Kranker Verstand? Dr. Claire Randall, Chefärztin einer großen, bedeutenden Klinik? Vom Wahn gepackt? Einfacher, wenn er sich selbst für wahnsinnig hielt. Genau das glaubte er allmählich in der Tat.
Er holte tief Luft und legte beide Hände flach auf die Grafik, so dass der Eintrag für William Buccleigh MacKenzie nicht mehr zu sehen war.
»Das ist tatsächlich interessant, und ich bin froh, dass du es mir gesagt hast. Aber eigentlich ändert es doch nichts, oder? Höchstens, dass ich die obere Hälfte dieses Stammbaums abreißen und in den Müll werfen kann. Wir wissen schließlich nicht, woher Geillis Duncan stammte.«
Claires Blick war in die Ferne gerichtet.
»Nur, dass Dougal der Vater des Kindes war. Das war der eigentliche Grund, warum man sie umgebracht hat. Nicht wegen Hexerei. Colum MacKenzie konnte es nicht publik werden lassen, dass sein Bruder mit der Frau des Fiskalprokurators Ehebruch begangen hat. Und sie hätte Dougal gern geheiratet; vielleicht hat sie den MacKenzies ja damit gedroht, die Wahrheit über Hamishs Abstammung zu verraten.«
»Hamish? Oh, Colums Sohn. Ja, ich erinnere mich.« Roger rieb sich die Stirn. Langsam wurde ihm schwindelig.
»Nicht Colums Sohn«, verbesserte Claire. »Dougals Sohn. Colum konnte keine Kinder zeugen, aber Dougal konnte es – und hat es getan. Hamish sollte das Amt des Clanoberhauptes erben; Colum hätte jeden umgebracht, der Hamish drohte – und hat es getan.«
Sie holte tief Luft. »Und das«, sagte sie, »bringt mich zu dem zweiten Grund, warum ich dir die Geschichte erzählt habe.«
Roger vergrub beide Hände in den Haaren und starrte auf den Tisch hinunter, wo sich die Linien des Stammbaums zu winden schienen wie Schlangen, die ihn verspotteten und ihre gespaltenen Zungen zwischen den Namen umherhuschen ließen.
»Geillis Duncan«, sagte er heiser. »Sie hatte eine Impfnarbe.«
»Ja. Das war der Auslöser dafür, dass ich schließlich doch nach Schottland zurückgekehrt bin. Als ich damals mit Frank gegangen bin, habe ich mir geschworen, dass ich nie zurückkommen würde. Ich wusste zwar, dass ich nie imstande sein würde zu vergessen, doch ich konnte mein Wissen begraben; ich konnte mich von hier fernhalten und es vermeiden herauszufinden, was nach meiner Rückkehr geschehen war. Das schien das mindeste, was ich tun konnte, für Frank und für Jamie. Und für das kommende Baby.« Einen Moment pressten sich ihre Lippen fest zusammen.
»Aber Geillis hat mir das Leben gerettet, bei dem Prozess in Cranesmuir. Vielleicht war sie ohnehin verloren; das schien sie jedenfalls zu glauben. Doch sie hat jeden Hauch einer Chance in den Wind geschlagen, um mich zu retten. Und sie hat mir diese Nachricht hinterlassen, die Dougal mir in dieser Höhle in den Highlands überbracht hat, wo ich von ihm erfahren habe, dass Jamie im Gefängnis war. Zwei Teile. Ein Satz: ›Ich weiß nicht, ob es möglich ist, doch ich glaube, ja.‹ Und eine Abfolge von vier Ziffern – eins, neun, sechs und acht.«
»Neunzehnhundertachtundsechzig«, sagte Roger mit dem Gefühl, dass er träumte. Gewiss würde er jeden Moment aufwachen. »Dieses Jahr. Was hat sie denn damit gemeint, sie glaubt, es wäre möglich?«
»Zurückzugehen. Durch die Steine. Sie hatte es nie versucht, aber sie dachte, ich könnte es. Und sie hatte natürlich recht.« Claire drehte sich um und nahm ihren Whisky vom Tisch. Sie sah Roger über den Rand des Glases hinweg an, und ihre Augen hatten die Farbe des Inhalts. »Wir haben 1968, das Jahr, in dem sie selbst in die Vergangenheit gegangen ist. Nur, dass ich glaube, dass sie noch nicht fort ist.«
Das Glas rutschte Roger durch die Finger, und er fing es in letzter Sekunde auf.
»Was … hier? Aber sie … warum … du kannst doch nicht wissen …« Er redete in Bruchstücken, weil er nicht mehr zusammenhängend denken konnte.
»Ich