Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Der Pastor sah noch verstörter aus als zuvor und rang fast die Hände vor Sorge. Er sprach ein paar Sätze, die flehend klangen, und als er sah, dass ich ihn nicht verstand, wiederholte er sich, wobei er langsamer und lauter sprach. Sein untersetzter Körper rang um Ausdruck, und er versuchte, mich durch schiere Willenskraft zum Verstehen zu zwingen.

Ich schüttelte immer noch hilflos den Kopf, als hinter mir eine scharfe Stimme erklang.

In forderndem Tonfall sprach Lord John ein paar deutsche Worte und trat vor die Tür. Wie ich erfreut feststellte, hatte er seine Kniehosen angezogen, obwohl er immer noch barfuß war und ihm das blonde Haar lose über die Schultern strömte.

Der Pastor warf mir einen entsetzten Blick zu und ging eindeutig vom Schlimmsten aus, doch Lord John wischte ihm diesen Ausdruck mit einem weiteren deutschen Wortschwall aus dem Gesicht. Der Pastor verneigte sich entschuldigend vor mir und wandte sich dann eifrig an den Engländer. Er stotterte und gestikulierte in seiner Hast, seine Geschichte zu erzählen.

»Was?«, sagte ich, da es mir nicht gelungen war, mehr als ein oder zwei Worte aus der teutonischen Sturmflut aufzufangen. »Was in aller Welt sagt er?«

Grey wandte sich mit grimmigem Gesicht an mich.

»Kennt Ihr eine Familie namens Mueller?«

»Ja«, sagte ich, und bei der Nennung des Namens flackerte sofort Alarm in mir auf. »Ich habe Petronella Mueller vor drei Wochen entbunden.«

»Ah.« Grey leckte sich die trockenen Lippen und sah zu Boden; er wollte es mir nicht sagen. »Das – das Kind ist tot, fürchte ich. Und die Mutter auch.«

»Oh, nein.« Ich sank auf die Bank neben der Tür, und absolute Hilflosigkeit überschwemmte mich. »Nein. Das kann nicht sein.«

Grey rieb sich mit der Hand über den Mund und nickte, während der Pastor weitersprach und dabei aufgeregt seine kleinen, fetten Hände schwenkte.

»Er sagt, es waren die Masern.«

Er fuhr auf Deutsch an den Pastor gewandt fort und deutete auf die Reste des Ausschlags, die immer noch in seinem Gesicht zu sehen waren.

Der Pastor nickte nachdrücklich und wiederholte Lord Johns Worte, wobei er sich auf die eigenen Wangen klopfte.

»Aber wozu braucht er Jamie?«, fragte ich, und Verwunderung mischte sich unter meine Besorgnis.

»Offensichtlich glaubt er, dass Jamie in der Lage sein könnte, den Mann zur Vernunft zu bringen – Herrn Mueller. Sind die beiden befreundet?«

»Nicht direkt, nein. Jamie hat Gerhard Mueller letztes Frühjahr vor der Mühle ins Gesicht geboxt und ihn niedergeschlagen.«

In Lord Johns von Krusten überzogener Wange zuckte ein Muskel.

»Ich verstehe. Dann benutzt er also den Begriff ›zur Vernunft bringen‹ im weitesten Sinne, ja?«

»Mueller kann man nur mit Methoden zur Vernunft bringen, die nicht komplexer sind als ein Axtstiel«, sagte ich. »Aber inwiefern ist er denn unvernünftig?«

Grey zögerte, wandte sich dann erneut an den kleinen Priester, fragte ihn noch etwas und lauschte gebannt dem darauffolgenden deutschen Sturzbach.

Stück für Stück, unter ständigen Unterbrechungen und häufigem Gestikulieren, kam die Übersetzung der Geschichte heraus.

Wie Lord John uns schon berichtet hatte, gab es eine Masernepidemie in Cross Creek. Diese hatte offensichtlich auf das Hinterland übergegriffen; mehrere Haushalte in Salem waren betroffen, doch die Muellers hatten dank ihrer Isolation bis vor kurzem keine Ansteckung erlitten.

Doch am Tag, bevor sich die ersten Masernsymptome zeigten, hatte eine kleine Gruppe Indianer auf dem Muellerhof haltgemacht und hatte um etwas zu essen und zu trinken gebeten. Mueller, mit dessen Ansichten über Indianer ich bestens vertraut war, hatte sie unter einem Schwall von Beschimpfungen verjagt. Die beleidigten Indianer hatten – so Mueller – mysteriöse Zeichen in Richtung des Hauses gemacht, als sie fortritten.

Als am nächsten Tag die Masern in der Familie ausbrachen, stand für Mueller fest, dass ihnen die Krankheit angehext worden war, dass die Indianer, die er vor den Kopf gestoßen hatte, sie über sein Haus gebracht hatten. Er hatte sogleich Symbole gegen den Zauber auf die Wände gemalt und den Pastor aus Salem herbeigerufen, damit er einen Exorzismus durchführte … »Ich glaube, das hat er gesagt«, fügte Lord John zweifelnd hinzu. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob er damit meint …«

»Egal«, sagte ich ungeduldig. »Weiter!«

Keine dieser Vorsichtsmaßnahmen hatte Mueller etwas genützt, und als Petronella und das Neugeborene der Krankheit erlagen, hatte der alte Mann den Rest seines Verstandes verloren. Unter Racheschwüren gegen die Wilden, die diese Katastrophe über seinen Haushalt gebracht hatten, hatte er seine Söhne und Schwiegersöhne gezwungen, ihn zu begleiten, und war in die Wälder davongeritten.

Vor drei Tagen waren sie von dieser Expedition zurückgekehrt, die Söhne bleich und schweigsam, der alte Mann fiebernd vor kalter Genugtuung.

Gottfried sprach weiter, und die Erinnerung trieb ihm den Schweiß ins Gesicht. Ich war dort, hatte er gesagt. Ich habe ihn gesehen.

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