Читаем Outlander – Die geliehene Zeit: Roman (Die Outlander-Saga 2) (German Edition) полностью

»Lügner?«, fragte sie. »Oder Magier? Sehen sie die Gebeine im Staub der Erde, sehen sie die Essenz eines Wesens, das einmal existiert hat, und kleiden es in neue Haut, so dass das schwerfällige Arbeitstier als Fabelwesen zu neuem Leben erwacht?«

»Und ist es ein Fehler, wenn sie das tun?«, fragte Roger. Die Eisenbahnbrücke erbebte, als der Flying Scotsman die Weiche davor erreichte. Die fließenden weißen Buchstaben vibrierten – FREIHEIT FÜR SCHOTTLAND.

Claire blickte zu den Lettern hinauf, das Gesicht flüchtig vom Mondschein erhellt.

»Du verstehst es immer noch nicht, oder?« Sie war irritiert, doch ihre heisere Stimme erhob sich nicht über ihre normale Lautstärke.

»Man weiß nicht, warum«, sagte sie. »Du weißt es nicht, und ich weiß es nicht, und wir werden es auch nie wissen. Begreifst du das nicht? Man weiß es nicht, weil man nicht sagen kann, wie es ausgegangen ist – es gibt kein Ende. Man kann nicht sagen, ›dieses konkrete Ereignis‹ war ›prädestiniert‹, und deshalb sind dann all diese anderen Dinge geschehen. Was Charles den Menschen in Schottland angetan hat – war das das ›Ereignis‹, das geschehen musste? Oder wäre es ohnehin geschehen, und Charles’ eigentliche Rolle bestand darin, zu dem zu werden, was er heute ist – eine Galionsfigur, eine Ikone? Wenn er nicht gewesen wäre, hätte Schottland dann trotzdem die zweihundertjährige Union mit England überdauert, ohne seine Identität zu verlieren?« Sie wies mit einer Geste auf die Buchstaben über ihnen.

»Ich weiß es nicht«, sagte Roger, der schreien musste, als der Lokscheinwerfer auf die Bäume fiel und der Zug oben über die Brücke donnerte.

Eine Minute lang schepperte und dröhnte es, und der Lärm ging ihnen so durch Mark und Bein, dass sie erstarrten. Dann war der Zug vorüber, und das Rattern erstarb zu einem einsamen Heulen, nachdem das Rücklicht verschwunden war.

»Und das ist das Vertrackte daran, nicht wahr?«, sagte sie und wandte sich ab. »Man weiß es nie, aber man muss trotzdem handeln, nicht wahr?«

Sie spreizte plötzlich die Hände und bewegte ihre kraftvollen Finger so, dass ihre Ringe im Licht aufblitzten.

»Das lernt man, wenn man Arzt wird. Nicht in der Ausbildung – das ist ohnehin nicht der Ort zum Lernen –, sondern wenn man die Hand auf einen Menschen legt und vorgibt, ihn zu heilen. Es gibt so viele, die man nicht zu fassen bekommt. So viele, die man nicht berühren kann, so viele, deren Essenz man nicht finden kann, so viele, die einem durch die Finger gleiten. Doch an sie darf man nicht denken. Das Einzige, was man tun kann – das Einzige –, ist, es bei dem einen zu versuchen, den man vor sich hat. Man muss sich so verhalten, als wäre dieser eine Patient der einzige Mensch auf der ganzen Welt – denn sonst verliert man diesen Menschen auch noch. Einen nach dem anderen, das ist alles, was man tun kann. Und man lernt, nicht wegen der Menschen zu verzweifeln, denen man nicht helfen kann, sondern nur zu tun, was man kann.«

Sie wandte sich wieder zu ihm um. Ihr Gesicht war vor Erschöpfung eingefallen, doch ihre Augen leuchteten im Regenlicht, und Wasser fing sich glitzernd in ihrem verworrenen Haar. Ihre Hand ruhte auf Rogers Arm, gebieterisch wie der Wind, der das Segel eines Bootes füllt und es vorantreibt.

