Von der Traufe tropfte mir Wasser in den Nacken. Ich erschauerte und zog mir das Wolltuch fester um die Schultern. Ich fragte mich, wann Jamie das Dokument verfasst haben mochte. Das falsche Datum suggerierte, dass der Besitz übertragen worden war, bevor Jamie zum Verräter wurde, wodurch sein Eigentum beschlagnahmt werden konnte. Wenn die Urkunde nicht angefochten wurde, würde der Hof ungehindert an den kleinen Jamie übergehen. Jennys Familie würde zumindest versorgt sein und im Besitz von Land und Gutshaus bleiben.
Jamie hatte die mögliche Notwendigkeit vorhergesehen, und doch hatte er das Dokument nicht ausgefüllt, ehe wir Lallybroch verließen; er hatte gehofft, dass wir irgendwie zurückkehren könnten und er seinen Platz wieder einnehmen könnte. Das war nun unmöglich, doch vielleicht ließ sich das Anwesen trotzdem vor der Beschlagnahmung retten. Es konnte ja niemand sagen, wann das Dokument tatsächlich unterzeichnet worden war – außer mir und Murtagh, den Zeugen.
Fergus kehrte hechelnd mit einem Gläschen Tinte und einem ausgefransten Federkiel zurück. Wir unterzeichneten nacheinander; an die Hauswand gelehnt, schüttelten wir den Federkiel vorher sorgfältig aus, damit keine Tinte hinuntertropfte. Murtagh zuerst; ich sah, dass sein mittlerer Name FitzGibbons lautete.
»Soll ich es zu deiner Schwester bringen?«, fragte Murtagh, während ich das Papier vorsichtig schüttelte, damit es trocknen konnte.
Jamie schüttelte den Kopf. Der Regen hinterließ feuchte Flecken so groß wie Geldmünzen auf seinem Plaid und glitzerte auf seinen Wimpern wie Tränen.
»Nein. Fergus wird das tun.«
»Ich?« Der Junge bekam vor Erstaunen große Augen.
»Du, Mann.« Jamie nahm mir das Papier ab und faltete es zusammen; dann kniete er nieder und steckte es Fergus ins Hemd.
»Das muss unbedingt zu meiner Schwester – Madame Murray. Es ist mehr wert als mein Leben, Mann – oder das deine.«
Fergus, dem die schiere Größe der Verantwortung, die man ihm anvertraute, praktisch den Atem verschlug, richtete sich kerzengerade auf, die Hände vor der Taille verschränkt.
»Ich werde Euch nicht enttäuschen, Milord!«
Ein schwaches Lächeln wanderte über Jamies Lippen hinweg, und seine Hand legte sich kurz auf Fergus’ glatten Haarschopf.
»Ich weiß, Mann, und ich bin dir dankbar dafür«, sagte er. Er drehte sich den Ring von seiner linken Hand, den großen Rubin, der seinem Vater gehört hatte. »Hier«, sagte er und reichte ihn Fergus. »Geh in den Stall und zeig ihn dem alten Mann, den du dort finden wirst. Sag ihm, ich habe gesagt, du sollst Donas nehmen. Nimm das Pferd und reite nach Lallybroch. Du darfst nicht anhalten, es sei denn zum Schlafen, wenn du musst, und wenn du schläftst, versteck dich gut.«
Fergus war sprachlos vor Aufregung, doch Murtagh sah ihn mit einem skeptischen Stirnrunzeln an.
»Meinst du, der Kleine kommt mit diesem hinterlistigen Tier zurecht?«, sagte er.
»Aye, das tut er.« Fergus stotterte überwältigt, dann sank er auf die Knie und küsste Jamie inbrünstig die Hand. Schließlich sprang er auf und huschte Richtung Stall davon, und seine schmale Gestalt verschwand im Nebel.
Jamie leckte sich die trockenen Lippen und schloss flüchtig die Augen, dann wandte er sich entschlossen an Murtagh.
»Und du,
Murtaghs schüttere Augenbrauen fuhren in die Höhe, doch er nickte nur.
»Aye«, sagte er. »Und wenn ich das getan habe?«
Jamie richtete den Blick auf mich, dann wieder auf seinen Taufpaten. »Ich denke, sie werden schon auf dem Moor sein, bei Simon und den Lovats. Sieh nur zu, dass du sie an einer Stelle zusammenbringst. Ich bringe meine Frau in Sicherheit, und dann …« Er zögerte, dann zuckte er mit den Schultern. »Dann komme ich zu euch. Wartet auf mich.«
Murtagh nickte erneut und wandte sich zum Gehen. Dann hielt er inne und drehte sich zu Jamie zurück. Sein schmaler Mund zuckte kurz, und er sagte: »Um eines möchte ich dich bitten, Junge – lass es die Engländer tun. Nicht deine eigenen Leute.«
Jamie zuckte kaum merklich zusammen, doch einen Moment später nickte er. Dann hielt er dem älteren Mann wortlos die Arme hin. Sie umarmten sich schnell und fest, und dann war auch Murtagh mit wirbelndem Tartan verschwunden.
Ich war der letzte Punkt auf der Tagesordnung.
»Komm mit, Sassenach«, sagte er und nahm mich beim Arm. »Wir müssen gehen.«
Niemand hielt uns auf; auf den Straßen herrschte ein solches Kommen und Gehen, dass kaum jemand Notiz von uns nahm, solange wir uns in der Nähe des Moors befanden. Als wir dann von der Hauptstraße abbogen, gab es niemanden mehr, der uns hätte sehen können.
Jamie schwieg nur und konzentrierte sich ganz auf seine Aufgabe. Ich sagte nichts zu ihm, zu sehr mit meinem eigenen Schrecken und mit meiner Angst beschäftigt, um mich unterhalten zu wollen.
»Ich bringe meine Frau in Sicherheit.« Ich hatte nicht gewusst, was er damit meinte, doch nach zwei Stunden wurde es klar, als er sein Pferd noch weiter südwärts wandte und der steile grüne Hügel namens Craigh na Dun in Sicht kam.