Er war in Sligo jung zur Waise geworden und hatte schnell gelernt, für sich selbst zu sorgen, sagte er, indem er als Kajütenjunge auf Handelsschiffen arbeitete. Doch eines Winters, als kaum Schiffe fuhren, hatte er sich in Inverness Arbeit an Land gesucht und am Fundament eines großen Hauses mitgegraben, das in der Nähe der Stadtmitte gebaut wurde.
»Ich war gerade siebzehn«, sagte er. »Der Jüngste in der Mannschaft der Bauarbeiter. Ich kann nicht sagen, warum sie mich gehasst haben. Vielleicht war es mein Benehmen, denn ich war ziemlich grob – oder Eifersucht auf meine Größe und Kraft; sie waren ein glückloser, kränklicher Haufen. Oder vielleicht, weil die Mädchen mir hold waren. Oder vielleicht war es nur, weil ich ein Fremder war.
Wie auch immer, jedenfalls wusste ich genau, dass ich unbeliebt war – ich hatte allerdings keine Ahnung,
Bonnet hielt inne, um an seiner Zigarre zu ziehen, damit sie nicht ausging. Er blies Rauchwölkchen aus den Mundwinkeln, weiße Schlieren, die sich an seinem Kopf vorbei auf das allgegenwärtige Weiß des Nebels zuschlängelten.
»Die Gräben waren fertig«, fuhr er fort, die Zigarre zwischen die Zähne geklemmt, »und die Wände begonnen; ein großer Felsblock stand für den Grundstein bereit. Ich war essen gewesen und war unterwegs zu meinem Schlafplatz, als mich zu meiner Überraschung zwei der Jungs einholten, mit denen ich zusammenarbeitete.
Sie hatten eine Flasche dabei; sie setzten sich auf eine Mauer und drängten mich, mit ihnen zu trinken. Ich hätte es ahnen sollen, denn sie waren freundlich zu mir, und das war noch nie vorgekommen. Aber ich trank und trank, und innerhalb kürzester Zeit war ich völlig betrunken, denn ich war nicht an Schnaps gewöhnt, weil ich nie genug Geld hatte, um mir Hochprozentiges zu kaufen. Als es dunkel wurde, war ich gut abgefüllt und dachte gar nicht daran, mich loszureißen, als sie mich bei den Armen packten und mich die Gasse herunterdrängten. Dann hoben sie mich hoch, warfen mich über eine halbfertige Mauer, und zu meiner Überraschung fand ich mich auf dem feuchten Erdboden der Kellergrube wieder, die ich selbst mitgegraben hatte.
Und sie waren alle da, die Arbeiter. Und es war noch jemand bei ihnen; einer von ihnen hatte eine Laterne, und als er sie hochhielt, konnte ich sehen, dass es der dumme Joey war. Der dumme Joey war ein Bettler, der unter der Brücke lebte – er hatte keine Zähne, und er aß verwesende Fische und Dung, der im Fluss trieb, und er stank schlimmer als der Frachtraum eines Sklavenschiffes.
Ich war so benommen vom Whisky und meinem Sturz, dass ich liegen blieb, wo ich war, und ihre Unterhaltung nur halb mitbekam – oder besser ihren Streit, denn der Anführer der Bande war wütend, weil die zwei mich mitgebracht hatten. Der Idiot würde reichen, sagte er; man würde ihm sogar einen Gefallen tun. Aber die zwei, die mich mitgebracht hatten, sagten nein, besser ich. Jemand könnte den Bettler vermissen, sagten sie. Dann lachte jemand und sagte aye, und sie brauchten mir den Lohn der letzten Woche nicht zu bezahlen, und da begriff ich, dass sie vorhatten, mich umzubringen.
Sie hatten sich schon vorher bei der Arbeit darüber unterhalten. Ein Opfer, sagten sie, für das Fundament, damit die Erde nicht bebte und die Wände nicht einstürzten. Aber ich hatte nicht darauf geachtet – und selbst wenn, dann wäre ich nie darauf gekommen, dass sie nicht einfach vorhatten, einem Hahn den Kopf abzuschlagen, wie sonst auch.«
Er hatte Roger während seiner Rezitation nicht angesehen, sondern blickte stattdessen gebannt in den Nebel, als ereigneten sich die Geschehnisse, die er beschrieb, erneut, irgendwo hinter dem weißen Nebelvorhang.
Roger hing die Kleidung am Körper, klebrig und zum Auswringen nass vom Nebel und von kaltem Schweiß. Sein Magen verkrampfte sich, und der Jauchegestank des Zwischendecks hätte genauso gut die Ausdünstung des dummen Joey in jenem Keller sein können.
»Also machten sie ein bisschen Palaver«, fuhr Bonnet fort, »und der Bettler fing an, laut zu werden, weil er noch etwas zu trinken wollte. Und am Ende sagte der Anführer, es wäre Wortverschwendung, er würde mit einer Münze entscheiden. Dann nahm er eine Münze aus der Tasche und fragte mich lachend: ›Also, Mann, willst du Kopf oder Zahl?‹
Mir war zu übel, als dass ich ein Wort hätte sagen können; der Himmel war schwarz und drehte sich, und in meinen Augenwinkeln flackerten pausenlos Lichtblitze auf wie Sternschnuppen. Also sagte er es für mich; Geordies Kopf, und ich würde leben, Geordies Hintern, und ich würde sterben, und damit warf er den Schilling in die Luft. Er landete neben meinem Kopf im Dreck, aber ich hatte nicht die Kraft, mich umzudrehen und nachzusehen.
Er bückte sich, sah nach und grunzte, dann stand er auf und beachtete mich nicht mehr.«