Fasziniert legte ich den Hanf und den kleinen Stapel Papierblättchen neben ihr auf den Tisch und führte ihre Hand dorthin. Vorsichtig, damit die Kompresse nicht herunterfiel, drehte sie sich zur Seite, nahm etwas von dem duftenden Kraut zwischen zwei Finger, streute es in die Mitte des Blättchens und rollte sich einen Joint, wie ich ihn in Boston auch nicht besser gesehen hatte.
Kommentarlos hielt ich ihr die Kerzenflamme hin, um ihn anzuzünden, und sie ließ sich auf das Kissen zurücksinken und zog den Rauch mit geweiteten Nasenlöchern tief ein.
Sie rauchte eine Weile wortlos vor sich hin, und ich beschäftigte mich damit aufzuräumen. Ich wollte sie nicht allein lassen, weil ich befürchtete, dass sie einschlafen und das Bett anzünden könnte – sie war unübersehbar erschöpft und entspannte sich mit jeder Minute mehr.
Der durchdringende, berauschende Geruch des Rauchs brachte mir sofort bruchstückhafte Erinnerungen zurück. Mehrere der jüngeren Medizinstudenten hatten am Wochenende Hasch geraucht und brachten den Geruch an den Kleidern mit ins Krankenhaus. Manchmal rochen die Leute, die in die Notaufnahme kamen, danach. Hin und wieder hatte ich einen schwachen Hauch davon an Brianna wahrgenommen – aber nie Fragen gestellt.
Ich hatte es selbst nie ausprobiert, empfand den Duft des Rauchs jetzt aber als sehr beruhigend. Viel
Es hatte den ganzen Tag über immer wieder geregnet, und die Luft, die mir angenehm kalt ins Gesicht wehte, war von kräftigem Ozon- und Harzgeruch erfüllt.
»Du weißt es, oder?« Jocastas Stimme erklang leise hinter mir. Ich sah mich um; sie hatte sich nicht bewegt, sondern lag wie eine Grabfigur kerzengerade auf dem Bett. Die Kompresse auf ihren Augen ließ sie wie das Ebenbild der Justitia aussehen – welche Ironie, dachte ich.
»Ich weiß«, sagte ich im selben ruhigen Ton. »Es war aber nicht besonders fair Duncan gegenüber, oder?«
»Nein.« Das Wort driftete beinahe tonlos mit dem Rauch aus ihrem Mund. Sie hob träge die Zigarette und nahm einen Zug, so dass das Ende rot aufglühte. Ich ließ sie nicht aus den Augen, doch sie schien ein Gespür für die Asche zu haben, die sie dann und wann in das Tellerchen am Fuß des Kerzenständers tippte.
»Er weiß es auch«, sagte sie fast beiläufig. »Das mit Phaedre. Irgendwann habe ich es ihm erzählt, damit er aufhörte, nach ihr zu suchen. Ich bin mir sicher, dass er das mit Ulysses ebenfalls weiß – aber er spricht nicht darüber.«
Sie streckte zielsicher die Hand aus und tippte die Asche von ihrem Joint.
»Ich habe ihm gesagt, ich würde es ihm nicht übelnehmen, wenn er mich verlässt.« Ihre Stimme war sehr leise und beinahe ausdruckslos. »Er hat geweint, aber dann hat er aufgehört und zu mir gesagt, er hätte gesagt, ›In guten wie in schlechten Zeiten‹ – und ich doch auch, oder etwa nicht? Ich habe ja gesagt, und er sagte, ›Na also‹. Und hier sind wir nun.« Sie zuckte sacht mit den Achseln, legte sich bequemer zurecht und rauchte schweigend weiter.
Ich wandte mich wieder dem Fenster zu und lehnte mich mit der Stirn an den Rahmen. Unter mir sah ich auf einmal Licht zur Tür hinausfallen, als sich diese öffnete, und eine dunkle Gestalt schlüpfte hinaus. Die Tür schloss sich, und im ersten Moment verlor ich sie in der Dunkelheit aus den Augen; dann passten sich meine Augen an, und ich sah sie wieder, kurz bevor sie auf dem Fußweg zur Scheune verschwand.
»Er ist fort, nicht wahr?« Ich drehte mich erschrocken zu ihr um, begriff dann aber, dass sie gehört haben musste, wie sich unten die Tür schloss.
»Ulysses? Ja, ich glaube schon.«
Sie schwieg lange, und die Zigarette brannte unbeachtet in ihrer Hand. Kurz bevor ich glaubte, ich müsste aufstehen und sie ihr abnehmen, hob sie sie wieder an die Lippen.
»In Wirklichkeit hieß er Joseph«, sagte sie leise und pustete den Rauch aus, der sich in Zeitlupe um ihren Kopf ringelte. »So passend, habe ich oft gedacht, weil er von seiner eigenen Familie in die Sklaverei verkauft worden ist.«
»Habt Ihr je sein Gesicht gesehen?«, fragte ich plötzlich. Sie schüttelte den Kopf und drückte den Rest der Zigarette aus.
»Nein, aber ich habe ihn immer erkannt«, sagte sie ganz leise. »Er hat nach Licht gerochen.«
Jamie Fraser saß geduldig in seiner dunklen Scheune. Sie war klein und bot nur etwa einem Dutzend Tieren Platz, war aber stabil gebaut. Regen trommelte fest auf das Dach, und Wind heulte wie eine
Inzwischen war es nach Mitternacht, und er wartete schon seit über zwei Stunden, die Pistole geladen und gespannt auf dem Knie.