Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

»Ulysses«, platzte sie heraus. »Wärst du gern frei?«

Im selben Moment, als die Worte heraus waren, biss sie sich auf die Zunge und spürte, wie ihre Wangen schamrot wurden.

»Es tut mir leid«, sagte sie sofort und sah auf ihre in ihrem Schoß verknoteten Hände herab. »Das war eine furchtbar unhöfliche Frage. Bitte entschuldige.«

Der hochgewachsene Butler sagte nichts, sondern betrachtete sie einen Augenblick nachdenklich. Dann berührte er sacht seine Perücke, als wollte er sie gerade rücken, und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er hob die auf dem Tisch verstreuten Skizzen auf und stieß sie ordentlich zu einem Haufen zusammen.

»Ich wurde frei geboren«, sagte er schließlich so leise, dass sie sich nicht sicher war, ob sie ihn gehört hatte. Sein Kopf war gesenkt, sein Blick auf seine langen, schwarzen Finger gerichtet, die die elfenbeinernen Jetons vom Spieltisch aufhoben und jeden ordentlich in seiner Schachtel verstauten.

»Mein Vater hatte einen kleinen Hof, nicht sehr weit von hier. Aber er ist an einem Schlangenbiss gestorben, als ich ungefähr sechs war. Meine Mutter konnte uns nicht ernähren – sie war nicht stark genug für eine Bäuerin –, also hat sie sich verkauft und das Geld bei einem Zimmermann für meine Lehre hinterlegt, damit ich etwas Nützliches lernen konnte.«

Er schob die Elfenbeinkiste an ihren Platz im Spieltisch und wischte einen Kuchenkrümel fort, der auf das Cribbagebrett gefallen war.

»Aber dann ist sie gestorben«, fuhr er unbewegt fort. »Und anstatt mich in die Lehre zu nehmen, behauptete der Zimmermann, ich sei das Kind einer Sklavin und damit dem Gesetz nach selbst ein Sklave. Und so hat er mich verkauft.«

»Aber das ist Unrecht!«

Er sah sie mit geduldiger Belustigung an, sagte aber nichts. Und was hat das jemals mit Recht zu tun gehabt?, sagten seine dunklen Augen.

»Ich habe Glück gehabt«, sagte er. »Ich wurde – sehr billig, weil ich klein und gebrechlich war – an einen Schulmeister verkauft, den mehrere Plantagenbesitzer am Cape Fear angeheuert hatten, damit er ihre Kinder unterrichtete. Er ritt von einem Haus zum nächsten, blieb in jedem eine Woche oder einen Monat, und ich begleitete ihn, hinter ihm auf die Pferdekruppe gezwängt, versorgte das Pferd, wenn wir haltmachten, und erledigte auf Wunsch kleine Arbeiten für ihn. Und weil die Wege so lang und eintönig waren, sprach er unterwegs mit mir. Er sang – der Mann liebte es zu singen, und er hatte eine ganz wunderbare Stimme –« Zu Briannas Überraschung sah Ulysses ein wenig nostalgisch aus, doch dann schüttelte er den Kopf, besann sich wieder auf sich selbst und zog einen Lappen aus der Tasche, mit dem er über die Anrichte wischte.

»Es war der Schulmeister, der mir den Namen Ulysses gegeben hat«, sagte er mit dem Rücken zu ihr. »Er konnte etwas Griechisch und auch ein bisschen Latein und brachte mir zu seinem eigenen Vergnügen das Lesen bei, wenn wir nachts von der Dunkelheit überrascht wurden und unterwegs Lager machen mussten.«

Seine aufrechten, mageren Schultern hoben sich in einem angedeuteten Achselzucken.

»Als der Schulmeister ebenfalls starb, war ich ein junger Mann von ungefähr zwanzig. Hector Cameron kaufte mich und entdeckte meine Talente. Nicht alle Herren würden solche Fähigkeiten bei einem Sklaven schätzen, doch Mr. Cameron war kein gewöhnlicher Mann.« Ulysses lächelte schwach.

»Er hat mir das Schachspielen beigebracht und auf mich gesetzt, wenn ich gegen seine Freunde spielte. Er hat mir das Singen und das Cembalospiel beigebracht, so dass ich seine Gäste unterhalten konnte. Und als Miss Jo ihr Augenlicht zu verlieren begann, hat er mich ihr gegeben, um für sie zu sehen.«

»Wie ist dein Name gewesen? Dein richtiger Name?«

Er hielt inne und dachte nach. Dann lächelte er sie an, doch das Lächeln reichte nicht bis zu seinen Augen.

»Ich glaube nicht, dass ich mich daran erinnern kann«, sagte er höflich und ging hinaus.




Kapitel 56

Bekenntnisse des Leibes

Er erwachte kurz vor der Morgendämmerung. Die Nacht war immer noch schwarz, doch die Luft hatte sich verändert; die Glut war ausgebrannt, und der Atem des Waldes wehte über sein Gesicht.

Alexandre war fort. Er lag allein unter dem zerlumpten Hirschfell, ganz kalt.

»Alexandre?«, flüsterte er heiser. »Père Ferigault?«

»Ich bin hier.« Die Stimme des jungen Priesters war leise, irgendwie fern, obwohl er nicht mehr als einen Meter von ihm weg saß.

Roger erhob sich blinzelnd auf seinen Ellbogen. Als ihm der Schlaf erst einmal aus den Augen gewichen war, konnte er schwach sehen. Alexandre saß mit sehr geradem Rücken im Schneidersitz, das Gesicht dem quadratischen Loch des Rauchabzuges über ihnen zugewandt.

»Alles in Ordnung?« Eine Halsseite des Priesters war schwarz vor Blut, obwohl sein Gesicht – das, was Roger davon erkennen konnte – friedlich aussah.

»Sie werden mich bald umbringen. Vielleicht heute.«

Roger setzte sich hin und hielt das Hirschfell an seine Brust gedrückt. Ihm war sowieso schon kalt; der ruhige Ton dieser Worte ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

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