Er hob den Kopf von meiner Brust, und es gab ein leises, klebriges Geräusch, als sich seine Wange löste. Er lachte und glitt langsam zur Seite.
»Mein Gott, ist das heiß!«, sagte er. Er schob sich das schweißnasse Haar aus der Stirn und atmete aus. Seine Brust hob und senkte sich immer noch vor Anstrengung. »Wie schaffen die Leute das, wenn es so heiß ist?«
»Genau wie wir gerade«, erläuterte ich. Ich atmete selbst schwer.
»Das geht nicht«, sagte er im Brustton der Überzeugung. »Nicht auf die Dauer, sie würden sterben.«
»Nun, vielleicht machen sie es langsamer«, sagte ich. »Oder unter Wasser. Oder sie warten bis zum Herbst.«
»Bis zum Herbst?«, sagte er. »Vielleicht möchte ich doch nicht im Süden leben. Ist es heiß in Boston?«
»Um diese Jahreszeit schon«, versicherte ich ihm. »Und im Winter verdammt kalt. Du wirst dich an die Hitze gewöhnen. Und an die Insekten.«
Er streifte sich eine eifrige Mücke von der Schulter und blickte von mir zum Fluss.
»Vielleicht«, sagte er, »vielleicht auch nicht, aber im Moment …« Er schlang die Arme fest um mich und drehte sich. Mit der schwerfälligen Eleganz eines rollenden Baumstamms fielen wir vom Rand der Felsbank ins Wasser.
Wir lagen feucht und kühl auf dem Felsen und berührten uns kaum, während die letzten Wassertropfen auf unserer Haut verdampften. Am anderen Ufer ließen die Weiden ihre Blätter ins Wasser hängen, und ihre Kronen sahen im Mondlicht schwarz und zerzaust aus. Hinter den Weiden lagen Morgen um Morgen und Meile um Meile jungfräulicher Wälder, denn die Zivilisation hatte gerade erst am Rand des Kontinentes Fuß gefasst.
Jamie folgte meiner Blickrichtung und erriet meine Gedanken.
»Es hat sich wohl ziemlich verändert, seit du es zuletzt gesehen hast, oder?« Er deutete auf das Blätterdunkel.
»Ach, ein bisschen.« Ich verschränkte meine Hand mit der seinen, und mein Daumen liebkoste abwesend seinen breiten knochigen Handrücken. »Die Straßen sind dann befestigt, nicht gepflastert, sondern mit einem harten, glatten Material bedeckt, das ein Schotte namens MacAdam erfunden hat.«
Jamie grunzte leise vor Belustigung.
»Also gibt es dann Schotten in Amerika? Das ist gut.«
Ich ignorierte ihn und redete weiter, während ich in die tanzenden Schatten blickte, als könnte ich die blühenden Städte heraufbeschwören, die dort eines Tages entstehen sollten.
»Es wird dann Menschen aus aller Herren Länder in Amerika geben. Das ganze Land wird besiedelt, von hier bis zur Westküste, bis zu einem Ort namens Kalifornien. Aber im Augenblick« – ich erschauerte sacht trotz der warmen, feuchten Luft – »haben wir nur dreitausend Meilen Wildnis vor uns. Da draußen ist überhaupt nichts.«
»Aye, nur Tausende von blutrünstigen Wilden«, sagte er pragmatisch. »Und wahrscheinlich das eine oder andere gefährliche Tier.«
»Na ja«, stimmte ich zu. »So ist es wohl.« Es war eine beunruhigende Vorstellung; natürlich war mir – ganz vage und theoretisch – bekannt gewesen, dass die Wälder von Indianern, Bären und anderen Waldbewohnern bevölkert waren, doch diese ganz allgemeine Vorstellung war plötzlich dem konkreten und ganz akuten Bewusstsein gewichen, dass wir leicht – und unerwartet – mit irgendwelchen dieser Bewohner zusammentreffen konnten, von Angesicht zu Angesicht.
»Was wird aus ihnen? Den Indianern?«, fragte Jamie neugierig, während er genau wie ich in die Dunkelheit blickte, als versuchte er, die Zukunft in den schwankenden Schatten zu lesen. »Sie werden besiegt und vertrieben, nicht wahr?«
Mich überlief wieder ein leichtes Zittern, und meine Zehen krampften sich zusammen.
»Ja«, sagte ich. »Umgebracht, viele von ihnen. Oder gefangen genommen und eingesperrt.«
»Das ist doch gut.«
»Ich schätze, das hängt sehr vom Standpunkt ab«, sagte ich ziemlich trocken. »Ich glaube nicht, dass die Indianer das auch so sehen.«
»Kann schon sein«, sagte er. »Aber wenn ein verdammter Wilder mit aller Kraft versucht, mir die Kopfhaut abzusägen, interessiert mich sein Standpunkt nicht besonders, Sassenach.«
»Das kannst du ihnen aber nicht zum Vorwurf machen«, protestierte ich.
»Kann ich wohl«, versicherte er mir. »Wenn dich einer von den Kerlen skalpiert, werde ich ihm alles Mögliche zum Vorwurf machen.«
»Äh … hmm«, sagte ich. Ich räusperte mich und machte noch einen Versuch.
»Was, wenn ein Haufen Fremder ankäme und versuchte, dich umzubringen oder dich von dem Boden zu vertreiben, auf dem du immer gelebt hast?«
»Schon geschehen«, sagte er sehr trocken. »Sonst wäre ich noch in Schottland, aye?«
»Hmm …« Ich kam ins Schwimmen. »Aber ich meine doch nur – du würdest unter diesen Umständen doch auch kämpfen, oder?«
Er holte tief Luft und atmete kräftig durch die Nase aus.
»Wenn ein englischer Dragoner zu meinem Haus käme und Ärger machte«, sagte er wohlüberlegt, »würde ich mich gegen ihn verteidigen. Ich würde auch nicht eine Sekunde lang zögern, ihn umzubringen. Ich würde ihm weder das Haar abschneiden und es durch die Luft schwenken, noch würde ich seine Genitalien essen. Ich bin kein Barbar, Sassenach.«