Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

So gefährlich, schmutzig und unbequem es auch war, er musste sich eingestehen, dass es ihn faszinierte, hier zu sein – Dinge am eigenen Leib zu erfahren, von denen er gelesen hatte, zu sehen, wie Gegenstände, die er aus dem Museum kannte, beiläufig im Alltag benutzt wurden. Wäre Brianna nicht gewesen, würde er das Abenteuer möglicherweise nicht bedauern, trotz Stephen Bonnet und der Dinge, deren Zeuge er an Bord der Gloriana geworden war.

Seine Hand fuhr erneut an seinen Oberschenkel. Er hatte mehr Glück gehabt, als er zu hoffen gewagt hatte; Bonnet hatte nicht nur einen Edelstein gehabt, sondern zwei. Würden sie wirklich funktionieren? Er duckte sich erneut und musste mehrere Schritte in gebückter Haltung gehen, bevor die Äste wieder zurückwichen. Kaum zu glauben, dass Menschen hier oben wohnten, doch irgendjemand hatte diesen Pfad angelegt, und er musste irgendwo hinführen.

»Ihr könnt es nicht verfehlen«, hatte das Mädchen in der Mühle ihm versichert, und er konnte sehen, warum. Man konnte nirgendwo anders hin.

Er beschattete seine Augen und blickte den Weg hinauf, doch die herabhängenden Äste der Kiefern und Ahornbäume verbargen alles und bildeten nur einen schattigen, mysteriösen Tunnel, der durch die Bäume führte. Unmöglich zu sagen, wie weit es bis zur Spitze des Bergkammes war.

»Das schafft Ihr leicht bis Sonnenuntergang«, hatte das Mädchen gesagt, und jetzt war es weit nach Mittag. Doch da hatte er noch ein Pferd gehabt. Da er nicht im Dunkeln auf dem Berg festsitzen wollte, legte er an Tempo zu und suchte vor sich nach dem Sonnenlicht, das ihm den offenen Bergkamm am Ende des Pfades anzeigen würde.

Beim Gehen wanderten ihm seine Gedanken unaufhaltsam voraus, von Spekulationen beflügelt.

Wie war es verlaufen, Briannas Zusammentreffen mit ihren Eltern? Welchen Eindruck hatte Jamie Fraser auf sie gemacht? War er der Mann, den sie sich während des vergangenen Jahres vorgestellt hatte, oder nur ein blasses Spiegelbild der Vorstellung, die sie sich anhand der Geschichten ihrer Mutter gemacht hatte?

Immerhin hatte sie einen Vater, den sie kennenlernen konnte, dachte er mit einem merkwürdigen kleinen Stich bei dem Gedanken an die Mittsommernacht und den Lichtblitz in der Passage durch die Steine.

Da war es! Der dichte, grüne Schatten vor ihm lichtete sich; hellte sich auf, als züngelndes Sonnenlicht das Herbstlaub orange und gelb aufflammen ließ.

Die Sonne blendete ihn einen Augenblick lang, als er aus dem grünen Tunnel trat. Er blinzelte einmal und sah, dass er sich nicht auf dem Kamm befand, wie er erwartet hatte, sondern auf einer kleinen, natürlichen Lichtung, die mit scharlachroten Ahornbäumen und gelben Krüppeleichen umstanden war. Sie war mit Sonnenlicht gefüllt wie eine Schale, und dahinter dehnte sich der dunkle Wald in alle Richtungen aus.

Als er sich umdrehte, um herauszufinden, wo sich der Weg fortsetzte, hörte er ein Pferd wiehern und wirbelte herum – um sein eigenes, betagtes Reittier zu erblicken, das mit dem Kopf schlug, um gegen den Zug des Zügels anzukämpfen, der am Rand der Lichtung an einen Baum gebunden war.

»Also, ich fass es nicht!«, rief er erstaunt aus. »Wie zum Teufel bist du denn hier heraufgekommen?«

»Genauso wie Ihr«, antwortete ihm eine Stimme. Ein hochgewachsener, junger Mann trat neben dem Pferd aus dem Wald, blieb stehen und zielte mit einer Pistole auf Roger; seiner eigenen, wie er ebenso entrüstet wie besorgt feststellte. Er holte tief Luft und würgte seine Angst hinunter.

»Ihr habt mein Pferd und mein Schießeisen«, sagte Roger kühl. »Was wollt Ihr sonst noch? Meinen Hut?« Er hielt ihm den abgetragenen Dreispitz einladend entgegen. Der Räuber konnte unmöglich wissen, was er sonst noch bei sich trug; er hatte sie niemandem gezeigt.

Der junge Mann – er musste unter zwanzig sein, trotz seiner Größe, dachte Roger – lächelte nicht.

»Ein bisschen mehr als das, schätze ich.« Zum ersten Mal wandte der junge Mann den Blick von Roger ab und ließ ihn zur Seite schweifen. Roger folgte seiner Blickrichtung und spürte einen Stoß wie von einem Elektroschock.

Er hatte den Mann am Rand der Lichtung nicht gesehen, obwohl er die ganze Zeit reglos dagestanden haben musste. Er trug einen verblichenen Jagdkilt, dessen Braun- und Grüntöne mit dem Gras und Gebüsch verschmolzen, genau wie sein flammendes Haar mit dem leuchtenden Laub verschmolz. Er sah aus, als sei er aus dem Wald hervorgewachsen.

Neben der Plötzlichkeit seines Auftauchens war es vor allem sein Aussehen, das Roger die Sprache verschlug. Es war eine Sache, wenn einem erzählt worden war, dass Jamie Fraser seiner Tochter ähnelte. Es war eine andere, Briannas kühne Gesichtszüge durch den Stempel der Jahre in Stärke verwandelt zu sehen und einer Persönlichkeit gegenüberzustehen, die nicht nur durch und durch maskulin war, sondern auch noch grimmig aussah.

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