»Er ist im Keller unter dem Lagerhaus«, erklärte er ihr mit gedämpfter Stimme. »Ich habe den wachhabenden Soldaten bestochen, damit er uns hineinlässt.«
»Nicht
Sie sah, wie sich seine Lippen einen Moment fest zusammenpressten und sich dann entspannten, als er nickte.
»Der Privatgefreite Hodgepile versichert mir, dass er in Ketten liegt, oder ich würde einen solchen Vorschlag nicht gutheißen. So aber …« Er zuckte etwas gereizt mit den Achseln und ergriff ihren Arm, um sie über den zerfurchten Boden zu führen.
»Hodgepile?«
»Privatgefreiter Arvin Hodgepile. Warum? Ein Bekannter?«
Sie schüttelte den Kopf und hielt mit der freien Hand ihre Röcke zur Seite.
»Nein. Ich habe den Namen schon einmal gehört, aber –«
Die Tür des Gebäudes öffnete sich, und Licht ergoss sich auf den Hof.
»Ihr seid es, nicht wahr, Mylord?« Ein Soldat blickte argwöhnisch hinaus. Hodgepile war schlank, hatte ein schmales Gesicht, und seine Glieder waren so steif wie die einer Marionette. Er fuhr erschrocken auf, als er sie sah.
»Oh! Ich wusste nicht –«
»Das braucht Ihr auch nicht.« Lord Johns Stimme war kühl. »Zeigt uns bitte den Weg.«
Mit einem nervösen Blick auf Briannas vorgewölbten Kugelbauch holte der Privatgefreite eine Laterne heraus und führte sie zu einem kleinen Seiteneingang des Lagerhauses.
Hodgepile war nicht nur schlank, sondern auch klein, hielt sich aber zum Ausgleich gerader, als es üblich war.
Die Aprilnacht war kühl und frisch, doch die Luft im Inneren roch durchdringend nach Pech und Terpentin. Brianna fand sie zum Ersticken. Sie konnte geradezu spüren, wie die kleinen Harzmoleküle in der Luft schwebten und sich an ihre Haut klebten. Die plötzliche Illusion, in einem Block aus sich verhärtendem Bernstein gefangen zu sein, war so erdrückend, dass sie sich abrupt in Bewegung setzte und Lord John fast hinter sich herzog.
Das Lagerhaus war fast komplett gefüllt, eine Unmenge an Raum, die mit klobigen Umrissen bestückt war. In den entferntesten Ecken schwitzten Pechfässer klebriges Schwarz aus, während die Holzregale neben den riesigen Flügeltüren des Fronteingangs mit Fässerbergen beladen waren; Brandy und Rum, der bald die Rampen hinunter- und zum Dock gerollt werden würde, zu den Schiffen, die unten im Fluss warteten.
Der Schatten des Privatgefreiten Hodgepile wurde abwechselnd länger und schrumpfte dann wieder zusammen, während er die Reihen der aufgetürmten Fässer und Kisten passierte, seine Schritte durch die Sägemehlschicht auf dem Boden gedämpft.
»… müssen mit Feuer vorsichtig sein …« Seine hohe, dünne Stimme schwebte zu ihr zurück, und sie sah, wie sein Marionettenschatten eine verkümmerte Hand schwenkte. »Ihr passt doch auf, wo Ihr die Laterne hinstellt, nicht wahr? Obwohl es unten nicht gefährlich sein dürfte, überhaupt nicht gefährlich …«
Das Lagerhaus setzte sich über dem Fluss fort, um die Ladearbeiten zu erleichtern, und der vordere Teil des Fußbodens bestand aus Holz; die hintere Hälfte des Gebäudes hatte einen Boden aus Backsteinen. Brianna hörte, wie sich der Widerhall ihrer Schritte veränderte, als sie die Grenze überschritten. Hodgepile blieb bei einer Falltür stehen, die in die Ziegel eingelassen war.
»Ihr werdet nicht lange bleiben, Mylord?«
»Nicht länger als nötig«, gab Lord John kurz angebunden zurück. Er nahm die Laterne und wartete schweigend, während Hodgepile die Tür hochhievte und sie anlehnte. Briannas Herz klopfte heftig, sie konnte jeden einzelnen Schlag wie einen Hieb gegen ihre Brust spüren.
Eine rote Ziegeltreppe führte hinunter in die Dunkelheit. Hodgepile holte den Ring mit seinen Schlüsseln hervor und zählte sie in der Insel aus Laternenlicht durch, um sicherzugehen, dass er den richtigen hatte, bevor er hinabstieg. Er blinzelte Brianna skeptisch an, dann winkte er ihnen, ihm zu folgen.
»Gut, dass sie die Treppe breit genug für Rumfässer gemacht haben«, murmelte sie Lord John zu und hielt seinen Arm fest, während sie sich Schritt für Schritt hinabließ.
Ihr war sofort klar, wieso Hodgepile sich hier unten keine Sorgen um ein Feuer machte; die Luft war so feucht, dass sie nicht überrascht gewesen wäre, Pilze aus den Wänden sprießen zu sehen. Irgendwo hörte man Wasser tropfen, und das Licht der Laterne wurde von feuchten Ziegeln zurückgeworfen. Küchenschaben zerstoben in Panik vor dem Licht, und die Luft roch nach Moder und Schimmel.