»Lass uns zurück zum Pfarrhaus gehen, Roger«, sagte sie. »Es gibt etwas, das ich dir unbedingt sagen muss.«

Auf dem Rückweg zum Pfarrhaus blieb Claire schweigsam und wich Rogers zögerlichen Erkundigungen aus. Sie lehnte den Arm ab, den er ihr anbot, und ging für sich, den Kopf nachdenklich gesenkt. Nicht, als überlegte sie noch, dachte Roger; ihr Entschluss war schon gefallen. Sie überlegte, was sie sagen sollte.

Roger selbst war voller Fragen. In der Stille kam er nach dem Aufruhr der Enthüllungen des Tages zur Ruhe – genug, um sich zu fragen, warum genau Claire sich entschlossen hatte, ihn dabei mit einzubeziehen. Sie hätte es Brianna problemlos allein erzählen können, wenn sie das gewollt hätte. Lag es nur daran, dass sie Angst davor hatte, wie Briannas Reaktion auf die Geschichte aussehen würde, und dieser nicht allein gegenübertreten wollte? Oder hatte sie darauf gebaut, dass er ihr glauben würde – was er ja tat –, um ihn dann als Verbündeten für die Sache der Wahrheit zu verpflichten – ihrer Wahrheit und Briannas?

Seine Neugier hatte den Siedepunkt fast erreicht, als sie am Pfarrhaus ankamen. Doch zuerst gab es noch etwas anderes zu tun; zusammen leerten sie eins der größten Bücherregale und schoben es vor das zerborstene Fenster, um die kalte Nachtluft auszusperren.

Von der Anstrengung errötet, ließ sich Claire auf dem Sofa nieder, während er zu dem kleinen Getränketisch in der Ecke ging und zwei Gläser Whisky einschenkte. Als Mrs. Graham noch lebte, hatte sie Getränke immer auf einem Tablett gebracht, anständig mit Servietten, Spitzendeckchen und Gebäck. Fiona hätte das liebend gern auch getan, wenn man es ihr gestattet hätte, doch Roger zog es vor, sich seinen Whisky einfach allein einzuschenken.

Перейти на страницу:

Похожие книги

Неудержимый. Книга XXIV
Неудержимый. Книга XXIV

🔥 Первая книга "Неудержимый" по ссылке -https://author.today/reader/265754Несколько часов назад я был одним из лучших убийц на планете. Мой рейтинг среди коллег был на недосягаемом для простых смертных уровне, а силы практически безграничны. Мировая элита стояла в очереди за моими услугами и замирала в страхе, когда я брал чужой заказ. Они правильно делали, ведь в этом заказе мог оказаться любой из них.Чёрт! Поверить не могу, что я так нелепо сдох! Что же случилось? В моей памяти не нашлось ничего, что могло бы объяснить мою смерть. Благо, судьба подарила мне второй шанс в теле юного барона. Я должен снова получить свою силу и вернуться назад! Вот только есть одна небольшая проблемка… Как это сделать? Если я самый слабый ученик в интернате для одарённых детей?!

Андрей Боярский

Приключения / Самиздат, сетевая литература / Попаданцы / Фэнтези
Два капитана
Два капитана

В романе «Два капитана» В. Каверин красноречиво свидетельствует о том, что жизнь советских людей насыщена богатейшими событиями, что наше героическое время полно захватывающей романтики.С детских лет Саня Григорьев умел добиваться успеха в любом деле. Он вырос мужественным и храбрым человеком. Мечта разыскать остатки экспедиции капитана Татаринова привела его в ряды летчиков—полярников. Жизнь капитана Григорьева полна героических событий: он летал над Арктикой, сражался против фашистов. Его подстерегали опасности, приходилось терпеть временные поражения, но настойчивый и целеустремленный характер героя помогает ему сдержать данную себе еще в детстве клятву: «Бороться и искать, найти и не сдаваться».

Андрей Фёдорович Ермошин , Вениамин Александрович Каверин , Дмитрий Викторович Евдокимов , Сергей Иванович Зверев

Приключения / Приключения / Боевик / Исторические приключения / Морские приключения