Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Ich dagegen pflückte einen zarten Kermesbeerenstiel aus der Schüssel, knabberte daran und genoss den scharfen Geschmack.

»Er ist das Oberhaupt einer großen Familie; Deutsch-Lutheraner, wie Ihr zweifellos mitbekommen habt. Sie wohnen ungefähr fünfzehn Meilen von hier, unten im Flusstal.«

»Ja?«

»Gerhard ist groß, und er ist stur, wie Ihr ebenfalls zweifelsohne mitbekommen habt. Spricht ein paar Worte Englisch, aber nicht viel. Er ist alt, aber, mein Gott, er ist stark!« Ich konnte immer noch vor mir sehen, wie der alte Mann, dessen Schultern von sehnigen Muskeln durchflochten waren, fünfzig Pfund schwere Mehlsäcke in seinen Wagen warf, als enthielten sie Federn.

»Dieser Streit, den er mit Jamie hatte – hat er den Eindruck gemacht, als wäre er von der nachtragenden Sorte?«

»Er ist definitiv von der nachtragenden Sorte, aber nicht deswegen. Es war kein richtiger Streit. Es –« Ich schüttelte den Kopf und suchte nach einer Möglichkeit, es zu beschreiben. »Kennt Ihr Euch mit Maultieren aus?«

Seine hellen Augenbrauen hoben sich, und er lächelte.

»Ein bisschen, ja.«

»Also, Gerhard Mueller ist wie ein Maultier. Er ist nicht grundsätzlich böswillig, und man kann ihn auch nicht als dumm bezeichnen – aber er hat nicht besonders viel Aufmerksamkeit für die Dinge übrig, die sich außerhalb seines Kopfes abspielen, und man kann ihn nur mit viel Kraft dazu bewegen, sie auf irgendetwas anderes zu richten.«

Ich war bei der Auseinandersetzung in der Mühle nicht dabei gewesen, doch Ian hatte sie mir beschrieben. Der Alte hatte es sich fest in den Kopf gesetzt, dass Felicia Woolam, eine der drei Töchter des Mühlenbesitzers, ihn beim Wiegen übervorteilt hatte und ihm noch einen Sack Mehl schuldete.

Felicia hatte vergebens eingewandt, dass er ihr fünf Säcke Weizen gebracht hatte; sie hatte sie gemahlen und vier Säcke mit dem resultierenden Mehl gefüllt. Sie hatte darauf beharrt, dass die von den Körnern getrennte Spreu und die Hülsen den Unterschied ausmachten. Fünf Säcke Weizen ergaben vier Säcke Mehl.

»Fünf!«, hatte Mueller gesagt. »Es gibt fünf!« Er war nicht vom Gegenteil zu überzeugen und begann, kräftig auf Deutsch zu fluchen, wobei er das Mädchen wütend anstarrte und sie in eine Ecke drängte.

Ian, der erfolglos versucht hatte, die Aufmerksamkeit des alten Mannes auf sich zu ziehen, war nach draußen gesaust, um Jamie zu holen, der sich gerade mit Mr. Woolam unterhielt. Die beiden Männer waren in die Mühle geeilt, hatten aber nicht mehr Erfolg als Ian dabei, Mueller von der Überzeugung abzubringen, dass man ihn betrogen hatte.

Er hatte ihre Ermahnungen ignoriert und sich Felicia in der klaren Absicht genähert, sich mit Gewalt einen weiteren Mehlsack von dem Haufen hinter ihr zu nehmen.

»An dieser Stelle gab Jamie es auf, mit ihm zu argumentieren, und hat ihn geschlagen«, sagte ich.

Er hatte anfangs gezögert, es zu tun, da Mueller fast siebzig ist, hatte aber seine Meinung rapide geändert, als sein erster Schlag von Muellers Kinn abprallte, als bestünde es aus gut abgelagertem Eichenholz.

Der alte Mann war auf ihn losgegangen wie ein in die Enge getriebener Keiler, worauf Jamie ihn so fest wie möglich erst in den Magen und dann auf den Mund geboxt hatte. Damit hatte er Mueller niedergeschlagen und sich die Fingerknöchel an den Zähnen des alten Mannes aufgerissen.

Mit einer an Woolam gerichteten Bemerkung – der Quäker war und daher Gewalt ablehnte – hatte er Mueller dann an den Beinen gepackt und den benommenen Bauern nach draußen gezerrt, wo einer von Muellers Söhnen geduldig im Wagen wartete. Jamie hatte den alten Mann am Kragen hochgehievt, ihn gegen den Wagen gedrückt und ihn dort festgehalten. Er hatte freundlich auf Deutsch auf ihn eingeredet, bis Mr. Woolam – der das Mehl hastig umverpackt hatte – herausgekommen war und unter dem bohrenden Blick des alten Mannes fünf Säcke in den Wagen geladen hatte.

Mueller hatte sie zweimal sorgfältig durchgezählt, sich dann an Jamie gewandt und sich würdevoll bedankt. Dann war er neben seinem verblüfften Sohn auf den Wagen gestiegen und davongefahren.

Grey kratzte an den Überresten seines Ausschlags herum und lächelte.

»Ich verstehe. Also schien er es nicht übelgenommen zu haben?«

Ich schüttelte kauend den Kopf und schluckte dann.

»Überhaupt nicht. Er war die Liebenswürdigkeit in Person, als ich auf den Hof kam, um bei Petronellas Geburt zu helfen.« Die erneute Erkenntnis, dass sie nicht mehr lebte, schnürte mir die Kehle zu, und ich verschluckte mich am bitteren Geschmack der Löwenzahnblätter, als mir die Galle im Hals aufstieg.

»Hier.« Grey schob mir den Alekrug über den Tisch zu.

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