Читаем Outlander - Der Ruf der Trommel: Roman (Die Outlander-Saga 4) (German Edition) полностью

Er hatte einige Monate lang im Langhaus des Mädchens gelebt. Dann war er eines Morgens früh aufgestanden und war zum Fluss gegangen, um sich zu waschen. Dabei hatte er sein Spiegelbild im Wasser gesehen.

»Plötzlich geriet das Wasser in Aufruhr, und etwas durchbrach die Oberfläche. Ein riesiges, aufgesperrtes Maul erhob sich durch die Oberfläche und zerstörte mein Spiegelbild.«

Es war nur eine Forelle gewesen, die einer Libelle nachjagte, doch der erschütterte Priester hatte es als ein Zeichen Gottes angesehen, dass seine Seele in Gefahr war, vom Schlund der Hölle verschluckt zu werden. Er war unverzüglich in das Langhaus gegangen und hatte seine Sachen gepackt, um von jetzt an in einem kleinen Unterschlupf außerhalb des Dorfes zu leben. Doch seine Geliebte war schwanger, als er sie verließ.

»Ist das die Ursache der Probleme gewesen, die Euch hierher verschlagen haben?«, fragte Roger.

»Nein, nicht direkt. Sie denken anders über Moral und Ehe als wir«, erklärte Alexandre. »Die Frauen nehmen sich Männer, wie es ihnen gefällt, und Ehe ist eine Vereinbarung, die so lange gültig bleibt, wie sich die Partner verstehen; wenn sie sich uneins werden, dann darf die Frau den Mann aus dem Haus schicken – oder er darf sie verlassen. Wenn es Kinder gibt, bleiben sie bei der Mutter.«

»Aber dann –«

»Das Problem war, dass ich mich als Priester stets geweigert hatte, Säuglinge zu taufen, wenn nicht beide Eltern Christen und im Zustand der Gnade waren. Das ist notwendig, versteht Ihr, wenn das Kind im Glauben erzogen werden soll – ansonsten neigen die Indianer dazu, das Sakrament der Taufe nur als eins ihrer heidnischen Rituale zu betrachten.«

Alexandre holte tief Luft.

»Und natürlich konnte ich dieses Kind nicht taufen. Das beleidigte und entsetzte Kennyanisi-t’ago, der darauf bestand, dass ich es tun sollte. Als ich mich weigerte, befahl er, dass ich gefoltert werden sollte. Meine – das Mädchen – hat sich für mich verwendet und wurde darin von ihrer Mutter und verschiedenen anderen, einflussreichen Dorfbewohnern bestärkt.«

In der Folge war ein Riss der Kontroverse und der Spaltung durch das Dorf gegangen, und schließlich hatte der Sachem angeordnet, dass sie Père Alexandre zu Onyarekenata brachten, wo ein unparteiischer Rat entscheiden sollte, was zu tun war, um die Harmonie unter ihnen wiederherzustellen.

Roger kratzte sich den Bart; vielleicht war die Assoziation mit Läusen der Grund für die Abneigung, die die Indianer gegenüber den behaarten Europäern empfanden.

»Ich fürchte, ich verstehe das nicht ganz«, sagte er vorsichtig. »Ihr habt Euch geweigert, Euer eigenes Kind zu taufen, weil seine Mutter keine gute Christin war?«

Alexandre machte ein überraschtes Gesicht.

»Ah, non! Sie steht zu ihrem Glauben – obwohl es mehr als verständlich wäre, wenn sie es nicht täte«, fügte er reuevoll hinzu. Er seufzte. »Nein. Ich kann das Kind nicht taufen, nicht wegen seiner Mutter – sondern weil der Vater im Zustand der Sünde ist.«

Roger rieb sich die Stirn und hoffte, dass sein Gesicht sein Erstaunen nicht verriet.

»Ah. Und wolltet Ihr mir deshalb beichten? Um wieder in der Gnade zu stehen und damit –«

Der Priester brachte ihn mit einer kleinen Geste zum Schweigen. Er saß einen Augenblick still, und seine schmalen Schultern waren zusammengesunken. Er musste zufällig an seine Wunde gekommen sein; die geronnene Masse war aufgesprungen, und Blut lief ihm wieder langsam über den Hals.

»Verzeiht mir«, sagte Alexandre. »Ich hätte Euch nicht fragen sollen; es war nur, dass ich so dankbar dafür war, meine Muttersprache sprechen zu können; ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, meine Seele zu erleichtern, indem ich es Euch erzählte. Aber es hat keinen Sinn; es kann keine Absolution für mich geben.«

Die Verzweiflung des Mannes war so deutlich, dass Roger ihm eine Hand auf den Unterarm legte, so sehr wünschte er sich, sie zu lindern.

»Seid Ihr sicher? Ihr habt gesagt, in Notlagen –«

»Das ist es nicht.« Er legte seine Hand auf Rogers und drückte sie fest, als könnte er Kraft aus dem Griff des anderen ziehen.

Roger sagte nichts. Einen Augenblick später erhob sich Alexandres Kopf, und der Priester sah ihm ins Gesicht. Das Licht draußen hatte sich verändert; es lag ein schwaches Leuchten, ein Glanz in der Luft, der schon beinahe Licht war. Sein eigener Atem puffte weiß vor seinem Mund auf wie Rauch, der zu dem Loch über ihnen aufstieg.

»Auch wenn ich beichte, wird mir nicht vergeben werden. Echte Reue ist die Voraussetzung dafür, die Absolution zu erlangen; ich muss meiner Sünde widersagen. Und das kann ich nicht.«

Er verstummte. Roger wusste nicht, ob er etwas sagen sollte, und was. Ein Priester, nahm er an, hätte etwas wie »Ja, mein Sohn?« gesagt, doch das konnte er nicht. Stattdessen ergriff er auch Alexandres andere Hand und hielt sie fest.

»Meine Sünde war, sie zu lieben«, sagte Alexandre ganz leise, »und dass ich es nicht lassen kann.«




Kapitel 57

Das zersplitterte Lächeln

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