»Dann hat sie gelacht und mich genau angesehen und gesagt, vielleicht wäre es doch kein so großer Verlust. Ich wäre zwar für ihr Vorhaben nicht mehr zu verwenden, aber vielleicht könnte sie mich anderweitig brauchen.« Ians Stimme klang etwas erstickt, als wäre ihm der Kragen zu eng. Doch Jamie stieß einen tröstenden Fragelaut aus, und er holte tief Luft und fuhr entschlossen fort.
»Nun, sie … sie hat meine Hand genommen, und ich musste aufstehen. Dann hat sie mir das Hemd ausgezogen, und sie – ich schwöre, dass es wahr ist, Onkel Jamie! –, sie hat sich vor mir auf den Boden gekniet und meinen Schwanz in den Mund genommen!«
Jamies Hand legte sich fester um meine Schulter, doch seine Stimme verriet höchstens schwaches Interesse.
»Aye, ich glaube dir, Ian.«
Ian klang bekommen. »Sie hat meinen Schwanz dazu gebracht, sich aufzurichten, und dann musste ich zum Bett gehen und mich hinlegen, und sie hat Dinge getan. Aber es war überhaupt nicht so wie mit der kleinen Mary.«
»Nein, das kann ich mir vorstellen«, sagte sein Onkel trocken.
»Gott, es hat sich seltsam angefühlt!« Ich konnte dem Jungen anhören, dass er erschauerte. »Irgendwann habe ich aufgeblickt, und da stand der schwarze Mann mit einer Kerze direkt neben dem Bett. Sie hat ihm gesagt, er soll sie höher halten, damit sie besser sehen kann.« Er hielt inne, und ich hörte es leise gluckern, als er aus einer der Flaschen trank. Dann atmete er tief und bebend aus.
»Onkel Jamie. Hast du schon einmal … mit einer Frau geschlafen, obwohl du es nicht wolltest?«
Jamie zögerte einen Moment, seine Hand fest auf meiner Schulter, doch dann sagte er leise: »Aye, Ian. Das habe ich.«
»Oh.« Der Junge schwieg, und ich hörte, wie er sich am Kopf kratzte. »Dann weißt du also, wie es sein kann, Onkel Jamie? Dass man es tut, obwohl man es überhaupt nicht will, und man findet es schrecklich, und … und trotzdem fühlt es sich schön an?«
Jamie lachte trocken auf.
»Nun ja, Ian, das liegt daran, dass du ein Gewissen hast und dein Schwanz nicht.« Seine Hand hob sich von meiner Schulter, denn er wandte sich seinem Neffen zu.
»Mach dir keine Gedanken, Ian«, sagte er. »Du konntest es nicht verhindern, und es hat dir vermutlich das Leben gerettet. Die anderen Jungen – die, die nicht in den Keller zurückgekehrt sind –, weißt du, ob sie noch unberührt waren?«
»Also – von einigen weiß ich es mit Sicherheit, denn wir hatten ja viel Zeit, um uns zu unterhalten, aye, und nach einer Weile wussten wir vieles übereinander. Ein paar der Jungen haben damit angegeben, sie hätten schon einmal mit einem Mädchen geschlafen, aber nach dem, was sie darüber erzählt haben, hatte ich das Gefühl, dass es in Wahrheit nicht stimmte.« Er hielt einen Moment inne, als zögerte er, die nächste Frage zu stellen, obwohl er es musste.
»Onkel Jamie – weißt du, was aus ihnen geworden ist? Aus den anderen Jungen, die bei mir waren?«
»Nein, Ian«, sagte Jamie gleichmütig. »Ich habe keine Ahnung.« Er lehnte sich wieder an den Baum und seufzte tief. »Meinst du, du kannst schlafen, Ian? Wenn ja, solltest du es tun, denn der Weg zur Küste wird morgen anstrengend.«
»Oh, ich kann schlafen, Onkel Jamie«, versicherte ihm Ian. »Aber sollte ich nicht Wache halten? Du bist es, der sich ausruhen sollte; du bist schließlich angeschossen worden.« Er hielt inne, dann fügte er sehr schüchtern hinzu: »Ich habe noch gar nicht danke gesagt, Onkel Jamie.«
Jamie lachte, diesmal ungezwungen.
»Gern geschehen, Junge«, sagte er, und man hörte das Lächeln noch. »Leg dich hin und schlaf, Junge. Ich wecke dich, wenn es nötig ist.«
Ian rollte sich gehorsam zusammen, und innerhalb von Sekunden atmete er schwer. Jamie seufzte und lehnte sich noch fester an den Baum.
»Möchtest du auch schlafen, Jamie?« Ich schob mich neben ihm zum Sitzen hoch. »Ich bin wach; ich kann aufpassen.«
Seine Augen waren geschlossen, das verglühende Feuer tanzte auf seinen Lidern. Er lächelte, ohne sie zu öffnen, und tastete nach meiner Hand.
»Nein. Aber wenn es dir nichts ausmacht, eine Weile mit mir hier zu sitzen, kannst du die Augen offen halten. Die Kopfschmerzen werden besser, wenn ich die Augen schließe.«
Hand in Hand saßen wir eine Weile schweigend da. Hin und wieder drang ein seltsames Geräusch oder der ferne Schrei eines Dschungeltiers aus der Dunkelheit, doch uns schien im Moment nichts zu bedrohen.
»Fahren wir nach Jamaica zurück?«, fragte ich schließlich. »Um Fergus und Marsali zu holen?«
Jamie setzte an, den Kopf zu schütteln, dann hielt er mit einem erstickten Stöhnen inne.
»Nein«, sagte er. »Ich glaube, wir fahren nach Eleuthera. Die Insel gehört den Holländern und ist neutral. Wir können Innes mit Johns Boot zurückschicken, und er kann Fergus ausrichten, dass er zu uns kommen soll. Alles in allem würde ich Jamaica lieber nicht mehr betreten.«
»Nein, das kann ich mir vorstellen.« Ich schwieg einen Moment, dann sagte ich: »Ich frage mich, wie Mr. Willoughby – Yi Tien Cho, meine ich – wohl zurechtkommen wird. Vermutlich werden sie ihn ja nicht finden, wenn er in den Bergen bleibt, aber …«
Алекс Каменев , Владимир Юрьевич Василенко , Глуховский Дмитрий Алексеевич , Дмитрий Алексеевич Глуховский , Лиза Заикина
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