Er hatte recht; der neugetaufte Judas stand ungesattelt Kopf an Schwanz mit einem stämmigen grauen Wallach im Pferch, und sie vertrieben einträchtig Fliegen.
»Weißt du, wem er gehört?«, fragte ich. Ich war noch nicht abgestiegen, alle paar Minuten überkamen mich leichte Schwindelanfälle und zwangen mich, mich an den Sattel zu klammern. Der Boden unter dem Pferd schien sich sanft zu heben und zu senken wie Segel auf dem Ozean.
»Nein, aber es muss ein Freund sein«, sagte Jamie. »Er hat für mich die Tiere versorgt und die Ziege gemolken.« Er nickte von der heugefüllten Futterkrippe der Pferde zur Tür, wo ein Milcheimer auf der Bank stand, ordentlich mit einem Stück Stoff zugedeckt, damit keine Fliegen hineinfielen.
»Komm, Sassenach.« Er streckte die Hand aus und fasste mich um die Taille. »Wir stecken dich ins Bett und kochen dir eine Kanne Tee.«
Man hatte uns kommen hören; die Tür der Blockhütte öffnete sich, und Duncan Innes schaute heraus.
»Ah, da bist du ja, Mac Dubh«, sagte er. »Was ist denn passiert? Deine Ziege hat ein gottserbärmliches Theater gemacht, und ihr Euter war kurz vorm Platzen, als ich heute Morgen hier angekommen bin.« Dann sah er mich, und sein langes, trauriges Gesicht wurde vor Überraschung ausdruckslos.
»Mrs. Claire!«, sagte er, indem er meine schmutzige und angeschlagene Erscheinung überflog. »Dann habt Ihr also einen Unfall gehabt? Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich unterwegs das Pferd allein auf dem Berg gefunden habe mit Eurer Kiste auf dem Sattel. Ich habe mich umgesehen und nach Euch gerufen, konnte aber keine Spur von Euch finden, also habe ich das Pferd zum Haus mitgenommen.«
»Ja, ich hatte einen Unfall«, sagte ich, während ich versuchte, allein zu stehen, womit ich keinen großen Erfolg hatte. »Es ist aber nichts passiert.« Ich war mir dessen nicht ganz sicher. Mein Kopf fühlte sich dreimal so groß an wie sonst.
»Sofort ins Bett«, sagte Jamie bestimmt und fasste mich an den Armen, bevor ich umfallen konnte.
»Erst ein Bad«, sagte ich.
Er blickte zum Bach.
»Da erfrierst du, oder du ertrinkst. Oder beides. Um Himmels willen, Sassenach, iss etwas und geh ins Bett; du kannst dich morgen waschen.«
»Jetzt. Heißes Wasser. Kessel.« Ich hatte nicht die Kraft zu einer längeren Diskussion, doch ich war fest entschlossen. Ich würde nicht schmutzig ins Bett gehen, und ich würde auch nicht hinterher verdreckte Laken waschen.
Jamie sah mich verzweifelt an, dann verdrehte er die Augen und gab auf.
»Dann also den Kessel mit heißem Wasser«, sagte er. »Ian, hol Holz und sieh dann mit Duncan nach den Schweinen. Ich schrubbe deine Tante ab.«
»Ich kann mich selber abschrubben!«
»Den Teufel kannst du.«
Er hatte recht; meine Finger waren so steif, dass sie die Haken meines Oberteils nicht aufbekamen. Er zog mich aus, als wäre ich ein kleines Kind, warf den zerrissenen Rock und die verdreckten Unterröcke einfach in die Ecke und zog mir das Hemd und das Mieder aus, das ich so lange getragen hatte, dass die Stofffalten tiefe rote Rillen in meiner Haut hinterlassen hatten. Ich stöhnte in einer wollüstigen Mischung aus Schmerz und Wohlergehen und massierte die roten Stellen, während das Blut in meinen eingeengten Oberkörper zurückströmte.
»Hinsetzen«, sagte er und schob einen Hocker unter mich, als ich mich fallen ließ. Er wickelte mir eine Bettdecke um die Schultern, stellte einen Teller mit anderthalb vertrockneten Haferkeksen vor mich hin und ging dann zum Schrank, um ihn nach Seife, Waschlappen und Leinenhandtüchern zu durchwühlen.
»Bitte such die grüne Flasche«, sagte ich, während ich an dem trockenen Keks knabberte. »Ich muss mir die Haare waschen.«
»Mmpf.« Es klapperte noch mehr, und schließlich tauchte er mit vollen Händen wieder auf. Er brachte mir unter anderem ein Handtuch und die Flasche mit dem Shampoo, das ich – da ich mir die Haare nicht mit Seife waschen wollte – aus Seifenkraut, Lupinenöl, Walnussblättern und Calendulablüten hergestellt hatte. Er stellte es zusammen mit meiner größten Rührschüssel auf den Tisch und füllte sie vorsichtig mit heißem Wasser aus dem Kessel.
Nachdem Jamie es ein wenig hatte abkühlen lassen, tauchte er ein Tuch ins Wasser und kniete sich hin, um mir die Füße zu waschen.
Das warme Tuch an meinen wunden, halberfrorenen Füßen zu spüren, kam der Ekstase so nah, wie ich es mir diesseits des Himmels nur erhoffen konnte. Müde und halb betrunken, wie ich war, fühlte ich mich, als löste ich mich von den Füßen aufwärts auf, während er mich sanft, aber gründlich abwusch.
»Wie ist das denn passiert, Sassenach?« Aus einem Zustand zurückgeholt, der dem Schlaf so nah war wie dem Wachen, blickte ich benommen auf mein linkes Knie herunter. Es war geschwollen, und die Innenseite hatte die tiefe blaulila Farbe von Enzianblüten angenommen.
»Oh … als ich vom Pferd gefallen bin.«