Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Roger hörte es, als er zum Heck hinüberging; ein plötzliches, lautes Wusch im Nebel unter der Reling, ganz dicht bei ihnen. Im nächsten Augenblick erzitterte das Schiff leicht unter ihm, als etwas Riesiges an seinen Planken vorbeistrich.

»Wal!«, kam ein Ausruf von oben. Er sah die schwachen Umrisse zweier Männer neben dem Hauptmast im Nebel stehen. Sie erstarrten bei dem Ausruf, und er stellte fest, dass er ebenfalls stocksteif dastand und lauschte.

In der Nähe erklang ein weiteres Wusch und noch einmal weiter weg.

Die Besatzung der Gloriana stand schweigend da, und jeder der Männer legte für sich im Geiste ein Verzeichnis der gewaltigen Atemzüge an, erstellte eine unsichtbare Landkarte, auf der das Schiff zwischen beweglichen Sandbänken dahintrieb, schweigenden, intelligenten Fleischbergen.

Wie groß waren sie?, fragte sich Roger. Groß genug, um das Schiff zu beschädigen? Er strengte seine Augen an und versuchte vergebens, im Nebel irgendetwas zu erkennen.

Da war es wieder, ein Rumpeln, so stark, dass es an der Reling unter seinen Händen zerrte, gefolgt von einem langen, mahlenden Schaben, das die Planken erzittern ließ. Von unten erklangen unterdrückte Angstschreie; die Menschen im Zwischendeck mussten es genau neben sich spüren, und nur die Planken der Bordwand trennten sie vom Schiffbruch – einem plötzlichen Stoß und dem schreckenerregenden Eindringen der See. Im Vergleich zu den gewaltigen Tieren, die neben ihnen umherschwammen und unsichtbar im Nebel atmeten, schienen die zehn Zentimeter dicken Eichenplanken etwa die Haltbarkeit von Toilettenpapier zu haben.

»Entenmuscheln«, sagte eine leise, irische Stimme hinter ihm im Nebel. Roger fuhr verblüfft zusammen, dann erklang ein amüsiertes, leises Lachen und nahm Bonnets schattigen Umriss an. Der Kapitän hielt eine Cherootzigarre zwischen den Zähnen, und ein plötzlicher Lichtstrahl aus der Kombüse illuminierte die Falten und Flächen seines Gesichtes, die in dem roten Licht verschwommen wirkten. Das kratzende Zittern durchlief erneut die Planken.

»Sie kratzen sich, um ihre Haut von den Parasiten zu befreien«, erklärte Bonnet beiläufig. »Wir sind für sie nur ein schwimmender Stein.« Er zog kräftig an seiner Zigarre, um sie anzufachen, blies den duftenden Rauch aus und warf ein Stück brennendes Papier über Bord. Es verschwand im Nebel wie eine Sternschnuppe.

Roger atmete aus, und es klang kaum leiser als die Wale. Wie nah war ihm Bonnet gewesen? Hatte der Kapitän ihn aus dem Frachtraum kommen sehen?

»Dann können sie das Schiff also nicht beschädigen?«, fragte er in nicht minder beiläufigem Ton als der Kapitän.

Bonnet rauchte einen Augenblick lang schweigend und konzentrierte sich auf die Züge an seiner Zigarre. Ohne die Beleuchtung durch die offene Flamme war er wieder ein Schatten, dessen Position allein die Glut seiner Zigarrenspitze verriet.

»Wer weiß?«, sagte er schließlich, und kleine Rauchwölkchen pufften beim Sprechen zwischen seinen Zähnen hervor. »Jedes einzelne dieser Tiere könnte uns versenken, wenn es sich ärgert. Ich habe einmal ein Schiff gesehen – oder was davon übrig war –, das ein wütender Wal in Stücke geschmettert hatte. Eine meterlange Planke und ein paar treibende Latten – versenkt mit Mann und Maus, zweihundert Seelen.«

»Die Möglichkeit scheint Euch keine großen Sorgen zu bereiten.«

Er hörte Bonnet langsam ausatmen, ein schwaches Echo der Walseufzer, als er mit gespitzten Lippen den Rauch hervorblies.

»Ich würde nur meine Kraft vergeuden, wenn ich mir Sorgen machen würde. Ein kluger Mann überlässt die Dinge, die nicht in seiner Macht liegen, den Göttern – und betet, dass Danu ihm beisteht.« Die Hutkrempe des Kapitäns wandte sich ihm zu. »Ihr wisst doch, wer Danu ist, oder, MacKenzie?«

»Danu?«, sagte Roger geplättet, und dann fiel der Groschen, und die Erinnerung an ein altes Lied kehrte aus den Nebeln der Kindheit zu ihm zurück. »Komm zu mir, Danu, bring mir Glück. Mach mich kühn. Gib mir Gold – und lass mir Liebe blühn.«

Hinter dem Glimmen erklang ein belustigtes Grunzen.

»Ah, und dabei seid Ihr noch nicht einmal Ire. Aber ich hab ja gleich gewusst, dass Ihr ein Gelehrter seid, MacKenzie.«

»Ich kenne Danu, die Glücksbringerin«, sagte Roger und hoffte wider jede Wahrscheinlichkeit, dass besagte keltische Göttin eine gute Seefahrerin war und auf seiner Seite stand. Er trat einen Schritt zurück und wollte gehen, doch eine Hand senkte sich auf sein Handgelenk und hielt ihn fest.

»Ein gelehrter Mann«, wiederholte Bonnet leise, und jede Leichtigkeit war aus seiner Stimme gewichen, »aber kein weiser. Seid Ihr denn wenigstens ein Mann des Gebets, MacKenzie?«

Er spannte sich an, spürte aber die Kraft in Bonnets Griff und zog sich nicht zurück. Seine Gliedmaßen sammelten ihre Kräfte, denn sein Körper wusste schneller als er, dass der Kampf gekommen war.

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