Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich streckte die Hand aus und bedeckte seine verkrüppelte Hand mit der meinen. Tränen liefen mir über die Wangen, warm und wohltuend wie Sommerregen.

»Du verlässt mich nicht?«, fragte ich schließlich. »Du stirbst nicht?«

Er schüttelte den Kopf und drückte mir fest die Hand.

»Du bist mein Mut, wie ich dein Gewissen bin«, flüsterte er. »Du bist mein Herz – und ich dein Mitgefühl. Keiner von uns beiden ist ohne den anderen vollständig. Weißt du das nicht, Sassenach?«

»Doch, das weiß ich«, sagte ich, und meine Stimme zitterte. »Deshalb habe ich ja solche Angst. Ich will nicht wieder ein halber Mensch sein, ich kann es nicht ertragen.«

Er strich mir mit dem Daumen eine Locke von der feuchten Wange und nahm mich in die Arme, so nah, dass ich spüren konnte, wie sich seine Brust beim Atmen hob und senkte. Er war so wirklich, so lebendig, sein rotes Haar gewelltes Gold auf bloßer Haut. Und doch hatte ich ihn schon einmal so festgehalten – und ihn verloren.

Seine Hand berührte meine Wange, warm trotz der Feuchtigkeit meiner Haut.

»Aber verstehst du nicht, wie belanglos der Gedanke an den Tod für uns beide ist, Claire?«, flüsterte er.

Meine Hände ballten sich auf seiner Brust zu Fäusten. Nein, ich fand den Gedanken nicht belanglos.

»Die ganze Zeit nach unserem Abschied, nach Culloden – damals war ich doch tot, oder?«

»Das habe ich gedacht. Darum habe ich – oh.« Ich atmete tief und zittrig ein, und er nickte.

»In zweihundert Jahren werde ich mit absoluter Sicherheit tot sein, Sassenach«, sagte er. Er lächelte schief. »Ob es Indianer sind, wilde Tiere, eine Seuche, die Galgenschlinge oder auch nur ein gesegnetes hohes Alter – ich werde tot sein.«

»Ja.«

»Und während du dort warst – in deiner eigenen Zeit –, da war ich tot, oder nicht?«

Ich nickte wortlos. Selbst jetzt noch konnte ich hinter mir den Abgrund der Verzweiflung sehen, in den mich diese Trennung gestürzt hatte und aus dem ich mich unter großen Schmerzen herausgearbeitet hatte.

Jetzt stand ich wieder mit ihm auf dem Gipfel des Lebens und wollte nicht an den Abstieg denken. Er bückte sich, pflückte einen Grashalm und breitete die weichen, grünen Grannen zwischen seinen Fingern aus.

»›Der Mensch ist wie das Gras im Felde‹«, zitierte er leise und strich mit dem schlanken Stiel über meine Fingerknöchel, die an seiner Brust ruhten. »›Heute erblüht es; morgen welkt es dahin und wird in den Ofen geworfen.‹«

Er hob das seidige, grüne Büschel an die Lippen und küsste es, dann berührte er sanft meinen Mund damit.

»Ich war tot, Sassenach – und doch habe ich dich die ganze Zeit geliebt.«

Ich schloss die Augen und fühlte, wie das Gras meine Lippen kitzelte, so sachte wie die Berührung von Sonne und Luft.

»Ich liebe dich auch«, flüsterte ich. »Ich werde dich immer lieben.«

Der Grashalm fiel zu Boden. Die Augen immer noch geschlossen, spürte ich, wie er sich zu mir herüberbeugte und sein Mund sich auf den meinen legte, warm wie die Sonne, leicht wie die Luft.

»Solange mein Körper lebt und der deine – sind wir eins«, flüsterte er. Seine Finger strichen über meine Haare und mein Kinn, über Hals und Brust, und ich atmete seinen Atem und spürte ihn lebendig unter meiner Hand. Dann lag mein Kopf an seinen Schultern, seine Stärke schützte mich, und seine Worte klangen tief und sanft in seiner Brust.

»Und wenn mein Körper aufhört zu sein, ist meine Seele immer noch dein, Claire – ich schwöre bei meiner Hoffnung auf den Himmel, wir werden nicht getrennt.«

Der Wind bewegte die Blätter der Kastanien, und rings um uns stiegen die schweren Düfte später Sommerrosen auf; Kiefern und Gras und Erdbeeren, sonnengewärmter Stein und kühles Wasser, und der scharfe Geruch seines Körpers neben meinem.

»Nichts geht verloren, Sassenach; es verändert sich nur.«

»Das ist der erste Hauptsatz der Thermodynamik«, sagte ich und wischte mir die Nase.

»Nein«, sagte er. »Das ist Zuversicht.«




Sechster Teil


Je t’aime





Kapitel 17

Schöne Feiertage


Inverness


Schottland


23. Dezember 1969

Er überprüfte zum dutzendsten Mal den Zugfahrplan und strich dann im Wohnzimmer des Pfarrhauses herum, denn er war zu nervös zum Stillsitzen. Noch eine Stunde.

Das Zimmer war halb zerlegt, und Kartons stapelten sich kunterbunt auf jeder Oberfläche. Er hatte versprochen, das Haus zum Neujahrstag geräumt zu haben, bis auf die Stücke, die Fiona behalten wollte.

Er wanderte durch den Flur und in die Küche, stand einen Moment lang da und starrte in den uralten Kühlschrank, entschied, dass er keinen Hunger hatte, und schloss die Tür.

Er wünschte, Mrs. Graham und der Reverend hätten Brianna kennenlernen können und Brianna sie. Er lächelte beim Anblick des leeren Küchentisches und erinnerte sich an eine Unterhaltung, die er als Jugendlicher mit den beiden älteren Herrschaften geführt hatte, als er, erfüllt von rasender – und unerwiderter – Begierde nach der Tochter des Tabakhändlers, gefragt hatte, woran man erkannte, dass man wirklich verliebt war.

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