Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Doch er hatte nicht geschlafen; die Ereignisse der Nacht hatten ihn mit einem solchen Gefühl des Entsetzens und der angewiderten Hilflosigkeit erfüllt, dass er keine Ruhe finden konnte. Ob er jetzt etwas tun konnte oder nicht, er musste irgendetwas tun. Er musste nachsehen.

Etwas Kleines bewegte sich im tiefen Schatten des Frachtraums. Ratte, dachte er und drehte sich automatisch um, um nach dem Tier zu treten. Diese Bewegung war seine Rettung; ein schwerer Gegenstand sauste an seinem Kopf vorbei und landete platschend unten im Kielraum.

Er senkte den Kopf und machte einen Satz in die Richtung, aus der die Bewegung gekommen war, die Schultern hochgezogen, um den Schlag abzuwehren, mit dem er rechnete. Es gab keine Fluchtmöglichkeit und nicht viel Platz zum Verstecken. Er sah es wieder, stürzte sich darauf und bekam Stoff zu fassen. Riss fest daran und stieß auf Haut. Ein schnelles Handgemenge im Dunkeln, ein erschrockener Aufschrei, und am Ende hielt er einen Körper fest gegen ein Schott gepresst und umklammerte das magere Handgelenk von Morag MacKenzie.

»Was zum Teufel?« Sie trat nach ihm und versuchte zu beißen, doch er ignorierte es. Er packte sie fest am Kragen und zerrte sie aus dem Schatten in das gedämpfte, bräunliche Licht des Frachtraums. »Was macht Ihr hier?«

»Nichts! Lasst los! Lasst mich los, bitte! Bitte, ich flehe Euch an, Sir …« Da ihre Kraft nicht ausreichte, um sich zu befreien – sie wog vielleicht halb so viel wie er –, verlegte sie sich aufs Bitten, und ihre Worte sprudelten in einem halb geflüsterten Strom der Verzweiflung hervor. »Um Eurer eigenen Mutter willen, Sir! Ihr könnt es nicht tun, bitte, Ihr könnt nicht zulassen, dass sie ihn umbringen, bitte!«

»Ich werde niemanden umbringen. Um Himmels willen, leiser!«, sagte er und rüttelte sie leicht.

Aus dem finstersten Schatten hinter der Ankerkette erklang das hohe, dünne Jammern eines quengeligen Säuglings.

Sie schnappte leise nach Luft und blickte gehetzt zu ihm auf. »Sie werden ihn hören! Gott, Mann, lasst mich zu ihm gehen!« Sie war so verzweifelt, dass es ihr gelang, sich von ihm loszureißen. Sie flüchtete dem Geräusch entgegen und kletterte über die großen, rostigen Glieder der Ankerkette, ohne sich am Schmutz zu stören.

Er folgte ihr, langsamer; sie konnte ja nirgendwohin. Er fand sie an der dunkelsten Stelle, wo sie an einer der Rippen des Schiffes kauerten, jener riesigen, winkelförmigen Balken, die das Gerüst der Schiffshülle bildeten. Zwischen dem rauhen Holz der Bordwand und den aufgehäuften Massen der Ankerkette war kaum ein halber Meter Platz; sie war nur ein dunklerer Fleck in der stygischen Schwärze.

»Ich tue Euch nichts«, sagte er leise. Der Schatten schien vor ihm zurückzuweichen, doch sie antwortete nicht.

Seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit; ein schwacher Lichtschein von der Luke drang sogar bis hier hinten. Ein weißer Fleck – ihre Brust war entblößt, sie stillte das Kind. Er hörte die kleinen, feuchten Geräusche, die es beim Trinken machte.

»Was zum Teufel macht Ihr hier?«, fragte er, obwohl er es genau wusste. Sein Magen krampfte sich zusammen, und das nicht nur wegen des fauligen Geruchs aus dem Kielraum. Er hockte sich neben sie und passte gerade eben in den winzigen Freiraum.

»Ich verstecke mich!«, sagte sie heftig. »Das könnt Ihr doch wohl sehen, oder?«

»Ist das Kind krank?«

»Nein!« Sie beugte sich über das Kind und wandte sich von ihm ab.

»Dann …«

»Es ist nur ein harmloser Ausschlag! Den kriegen alle Kinder, das sagt meine Mutter auch!« Unter den wütenden Leugnungen hörte er die Angst in ihrer Stimme.

»Seid Ihr sicher?«, sagte er, so sanft er konnte. Er streckte zögernd die Hand nach dem dunklen Flecken aus, den sie im Arm hielt.

Sie hieb nach ihm, ungeschickt, da sie nur eine Hand benutzen konnte, und er zischte vor Schmerz auf und zuckte zurück.

»Himmel! Ihr habt auf mich eingestochen!«

»Bleibt mir vom Leib! Ich hab den Dolch von meinem Mann«, sagte sie warnend. »Ich lasse nicht zu, dass Ihr ihn nehmt, vorher bring ich Euch um, das schwör ich!«

Er glaubte ihr. Er nahm die Hand in den Mund und konnte sein Blut schmecken, süß und salzig auf der Zunge. Es war nur ein Kratzer, doch er glaubte ihr. Sie würde ihn umbringen – oder selbst sterben, was sehr viel wahrscheinlicher war, wenn ein Mitglied der Besatzung sie fand.

Aber nein, dachte er. Sie war bares Geld wert. Bonnet würde sie nicht umbringen – würde sie nur an Deck zerren lassen und sie zwingen zuzusehen, während man ihr das Kind aus den Armen riss und es ins Meer warf. Er erinnerte sich an die dunklen Schatten, die das Schiff umlagerten, und erschauerte vor Kälte, die nicht von seiner feuchtkalten Umgebung herrührte.

»Ich nehme ihn nicht. Aber wenn es die Pocken sind …«

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