Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

»Ich habe gesagt, ein weiser Mann sorgt sich nicht um Dinge, die nicht in seiner Macht liegen, doch auf diesem Schiff, MacKenzie, liegt alles in meiner Macht.« Der Griff um sein Handgelenk verhärtete sich. »Alles und jeder.«

Roger riss sein Handgelenk zur Seite und entwand sich dem Griff. Er stand allein da, wohl wissend, dass es keine Hilfe und auch kein Entkommen gab. Es gab keine Welt jenseits des Schiffes, und auf ihm, da hatte Bonnet recht, befanden sich alle in der Gewalt des Kapitäns. Wenn er starb, würde das Morag nicht helfen – doch diese Entscheidung war bereits gefallen.

»Warum?«, fragte Bonnet, der sich nur schwach interessiert anhörte. »Die Frau ist doch keine Schönheit. Und noch dazu so ein gebildeter Mann; würdet Ihr mein Schiff und mein Geschäft nur um eines warmen Körpers willen aufs Spiel setzen?«

»Ich setze nichts aufs Spiel.« Die Worte kamen heiser heraus, denn er zwang sie durch seine zugeschnürte Kehle hindurch. Geh schon auf mich los, dachte er, und seine Fäuste ballten sich an seinen Seiten. Geh auf mich los und lass mir eine Chance, dich mit mir zu nehmen. »Das Kind hat keine Pocken – es ist ein harmloser Ausschlag.«

»Ihr werdet mir vergeben, wenn ich meine unwissende Meinung über die Eure stelle, Mr. MacKenzie, aber ich bin hier der Kapitän.« Die Stimme war immer noch leise, doch das Gift war deutlich zu hören.

»Es ist ein Kind, in Gottes Namen!«

»Das ist es – und völlig wertlos.«

»Für Euch vielleicht.«

Es folgte ein Moment der Stille, der nur von einem entfernten Wusch in der weißen Leere unterbrochen wurde.

»Und welchen Wert hat es für Euch?«, fragte die Stimme unnachgiebig. »Warum?«

Nur um eines warmen Körpers willen. Ja, deswegen. Für einen Hauch von Menschlichkeit, um sich wieder an die Zärtlichkeit zu erinnern, um die Hartnäckigkeit des Lebens im Angesicht des Todes zu spüren.

»Aus Mitleid«, sagte er. »Sie ist arm, es gab niemanden, der ihr helfen konnte.«

Das starke Tabakaroma erreichte ihn, narkotisch, verzaubernd. Er atmete es ein und stärkte sich daran.

Bonnet bewegte sich, und er bewegte sich ebenfalls und hielt sich bereit. Doch der Schlag blieb aus; der Schatten vergrub die Hand in einer Tasche und hielt ihm eine Geisterhand entgegen, in der sich das Glitzern des diffusen Laternenlichtes wie in einem Elsternest fing – Münzen und Kleinkram und etwas, das er für das rasche Aufblitzen eines Edelsteins hielt. Dann wählte der Kapitän einen Silberschilling und schob den Rest in seine Tasche zurück.

»Ah, Mitleid«, sagte er. »Und wie war das, hattet Ihr nicht gesagt, dass Ihr manchmal spielt, MacKenzie?«

Er hielt ihm den Schilling hin und ließ ihn fallen. Roger fing ihn aus purem Reflex auf.

»Um das Leben des Säuglings also«, sagte Bonnet, und der leicht belustigte Tonfall war wieder da. »Eine Wette unter Ehrenmännern, wollen wir es so nennen? Kopf, und er lebt, Zahl, und er stirbt.«

Die Münze lag warm und fest in seiner Handfläche, ein Fremdkörper in dieser Welt der Unterkühlung. Seine Hände waren schlüpfrig vor Schweiß, und doch war sein Verstand eiskalt und hellwach geworden, scharf wie die Spitze eines Eispickels.

Kopf, und er lebt, Zahl, und er stirbt, dachte er ganz ruhig und meinte damit nicht das Kind unter Deck. Er machte Hals und Schritt des anderen Mannes aus; zupacken und losstürzen, ein Schlag und dann hoch mit ihm – die Reling war keinen halben Meter entfernt, und dahinter lag das endlose Reich der Wale.

Jenseits dieser Überlegungen gab es keinen Platz für irgendwelche Angstgefühle. Er sah die Münze hochwirbeln, als hätte eine andere Hand sie geworfen, dann fiel sie auf das Deck. Seine Muskeln spannten sich langsam an.

»Sieht so aus, als wäre Danu heute Nacht auf Eurer Seite.« Bonnets leise, irische Stimme schien aus großer Entfernung zu kommen, als der Kapitän sich bückte und die Münze aufhob.

Er begann es gerade erst zu begreifen, als der Kapitän ihn an der Schulter packte und ihn zum Deck herumdrehte.

»Ihr werdet jetzt ein Weilchen mit mir spazieren gehen, MacKenzie.«

Irgendetwas war mit seinen Knien passiert; er fühlte sich, als sänke er bei jedem Schritt zusammen, hielt sich aber dennoch irgendwie aufrecht, um mit dem Schatten Schritt zu halten. Das Schiff war still, das Deck unter seinen Füßen meilenweit entfernt; doch die See darunter war ein lebendes, atmendes Wesen. Er spürte, wie sich auch in seinen Lungen der Atem im Rhythmus des Decks hob und senkte, und sein Körper kam ihm grenzenlos vor. Seinem Gefühl nach hätte unter seinen Füßen genauso gut Wasser wie Holz sein können.

Es dauerte eine Weile, bevor er Bonnets Worte zu hören begann und mit einem vagen Gefühl des Erstaunens feststellte, dass der Mann dabei zu sein schien, ihm auf stille, teilnahmslose Weise seine Lebensgeschichte zu erzählen.

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