sagte er. »Sie sind schon hier.«

»Aber du hast doch keine Ahnung, wo sie sind«, protestierte ich. »Und außerdem sind sie vor Jahren deportiert worden! Sie werden sich längst irgendwo niedergelassen haben; verdammt, sie werden kaum ihre Zelte abbrechen und mit dir ans Ende der Welt kommen wollen.«

Er lächelte, etwas ironisch.

»Du hast es auch getan, Sassenach.«

Ich holte tief Luft. Die bohrende Furcht, die mein Herz wochenlang belastet hatte, hatte nachgelassen. Doch jetzt, da ich von dieser Sorge befreit war, konnte ich mich mit der überwältigenden Schwierigkeit der Aufgabe befassen, die er sich gestellt hatte – Männer aufzuspüren, die über drei Kolonien verstreut waren, sie zu überreden, sich ihm anzuschließen, und gleichzeitig genug Kapital aufzutreiben, um die Rodung des Landes und seine Bepflanzung zu finanzieren. Ganz zu schweigen von dem enormen Arbeitsaufwand, der dazu gehörte, dieser jungfräulichen Wildnis eine kleine Niederlassung abzuringen.

»Mir fällt schon etwas ein«, sagte er und lächelte leise, als er Zweifel und Unsicherheit über mein Gesicht huschen sah. »Wie immer, aye?«

Mein Atem entwich in einem langen Seufzer.

»Wie immer«, sagte ich. »Jamie – bist du sicher? Deine Tante Jocasta –«

Er tat die Möglichkeit mit einer Handbewegung ab.

»Nein«, sagte er. »Niemals.«

Ich zögerte immer noch, denn ich hatte ein schlechtes Gewissen.

»Du würdest nicht – es ist nicht nur meinetwegen? Was ich über die Sklavenhaltung gesagt habe?«

»Nein«, sagte er. Er hielt inne, und ich sah die beiden verkrümmten Finger seiner rechten Hand zucken. Er sah es auch und hörte abrupt mit der Bewegung auf.

»Ich habe wie ein Sklave gelebt, Claire«, sagte er leise mit gesenktem Kopf. »Ich könnte nicht in dem Bewusstsein leben, dass es einen Menschen auf der Welt gäbe, der mir gegenüber das empfände, was ich gegenüber jenen empfunden habe, die glaubten, mich zu besitzen.«

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