Er konnte es Brianna gegenüber nicht einmal andeuten. Erstens könnte sie glauben, dass er nur
Inzwischen wusste er es. Er war zurückgekommen, weil er nicht auf der anderen Seite leben konnte. Ob es Schuldgefühle darüber waren, die beiden im Stich zu lassen – oder die schlichte Gewissheit, dass er ohne sie sterben würde … eins von beidem oder beides, es war egal. Er wusste, worauf er verzichtete, und nichts davon spielte die geringste Rolle; er musste hier sein, das war alles.
Er warf sich auf den Rücken und starrte zu den schwach sichtbaren, blassen Kiefernbrettern hinauf, die seinen Unterschlupf überdachten. Rumpel- und Rutschgeräusche verkündeten den allnächtlichen Besuch der Eichhörnchen aus dem Hickorybaum neben dem Haus, für die die Zimmerdecke eine willkommene Abkürzung bedeutete.
Wie konnte er ihr das so sagen, dass sie es auch glaubte? Himmel, sie war so scheu, dass sie sich kaum von ihm hatte berühren lassen. Hier mit den Lippen gestreift, dort mit den Händen berührt, und schon machte sie sich davon. Außer an dem Tag, an dem sie ihn festgehalten hatte, während Claire seinen Fuß gefoltert hatte. Da war sie ganz für ihn da gewesen, hatte ihn mit aller Kraft gehalten. Er konnte ihre Arme immer noch um sich spüren, und die Erinnerung versetzte ihm einen leisen Stoß der Genugtuung in der Magengrube.
Wenn er darüber nachdachte, wunderte er sich ein bisschen. Gut, die Verarztung hatte teuflisch weh getan, doch das war nichts gewesen, was er nicht zähneknirschend hätte aushalten können, und nach all ihren Erfahrungen auf dem Schlachtfeld hatte Claire das sicherlich gewusst.
Sie hatte es absichtlich getan, oder? Brianna die Gelegenheit gegeben, ihn zu berühren, ohne sich bedrängt oder verfolgt vorzukommen? Ihm die Gelegenheit gegeben, seine Erinnerung daran aufzufrischen, wie stark die Anziehung zwischen ihnen wirklich war? Er wälzte sich wieder herum, diesmal auf den Bauch, dann lag er mit dem Kinn auf seinen verschränkten Armen da und blickte in die sanfte Dunkelheit hinaus.
Sie konnte gern den anderen Fuß haben, wenn sie es nur noch einmal tat.
Claire sah ein- oder zweimal täglich nach ihm, doch er wartete bis zum Ende der Woche, als sie kam, um den Verband zu entfernen, da die Maden jetzt vermutlich mit der Drecksarbeit fertig waren und – so hoffte er inständig – das Weite gesucht hatten.
»Oh, schön«, sagte sie und tastete mit dem schaudererregenden Entzücken des Chirurgen an seinem Fuß herum. »Granuliert wunderbar; fast keine Entzündung mehr.«
»Toll«, sagte er. »Sind sie weg?«
»Die Maden? Oh, ja«, versicherte sie ihm. »Sie verpuppen sich innerhalb weniger Tage. Haben ihre Sache gut gemacht, nicht wahr?« Sie fuhr vorsichtig mit dem Daumennagel an der Seite seines Fußes entlang, an der es ihn schon kitzelte.
»Das kann ich dir nur glauben. Dann darf ich jetzt also damit auftreten?« Er beugte den Fuß versuchsweise. Es schmerzte ein wenig, war aber kein Vergleich zu vorher.
»Ja. Zieh aber noch ein paar Tage keine Schuhe an. Und tritt um Gottes willen nicht auf irgendetwas Spitzes.«
Sie begann, ihre Sachen einzupacken, und summte dabei vor sich hin. Sie sah glücklich, aber müde aus; sie hatte Ringe unter den Augen.
»Brüllt das Kind nachts noch?«, fragte er.
»Ja, armes Würmchen. Kannst du ihn hier oben hören?«
»Nein. Aber du siehst müde aus.«
»Das überrascht mich nicht. Seit einer Woche hat keiner von uns eine einzige Nacht durchgeschlafen, besonders die arme Brianna, weil sie ihn als Einzige füttern kann.« Sie gähnte kurz und schüttelte blinzelnd den Kopf. »Jamie hat den Fußboden im hinteren Schlafzimmer hier fast fertig; er will nach hier oben ziehen, sobald er fertig ist – dann haben Brianna und das Baby mehr Platz, und nicht ganz zufällig haben wir dann selbst ein bisschen Ruhe und Frieden.«
»Gute Idee. Äh – wo wir von Brianna sprechen …«
»Mm?«
Sinnlos, es hinauszuzögern; besser geradeheraus damit.
»Hör mal – ich versuche mein Bestes. Ich liebe sie, und ich will es ihr zeigen, aber – sie weicht mir aus. Sie kommt, und wir unterhalten uns, und alles ist in Butter, aber dann will ich den Arm um sie legen oder sie küssen, und plötzlich ist sie am anderen Ende des Zimmers und hebt Blätter vom Boden auf. Stimmt irgendetwas nicht, kann ich irgendetwas tun?«
Sie warf ihm einen ihrer enervierenden, gelben Blicke zu; geradeaus und schonungslos wie ein Falke.
»Du warst ihr Erster, nicht wahr? Der erste Mann, mit dem sie geschlafen hat, meine ich.«
Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg.
»Ich – äh – ja.«
»Also dann. Bis jetzt besteht ihre Erfahrung mit den sogenannten körperlichen Freuden darin, defloriert zu werden – und ganz gleich, wie sanft du dabei warst, es tut normalerweise weh –, zwei Tage später vergewaltigt zu werden und dann ein Kind zu bekommen. Meinst du, dass sie sich demzufolge wie von Sinnen in deine Arme fallen lässt und es nicht abwarten kann, dass du deine ehelichen Rechte einforderst?«