Ha, dachte ich bei mir. Du hast die Nacht mit einem Gespenst verbracht und hältst
»Unsinn«, sagte ich mit weitaus mehr Überzeugung, als ich fühlte. »Es ist nur ein Stein.«
»Oh, es ist nicht so, dass sie wirklich Unglück bringen, Onkel Jamie«, warf Ian ein. »Meine Mutter hat einen kleinen Opalring – obwohl er nicht im Entferntesten so ist wie dieser hier!« Ian berührte den Stein respektvoll. »Und sie hat gesagt, ein Opal nimmt etwas von der Persönlichkeit seines Besitzers an – wenn man also einen Opal hätte, der vorher einem guten Menschen gehört hat, wäre alles in Ordnung, und er würde einem Glück bringen. Aber wenn nicht –« Er zuckte die Achseln.
»Aye, gut«, sagte Jamie trocken. Er wies mit dem Kinn auf den Totenschädel. »Wenn er dem da gehört hat, scheint er ihm nicht allzu viel Glück gebracht zu haben.«
»Zumindest wissen wir, dass man ihn nicht des Steines wegen umgebracht hat«, wandte ich ein.
»Vielleicht wollten sie ihn nicht haben, weil sie wussten, dass er Unglück bringt«, meinte Ian. Er sah den Stein stirnrunzelnd an, eine Sorgenfalte zwischen den Augen. »Vielleicht sollten wir ihn zurückbringen, Tante Claire.«
Ich rieb mir die Nase und sah Jamie an.
»Er ist wahrscheinlich ziemlich wertvoll«, sagte ich.
»Ah.« Die beiden Männer standen einen Augenblick lang nachdenklich da, hin- und hergerissen zwischen Aberglauben und Pragmatismus.
»Aye, nun gut«, sagte Jamie schließlich, »ich schätze, es kann nicht schaden, wenn wir ihn eine Weile behalten.« Seine Mundwinkel zogen sich zu einem Lächeln hoch. »Ich will ihn tragen, Sassenach; wenn ich auf dem Heimweg vom Blitz getroffen werde, kannst du ihn zurückbringen.«
Ich stand umständlich auf und hielt mich dabei an Jamies Arm fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich blinzelte schwankend vor mich hin, doch ich blieb stehen. Jamie nahm mir den Stein aus der Hand und ließ ihn in seinen Sporran gleiten.
»Ich werde ihn Nayawenne zeigen«, sagte ich. »Vielleicht weiß sie zumindest, was die Gravur bedeutet.«
»Eine gute Idee, Sassenach«, pflichtete Jamie mir bei. »Und wenn unser Traumprinz hier ein Verwandter von ihr ist, hat sie meinen Segen, ihn zu behalten.« Er wies mit einem Kopfnicken auf eine kleine Ahorngruppe in hundert Metern Entfernung, deren Blätter einen ersten Hauch von Gelb aufwiesen.
»Die Pferde sind da drüben angebunden. Kannst du laufen, Sassenach?«
Ich blickte abschätzend auf meine Füße. Sie schienen viel weiter weg zu sein, als ich es gewohnt war.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte ich. »Ich glaube, ich bin wirklich ziemlich betrunken.«
»Och, nein, Tante Claire«, versicherte Ian mir liebenswürdig. »Mein Pa sagt, man ist nicht betrunken, solange man noch auf den Füßen steht.«
Jamie lachte und warf sich das Ende seines Plaids über die Schulter.
»
Ian verschluckte sich an seinem Kichern und erholte sich hustend.
»Aye, gut. Es ist nicht mehr weit, Tante Claire. Bist du dir sicher, dass du nicht laufen kannst?«
»Also, ich hebe sie nicht mehr hoch, das sage ich dir«, sagte Jamie, ohne meine Antwort abzuwarten. »Ich will mir nicht das Kreuz verrenken.« Er nahm Ian den Schädel ab, hielt ihn zwischen den Fingerspitzen und legte ihn mir vorsichtig in den Schoß. »Warte hier mit deinem Freund, Sassenach«, sagte er. »Ian und ich gehen die Pferde holen.«
Als wir Fraser’s Ridge erreichten, war es früher Nachmittag. Ich hatte fast zwei Tage lang gefroren, nass und ohne Nahrung verbracht und fühlte mich deutlich benommen; ein Gefühl, das noch verstärkt wurde durch weitere Brandyinfusionen und durch meine Bemühungen, Ian und Jamie die Ereignisse der vergangenen Nacht zu erklären. Bei Tageslicht kam mir die ganze Nacht unwirklich vor.
Andererseits kommt einem fast alles unwirklich vor, wenn man es durch einen Nebelschleier aus Erschöpfung, Hunger und leichter Trunkenheit betrachtet. Demzufolge hielt ich es zunächst für eine Halluzination, als wir auf die Lichtung einbogen und ich den Rauch aus dem Schornstein kommen sah – bis mir der Geruch brennenden Hickoryholzes in die Nase stieg.
»Ich dachte, ihr habt gesagt, ihr hättet das Feuer eingedämmt«, sagte ich zu Jamie. »Ein Glück, dass ihr das Haus nicht in Brand gesteckt habt.« Solche Unfälle geschahen häufig; ich hatte schon mehr als einmal von Blockhäusern gehört, die aufgrund eines unbeaufsichtigten Herdfeuers abgebrannt waren.
»Das habe ich auch«, sagte er knapp und schwang sich aus dem Sattel. »Es ist jemand hier. Kennst du das Pferd, Ian?«
Ian richtete sich in den Steigbügeln auf, um einen Blick in den Pferch zu werfen.
»Oh, es ist Tante Claires hinterlistiger Gaul!«, sagte er überrascht. »Und daneben steht ein großer Apfelschimmel.«